Manuela Petersen bereist nicht zum ersten Mal die USA. Als sie Mitte Juni bei ihrem Strandurlaub in Florida Bargeld benötigt, geht sie wie gewohnt mit ihrer Geldkarte zum Bankautomaten. Doch im Gegensatz zum Aufenthalt vor einem Jahr rückt die Maschine keinen Dollarschein raus. Beim Nachfragen am Bankschalter wird sie belehrt: Bargeld erhält sie nicht, weil ihre Karte kein Maestro- oder Cirrus-Zeichen hat.
Tausende Kilometer von der Heimat entfernt macht die Postbankkundin eine böse Entdeckung. Im Mai hatte sie mit einem normalen Schreiben die neue Postbankkarte erhalten. Was Ihr zunächst nicht auffiel: Das vertraute EC-Symbol war durch ein neues V-Pay-Logo ersetzt worden. In dem Begleitschreiben der Bank heißt es dazu: "V-Pay ersetzt das Maestro-System für grenzüberschreitende Zahlungen und den Bargeldbezug innerhalb der Europäischen Union und einigen anderen Staaten."
Im Klartext bedeutet der Hinweis: Bares gibt es mit der neuen Karte in der Kombination mit dem Pin-Code nur noch in Europa und der Türkei. Jeder Urlauber oder Geschäftsmann, der es seit Jahren gewohnt ist, sich gleich nach der Ankunft am Flughafen in New York, Bangkok, Kapstadt oder Sydney am Automaten mit Bargeld der entsprechenden Fremdwährung zu versorgen, muss umdisponieren.
Nur noch ein Drittel der Automaten steht zur Verfügung
"Beim täglichen Einsatz der Karte in Deutschland ändert sich für Sie nichts", heißt es auf der Homepage der Postbank. Das stimmt, ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn das Geldinstitut verschweigt eine wichtige Tatsache: Die neue Karte wird nur noch von 343.000 Geldautomaten akzeptiert - bei der alten waren es weltweit noch eine Million. Die neu errichteten Grenzen beim Geldabheben bekommt nicht nur Manuela Petersen zu spüren, sondern demnächst jeder Postbankkunde, der außerhalb Europas unterwegs ist.
Auf Anfrage von stern.de bestätigte ein Sprecher der Postbank, dass bis spätestens "Ende Juli alle 6,5 Millionen Karten auf das V-Pay-System umgestellt sind". Auch Kunden anderer Banken sind betroffen. Bundesweit sind bereits zehn Millionen neue Girokarten verschiedener Geldinstitute im Umlauf. Der Austausch wird mit einem Systemwechsel begründet. Bei der neuen Generation von Plastikkarten mit V-Pay-Symbol stecken die Informationen nicht mehr im Magnetstreifen, sondern in einem Chip. So soll ein Auslesen oder Kopieren der Kartendaten verhindert und Fälschern das Handwerk gelegt werden. Laut Bundeskriminalamt verdoppelte sich im vorigen Jahr die Schadenshöhe durch Kartenbetrug auf 50 Millionen Euro - Tendenz steigend. Nun soll durch die neue Chiptechnik der Einsatz von Kartendoubletten Kriminellen nicht mehr möglich sein.
Allerdings müssen für das Sicherheitskonzept auch die Automaten angepasst werden, was nicht immer reibungslos funktioniert. Verbraucherschützer kritisieren, dass es auch innerhalb Europas beim bargeldlosen Bezahlen an vielen Kassenterminals, sei es an der Tankstelle oder im Hotel, zu Problemen kommt.
Zurück zum Bargeldtausch
Das Ziehen von Geld am Automaten funktioniert nur noch mit einer Kreditkarte - zu wesentlichen höheren Entgelten. Dafür ist ebenfalls eine Geheimnummer erforderlich, die nur die wenigsten Kreditkarteninhaber auswendig kennen, weil sie es gewohnt sind, nur per Unterschrift zu bezahlen. Reisende in beliebte Urlaubsländer wie Ägypten, Thailand oder in die Vereinigten Staaten müssen bei der Bargeldversorgung mit höheren Gebühren rechnen. Daher ist es ratsam, während der Ferien nicht mehrmals kleine Beträge wie früher mit der EC-Karte abzuheben, sondern eine größere Summe auf einmal.
Bereits vor dem Urlaub sollte sich jeder bei seiner Bank informieren, wie hoch die Kosten für den Einsatz von Plastikgeld sind, um nach der Rückkehr mit dem Bankauszug keine Überraschung zu erleben. Auch wer noch keine neue Girokarte erhalten hat, muss nachfragen, ob er weiterhin wie gewohnt Geld in Übersee abheben kann. Zum Beispiel hat die Deutsche Bank den Verfügungsrahmen der von ihr ausgestellten EC-Karten außerhalb Europas auf Null gesetzt.
Mit den Maßnahmen verstärken die Banken den Trend, kostenpflichtige Kreditkarten beantragen zu müssen. Das "Höchstmaß an Sicherheit durch neuste Kartentechnologie", so die Postbank-Werbung, geht zu Lasten der Kunden. Wichtig für Reisende bleibt die Grundregel, nicht alles auf eine Karte zu setzen. Neben einem Anteil von Cash gehören eine Kreditkarte und Travellerschecks in die Reisekasse.