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1. Bundesliga Mönchengladbach schlägt Bayern zum Rückrundenstart

Manuel Neuers Fehler sorgte für einen sensationellen Gladbacher Sieg über Bayern. Nein, das ist nicht die versehentlich ausgestrahlte Neujahrsansprache aus der Hinrunde. Manuel Neuer hat schon wieder gegen die Borussia gepatzt. Und die Fohlen haben schon wieder gewonnen. Ein Déjà-Hü, um in der Pferdesprache zu bleiben.

Schlechter hätte Bayerns Start ins neue Jahr nicht ausfallen können. Mit einem 1:3 bei Borussia Mönchengladbach verlor München den Rückrundenstart und liegt nur noch einen Punkt vor der Fohlenelf. Manuel Neuers Fehler leitete schon nach elf Minuten die Niederlage ein, als Marco Reus einen Fehlpass des Keepers zum 1:0 nutzte.

Der überragende Patrick Hermann, der an allen drei Gladbacher Toren beteiligt war, traf noch zum 2:0 (41.) und 3:0 (71.), bevor der Rückkehrer Bastian Schweinsteiger immerhin noch das Ehrentor markierte. Franck Ribéry fehlte den Münchnern wesentlich mehr als Dante den Hausherren fehlte.

Lucien Favre ersetzte den gelbgesperrten Innenverteidiger durch Roel Brouwers und bot ansonsten die gewohnte Elf im 4-4-2 auf. Auch bei den Bayern fehlte ein Schlüsselspieler gesperrt, nämlich Ribéry nach seiner Ampelkarte gegen Köln. Für ihn kam Thomas Müller in die Mannschaft und spielte zentral, Toni Kroos rückte nach links. Bastian Schweinsteiger feierte nach Verletzung sein Comeback und verdrängte so Luiz Gustavo auf die Bank, auf der sich auch Ivica Olic fand. Im Pokal in Bochum stand dieser noch in der Startelf, aber in diesem Spitzenspiel wurde ihm natürlich wieder Mario Gomez vorgezogen.

Neuers Déjà-Hü

Gomez brauchte nur 13 Minuten bis zu seiner ersten Großchance, aber zu diesem Zeitpunkt lag seine Mannschaft schon mit 0:1 zurück. Und das auf ebenso groteske wie altbekannte Weise. Wie im Hinspiel verhalf ein grober Fehler Manuel Neuers der Borussia zum Torerfolg. In seinem allerersten Bayern-Punktspiel hatte der Keeper mit einem missglückten Ausflug aus dem Strafraum Igor de Camargo zum Siegtreffer eingeladen.

Diesmal führte Neuer den Ball am Fuß wie der mitspielende Torhüter, der er ist, wurde dabei aber von Patrick Herrmann unter Druck gesetzt. Wenn wir "unter Druck gesetzt" sagen, dann meinen wir aber nicht "mit beiden Beinen voran ins Gemächt gesprungen", sondern nur, dass der Gladbacher auf den Münchner Keeper zulief und ihm den direkten Passweg nach vorne verstellte. Neuer dachte sich, dass eine simple Verlagerung seines Standpunkts um ein paar Meter nach rechts ausreichen würde, um diese Einschränkung wett zu machen. Doch konnte der Schlussman so zwar an Herrmann vorbei schießen, hatte es jedoch verabsäumt, den Adressaten seiner Abgabe genauer in Augenschein zu nehmen.

So landete der zudem nicht voll getroffene Ball des Keepers nicht beim auf dem Briefumschlag vermerkten Daniel van Buyten, sondern vor den Füßen von Marco Reus. Wenn man einen Fehlpass spielt und den eigenen Teamkollegen verpasst, dann kann man sich vieles wünschen. Das aber nicht. Warum, das zeigte Reus ohne viel Federlesens, indem er den auftropfenden Ball perfekt annahm und aus 25 Metern im von Neuer verwaisten Netz platzierte.

Eine einzige Großchance

Zwei Minuten später die schon erwähnte Großchance für Gomez, die beste für Bayern bis in die Schlussphase des Spiels: Arjen Robben flankte schön von rechts, Martin Stranzl war nicht bei Gomez, Tony Jantschke nur hinter dem Stürmer, dessen Kopfball aus sechs Metern aber von Marc-André ter Stegen exzellent pariert wurde.

In dieser Szene hatten die Münchner ausnahmsweise schnell umgeschaltet, so dass Juan Arango noch nicht wieder in der Lage gewesen war, Robben zu doppeln. Ansonsten funktionierte das Fohlenspiel ebenso gewohnt wie perfekt: Zentrale Sechser, die den Weg durch die Mitte versperren und laufstarke Außen, die sowohl nach vorne wie auch nach hinten ihren Job aufopferungsvoll verrichten.

Genau daran haperte es beim Tabellenführer. Warum? Weil Franck Ribéry fehlte, wäre die einfachste Antwort. Kroos zog von links immer wieder nach innen und überließ Phlipp Lahm den Weg über den Flügel nach vorne. Genau das aber erlaubte es Patrick Hermann, nach Herzenslust zu schalten und zu walten. Lahm war es dann auch, der kurz vor der Pause beim zweiten Gladbacher Tor nur die Nebelschlussleuchte von Herrmann sah, der einen Diagonalpass von Mike Hanke aufnahm und von rechts aus spitzem Winkel in die lange Ecke traf.

Robbens Ballverlust durch Schauspieleinlage kaschiert

Vorausgegangen war ein Ballverlust Robbens gegen Filip Daems und Arango, die den  Niederländer einmal mehr vorbildlich gedoppelt hatten. Dass Robben nach einem leichten Zusammenprall mit Arango theatralisch auf dem Boden liegen blieb, machte das Gegentor nicht leichter zu verkraften für den Rekordmeister.

Jupp Heynckes brauchte an alter Wirkungsstätte relativ lange, bevor er Konsequenzen aus der verfahrenen Lage zog. David Alaba kam nach einer knappen Stunde für Anatoliy Tymoshchuk und Jerome Boateng musste nach 66 offensivarmen Minuten Rafinha weichen. Wenn die Bayern mal in den Strafraum vorstießen, was mangels schneller Kombinationen selten gelang, so waren es oft Brouwers oder Stranzl, die mit gut getimten Tacklings den Abschluss verhinderten.

Diesen gab es dann auf der Gegenseite. Ein schulbuchmäßiger Konter wurde von Roman Neustädter eingeleitet, der nach Ballgewinn vor dem eigenen Strafraum sofort nach links auf Arango passte. Arango bediente Reus mit einem Steilpass und der Superstar, der zuvor zweimal unkonzentriert Konterchancen vergeben hatte, wartete, von Holger Badstuber kaum gestört, ganz locker, bis Hermann von rechts startete und am staunenden Lahm vorbei in den perfekten Reus-Pass lief, Neuer umrundete und zu seinem zweiten Tor des Abends traf.

Da waren 71 Minuten gespielt und Bayerns fünfte Saisonniederlage in der Bundesliga mehr oder minder besiegelt. Schweinsteigers 1:3 in der 76. Minute im dritten Versuch, nachdem zuvor Müller und Badstuber gescheitert waren, hielt ein gewisses Spannungslevel aufrecht, aber der Anschlusstreffer, der echtes Zittern bei den Fohlen ausgelöst hätte, wollte nicht mehr fallen.

Nach dem Fehlstart ins Jahr 2012 erwarten die Bayern nun am kommenden Wochenende den VfL Wolfsburg, während Gladbach, bis auf einen Punkt an den Spitzenreiter herangerückt, Sonntag in Stuttgart antreten muss. "Es ist immer schwerer, Spiele zu gewinnen. Verteidigen kann jeder", gab ein enttäuschter Philipp Lahm nach dem Spiel im Borussia-Park den ARD-Mikrofonen zu Gehör. Welch ein Irrtum. So verteidigen wie Gladbach kann in der Bundesliga fast niemand.

Daniel Raecke

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