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1. Bundesliga Wolfsburg schlägt Freiburg in Torfestival

Es war das Spiel der beiden Bundesligisten, die in der Winterpause am meisten verändert hatten: Sowohl der VfL Wolfsburg als auch der SC Freiburg hatten acht neue Spieler in den Kader integriert. Anstatt eingefahrener Spielzüge gab es dann auch erratische Strafraumszenen - den Fans konnte es nur Recht sein.

Mit einem anfangs höchst unterhaltsamen, später eher konfusen 3:2-Sieg über den SC Freiburg hat der VfL Wolfsburg seine erfolgreiche Rückrunde fortgesetzt. Petr Jiracek erzielte zwei Tore für die Wölfe, Marcel Schäfer dazwischen das 2:1. Zweimal wussten die Gäste auszugleichen, durch Johannes Flum und Daniel Caligiuri.

Am Ende aber stand der siebte Heimsieg für den VfL, so viele wie der BVB bisher feierte. Freiburg kann sich - auch dank des folgenden Programms - hingegen darauf einstellen, noch eine ganze Zeit lang im Tabellenkeller zu verbringen.

Wenige Erwartungen, viele Tore

Wer kennt das nicht? Man hat überall gelesen, dass ein neuer Film herausragend sein soll, und wenn man dann aus dem Kino kommt, ist man irgendwie enttäuscht. "Anticlimax" nennt man in den USA diesen Moment der Ernüchterung. Umgekehrt ist die Freude oft umso größer, wenn man ohne Erwartungen ein vermeintlich mittelmäßiges Machwerk ansieht, das sich dann als höchst unterhaltsam herausstellt.

So ähnlich muss es den Menschen gegangen sein, die bei minus zehn Grad nichts Besseres mit ihrem Freitagabend anzufangen wussten, als sich das Spiel VfL Wolfsburg gegen den SC Freiburg anzusehen. Denn die 23.000 bekamen ein extrem unterhaltsames Spiel zu sehen, mit mehr Toren in der ersten Halbzeit, als die Fans in den drei Heimspielen zuvor zusammen gesehen hatten.

Felix Magath hatte seine Aufstellung gegenüber dem 0:0 gegen Mönchengladbach auf zwei Positionen verändert. Mario Mandzukic und Giovanni Sio ersetzten Sebastian Polter und Ibrahim Sissoko. Beim Sportclub war in der Startelf kein Stein mehr auf dem anderen geblieben. Wer als Freiburger Fan im Dezember zu einem Winterurlaub aufgebrochen wäre und jetzt erstmals wieder seine Mannschaft gesehen hätte, der hätte sie nur noch an den Trikots erkannt.

Mit Fallou Diagné, Immanuel Höhn, Michael Lumb, Ivan Santini und Oliver Sorg standen gleich fünf Profis in der Aufstellung, die vor zwei Monaten noch gar nicht im Kader gewesen waren. Diagné, in Mainz noch wegen einer Notbremse gegen Adam Szalai vom Platz geflogen, kehrte an Stelle des verletzten Pavel Krmas ins Abwehrzentrum zurück. Der kroatische Stürmer Ivan Santini gab sein Startelfdebüt für Anton Putsila, und Daniel Caligiuri wurde für seine gute Form der letzten Wochen mit einem Platz im linken Mittelfeld entlohnt - auf Kosten von Jan Rosenthal, der zunächst auf der Bank Platz nehmen musste.

Freiburg löchrig wie immer, Wolfsburg löchrig wie Freiburg

Dass Freiburg eine Defensive wie ein Emmentaler hat, ist bekannt, und dem Schnitt von fast 2,5 Gegentoren pro Spiel blieb der Sportclub auch heute treu. Überraschender war die Anfälligkeit der zuletzt wesentlich stabileren Wölfe, die gegen Köln und Gladbach zu null gespielt und auch in München lange Zeit recht kompakt agiert hatten.

Doch beide Teams hielten sich bei strengem Frost lieber mit schönen Angriffszügen warm, anstatt das Spiel ohne Ball zu pflegen. Die Folge waren gefährliche Torraumszenen fast jedes Mal, wenn das Leder in Richtung Strafraum gebracht wurde - und zwar egal, ob zu Lande, zu Wasser oder in der Luft.

So hätte der VfL schon nach zehn Minuten 3:0 führen können, hatte aber nur ein Tor erzielt. Eine Ecke von Ricardo Rodriguez von rechts war von Diagné mit dem Kopf ans lange Fünfmeterraumeck verlängert worden, wo Petr Jiracek den Ball in aller Ruhe stoppen konnte, bevor er cool in die lange Ecke abschloss. Nach Toren aufmerksam zu sein, für diese Lektion hatte Christian Streich mit seinen vielen Neuen noch keine Zeit gehabt, und so hätte es unmittelbar nach Wiederanpfiff schon wieder klingeln können.

Tore im Minutentakt

Das nächste Tor fiel dann allerdings auf der Gegenseite, als Freiburg viel zu leicht über die rechte Seite in Schussposition kam, in Person von Caligiuri, dessen Schuss jedoch von Marco Russ abgefälscht wurde - zu Johannes Flum, der aus elf Metern im Stile eines Strafraumstürmers vollstreckte.

Während man sich im badischen Team noch abklatschte, fiel aber schon wieder ein Gegentor. Mit einer tollen Kombination mehrerer Doppelpässe mit seinen Teamkollegen zog Christian Träsch rechts nach vorne und flankte halbhoch vors Tor, wo Giovanni Sio mit der Hacke verlängerte, und Marcel Schäfer am langen Pfosten vollstrecken konnte. Schade allerdings, dass sowohl Sio bei Träschs Flanke als auch Schäfer bei Sios Hackentrick in stark abseitsverdächtiger Position verweilt hatten -  Schiedsrichter Christian Dingert mag wie die Freiburger noch mit der mentalen Verarbeitung des 1:1 beschäftigt gewesen sein.

Das schönste Tor des Abends fiel dann wieder auf der anderen Seite, und wieder wurde es am etwas überforderten Rodriguez vorbei vorbereitet. Die Flanke von Jonathan Schmid war zwar nicht sehr präzise, aber Freund und Feind verfehlten den Ball, und Caligiuri kam ans Leder. Russ versuchte noch, ihn zu stellen, aber der Schlenzer des Freiburgers in den langen Torwinkel war so perfekt, dass er zu diesem Zeitpunkt kaum noch zu verhindern war.

Große Erwartungen, Gurkenkick

So stand es 2:2 zur Pause, und inzwischen hatten viele Fans vielleicht ihre Freunde angerufen und sie aufgefordert, sich ein packendes Fußballfest wenigstens im Fernsehen anzusehen. Doch dann griff die oben angesprochene Regel wieder. Denn nach der Pause, in der man nun weitere vier Tore erwartete, zeigte sich das Spiel wieder so, wie man es von einem Match zwischen Wolfsburg und Freiburg im Februar erwarten würde: trist, trister, tristomat.

Doch zwei bemerkenswerte Szenen wollen noch vermeldet werden: In der 61. Minute markierte Jiracek mit seinem zweiten Tor des Abends und seinem zweiten Bundesligator überhaupt den Wolfsburger Siegtreffer. Nach einem Einwurf von Mandzukic hatte Sio mit der Brust auf den eingewechselten Makoto Hasebe abgelegt. Der passte auf Jiracek, und der Schuss des Tschechen wurde vom Unglüksraben Diagné unhaltbar für Oliver Baumann abgefälscht. Diagné agiert bisher in der Bundesliga so vom Pech verfolgt, dass man hoffen muss, dass er wie Donald Duck einen wesentlich glücklicheren Cousin hat (Gustav Diagné, mal googlen).

Und dann war da noch der nächste Freiburger Neuzugang, Sebastian Freis. Nicht als Killer vor dem Tor bekannt, wollte er auf andere Weise Angst und Schrecken verbreiten und hielt in der gegnerischen Hälfte bei einem Kung Fu-Sprung gegen Hasebe den Fuß drauf, so dass Dingerts Entscheidung für Gelb statt Rot noch als sehr gnädig zu bezeichnen war - nur Sekunden nach seiner Einwechslung.

Auf den Sportclub warten nicht nur schwere Wochen, sondern auch Bayern, Schalke und Mönchengladbach in den nächsten vier Spielen. Besser sieht es für den VfL aus, der für einen Abend schon mal Achter ist und aus drei Heimspielen nach der Winterpause sieben Punkte geholt hat.

Daniel Raecke

sportal.de sportal

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