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Bundesliga

Finanzen im Profi-Fußball Bundesliga-Studie sieht drei Erstligisten von Insolzenz bedroht – zwei davon widersprechen

Paderborn-Spieler Christopher Antwi-Adjej liegt auf dem Rasen vor einer Bande mit der Aufschrift "beim SCP"
Christopher Antwi-Adjej vom SC Paderborn am Boden (nach dem 1:2 gegen Hertha BSC am Februar): Ohne Geisterspiele wäre der Tabellenletzte wirtschaftlich am Ende, urteilt eine Studie. Der Verein widerspricht.
Laut einer aktuellen Studie könnte die Bundesliga gestärkt aus der Coronakrise hervorgehen. Bei vielen Clubs müsse das Management aber professioneller werden. Drei Erstligisten stünden kurz vor der Insolvenz – zwei dieser Vereine widersprechen.

Mit den am Samstag beginnenden Geisterspielen wollen die beiden Fußball-Bundesligen nicht nur die Saison sportlich beenden, sondern nicht zuletzt den wirtschaftlichen Schaden durch die Coronakrise in Grenzen halten. Laut einer aktuellen Studie der Handelshochschule Leipzig (HHL) und der Unternehmensberatung Odgers Berndtson ist das für sechs Clubs der beiden ersten Ligen auch bitter nötig. Diese Vereine, darunter drei Erstligisten, stünden demnach ohne die Fernsehgelder, die für die Übertragung der Geisterspiele gezahlt werden, vor der Insolvenz. Insgesamt hätte der Verlust für die Bundesligen bei einem nun zunächst abgewendeten Abbruch der Saison laut Deutscher Fußball-Liga (DFL) bei rund 750 Millionen Euro gelegen. Trotzdem sei die Liga insgesamt finanziell solide aufgestellt, wenngleich es im Management etlicher Clubs noch "Professionalisierungsbedarf" gebe.

Die Erstligisten, die von den Autoren der Studie als existenzbedroht angesehen werden, sind der FC Schalke 04 sowie die beiden Aufsteiger Union Berlin und SC Paderborn. Bei diesen drei Clubs gibt es "bedenkliche Kennzahlen in den Bereichen der kurzfristigen Finanzierung (Liquidität) und/oder auch der langfristigen Finanzierung (Solvenz)", so die Mitteilung der HHL. "Die finanzielle Situation ist bei vielen Klubs bedrohlich, da nur wenig Wert der Strategieformulierung und -operationalisierung beigemessen wird. Aber: Ein gutes Management lässt sich nicht vom Tagesgeschäft dominieren, sondern sollte strategisch solide führen", urteilt Dr. Henning Zülch, Professor am Lehrstuhl für Accounting & Auditing an der HHL. Insgesamt müssten die Proficlubs bei den Finanzen, im Management und in der Nachwuchsarbeit aber professioneller werden.

Insolvenz? Union und Paderborn widersprechen

Während die wirtschaftlichen Probleme von Schalke 04 in den vergangenen Wochen bereits öffentlich wurden, haben Union Berlin und der SC Paderborn mit Verwunderung auf die Studie reagiert. Wie "Sport im MDR" berichtet, widersprachen beide Vereine auf Anfrage vehement den Darstellungen der Studie. Die wissenschaftliche Qualität der Studie sei "nicht bundesligareif", reagierte Paderborns Geschäftsführer Martin Hornberger scharf. Von den Studenten Zülchs würde der SCP niemanden einstellen, weil sie wissenschaftliches Arbeiten nicht gelernt hätten, wetterte Hornberger im Bielefelder "Westfalen-Blatt". Der Tabellenletzte sei "wirtschaftlich nicht bedroht".

Ähnlich eindeutig wies auch Union Berlin die Erkenntnisse des HHL-Studie zurück. "Wir sind nicht in der Existenz bedroht", zitierte die Berliner "BZ" Club-Sprecher Christian Arbeit, "und weisen das Ergebnis in der Studie in Bezug auf Union zurück." Dirk Zingler, Präsident der "Eisernen" hatte laut dem Bericht die Situation der Köpenicker bereits vergangene Woche völlig anders dargestellt: "Wir sind stabil genug aufgestellt, um über eine längere Zeit ohne Einnahmen zu kommen, auch bis in den Sommer beziehungsweise über den Sommer hinaus." Laut MDR erwägt Union, rechtliche Schritte gegen die Darstellung der HHL-Studie einzulegen. Dass Clubs durch die Coronakrise in existenzielle Schwierigkeiten geraten könnten, hatte die DFL Anfang April allerdings auch verkündet - ohne die Vereine konkret zu benennen.

Bundesliga besser aufgestellt als andere Top-Ligen

Die Autoren stützen ihre Erkenntnisse nach eigenen Angaben auf eine Analyse der "am Markt verfügbaren Daten" zur finanziellen Situation der Vereine, der sportlichen Erfolge sowie der Qualität des Managements und der Jugendarbeit. Auf detaillierte Zahlen aus den Vereinsbilanzen geht die 330 Seiten starke Studie, die nur in Teilen veröffentlicht wurde, dennoch nicht ein. Die Autoren beklagen vielmehr "ein hohes Maß an Intransparenz". Die Finanzdaten der Clubs würden nur äußerst restriktiv offengelegt, was wegen der "wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Relevanz des Profifußballs bedenklich sei", heißt es. Dies könne zudem Sponsoren oder Investoren abschrecken. "Die 50+1 Regel ist in dieser Form nicht überlebensfähig", so Studien-Autor Zülch gegenüber dem MDR. Die Regel, die dem jeweiligen Club eine Entscheidungsmehrheit gegenüber einem Investor einräumt, müsse modifiziert werden.

Im internationalen Vergleich sieht die Studie die Bundesliga insgesamt allerdings eher in einem positiven Licht. Sie sei finanziell solider aufgestellt als die anderen Top-Ligen Europas. Der Grund: Anders als in England, Spanien oder Italien habe die Liga einen vielfältigeren Erlös-Mix und sei noch nicht so stark von TV-Geldern abhängig wie die vergleichbaren Spielklassen. Günstig wirke sich auch aus, dass der Personalaufwand der deutschen Spitzenclubs in der Gesamtheit der geringste im europäischen Vergleich sei.

Bundesliga kann gestärkt aus Krise hervorgehen

Für die Zukunft raten die Studienmacher den Bundesliga-Verantwortlichen, durch eine größere Transparenz im Führungsverhalten und bei den Vereinsentscheidungen die Glaubwürdigkeit zu steigern. "Die Nachwuchsarbeit und deren strategische Integration in das Geschäftsmodell der deutschen Profifußballklubs wird künftig der kritische Erfolgsfaktor der Liga werden", betont Studienautor Zülch. Er gesteht vielen Vereinen zwar eine exzellente Jugendarbeit zu, doch werde diese bei etlichen Clubs nicht effektiv genug genutzt – beispielsweise, indem für erstklassig ausgebildete Spieler hohe Transfererlöse erzielt werden könnten. Würden entsprechende Reformen angestrengt und umgesetzt, sei die Bundesliga insgesamt so solide aufgestellt, dass sie sogar gestärkt aus der Krise hervorgehen könne."

Quellen: Bundesliga-Studie von HHL und Odgers Berndtson, "Sport im MDR", "Westfalen-Blatt", "BZ", "Kicker"

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