Erst der tränenreiche Abschied von Trainer Holger Stanislawski, dann die große Erleichterung nach dem milderen DFB- Urteil: Der FC St. Pauli durchlebte in den vergangenen Tagen ein Wechselbad der Gefühle. Mit einem Sieg am Samstag (15.30) beim VfL Wolfsburg will man die turbulente Woche krönen. "Wir wollen Stani den Klassenerhalt schenken", sagt Mittelfeldspieler Fabian Boll, der wie der gesamte Kiez-Club äußerst froh ist, nun nicht nicht gegen Werder Bremen am Ostersamstag vor leeren Rängen spielen zu müssen.
Als Kritiker trat nur Freiburgs Trainer Robin Dutt auf, der dem Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) Willkür vorwarf. Es sei zwar richtig, dass St. Pauli kein Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit machen müsse. "Im Nachhinein ist es aber eine Ohrfeige für meinen Ex-Verein Stuttgarter Kickers", sagte Dutt am Freitag. Denn der Regionalligist musste 2006 nach einem ähnlichen Becherwurf wie am Millerntor ein Spiel vor leeren Rängen austragen.
Das Urteil zeige, "welche Willkür wir in der Sportgerichtsbarkeit haben", meinte Dutt. Ganz anders nahm Leverkusens Trainer Jupp Heynckes die Entscheidung auf: "Es hat sich gelohnt, dass ich mich zu St. Pauli geäußert habe, für die Tat eines Einzelnen dürfen nicht alle bestraft werden."
Becherwerfer streitet Tat vehement ab
Für die dringend benötigen Punkte gegen den Gang in die Zweitklassigkeit stellen die Hamburger die Frage hintenan, wo das erste Heimspiel der neuen Saison wegen der Platzsperre ausgetragen werden soll. "Das ist noch kein Thema, zum Glück ist es noch etwas hin", sagte Sprecher Josip Grbavac am Freitag. Auch wer von den Dauerkartenbesitzern ein Anrecht erhält, zu den 12 500 Zuschauern maximal zugelassenen St. Pauli-Fans zu gehören, wird in aller Ruhe geklärt.
In einer ersten Reaktion befürwortete Vizepräsident Gernot Stenger eine Verlegung nach Bremen oder Hannover. Mit 1250 Anhängern des Gegners dürfen ein Zehntel der Hamburger Fans der Partie beiwohnen. Damit kommen auf St. Pauli deutlich geringe Ausnahme-Ausfälle als die bei einem "Geisterspiel" wegfallenden 587 000 Euro zu.
Ob der Club den Becherwerfer, der am 1. April beim 0:2 gegen Schalke 04 kurz vor Schluss den Schiedsrichter-Assistenten Thorsten Schiffner voll im Nacken traf, nun auf Schadenersatz verklagt, ist noch ungewiss. Bisher streitet der von mehreren Zeugen identifizierte Mann die Tat vehement ab. "Wir müssen zunächst die polizeilichen Ermittlungen abwarten", sagte Grbavac.
Der Verein konzentriert sich in den ausstehenden fünf Saisonpartien nun ganz auf den Endspurt im Abstiegskampf. "Ich werde die letzten Spiele mit viel Energie und Euphorie angehen", kündigte Stanislawski an. Ein Kandidat für seine Nachfolge am Millerntor schied am Freitag aus: Mike Büskens verlängerte bei Greuther Fürth.