Der VfB Stuttgart hat dank Doppeltorschütze Martin Harnik die Patzer seiner Konkurrenten eiskalt ausgenutzt und sich mit seinem 700. Bundesligasieg Luft im Abstiegskampf verschafft. Die überzeugenden Schwaben bezwangen am Sonntag Champions-League-Anwärter Schalke 04 mit 3:1 (1:0). Neben dem überragenden Harnik (23./59.) traf vor 60.000 Zuschauern Cacau (54.) mit seinem ersten Saisontor für den VfB, Adam Szalai (69.) gelang nur noch der Anschluss für die enttäuschenden Gäste. Nach den Niederlagen der Tabellennachbarn Nürnberg und HSV haben die Schwaben durch den achten Saisonsieg jetzt fünf Punkte Vorsprung auf einen direkten Abstiegsplatz.
40.000 Fahnen ließ der VfB vor Spielbeginn an seine Fans verteilen - im vorletzten Heimspiel dieser Spielzeit sollten beim Kampf ums Drinbleiben alle Kräfte mobilisiert werden. VfB-Coach Huub Stevens vertraute überraschend Cacau als Sturmsolisten und setzte dafür Vedad Ibisevic nach schwächeren Leistungen zunächst erneut nur auf die Bank. Nach den aufsteigenden Vorstellungen beim 2:0 gegen den SC Freiburg und dem 1:1 in Gladbach zählte für den Niederländer nur ein weiteres Erfolgserlebnis. Die Schalker, nach zuletzt sieben Pflichtspielen in Serie ohne Niederlage, reisten immerhin als zweitstärkstes Bundesliga-Team der Rückrunde an.
Draxler und Farfan schmerzlich vermisst
Von einem Klassenunterschied war bei idealen äußeren Bedingungen kaum etwas zu sehen. Die Stuttgarter begannen in der Defensive sehr gut gestaffelt, ließen wenig zu und warteten geduldig auf Konter. Bei den spielbestimmenden Schalkern fehlten dagegen vor allem im letzten Drittel Präzision und Ruhe beim Abspiel, die Ideen des gelbgesperrten Julian Draxler und verletzten Jefferson Farfan wurden schmerzlich vermisst.
So ging der Plan von Stevens perfekt auf. Nach einem Freistoß von Daniel Didavi köpfte der Österreicher Harnik mit seinem neunten Saisontor das 1:0 (23.) - Schalkes Torhüter Ralf Fährmann löste sich einen Tick zu spät von seiner Linie und sah dabei schlecht aus. Bereits zum 19. Mal in dieser Saison übernahm der VfB damit die Führung - herausgekommen waren bis dato aber nur sieben Siege. Der bemühte Cacau hätte in der 37. Minute sogar beinahe auf 2:0 erhöht.
Dem konnten die Schalker in der ersten Hälfte lediglich eine vielversprechende Co-Produktion von Leon Goretzka und Klaas-Jan Huntelaar (45.+2) entgegensetzen.
Trainer Stevens erst spät entspannt
Stevens, von 1996 bis 2002 und 2011 bis 2012 Chefcoach auf Schalke und dort immerhin zum "Jahrhundertrainer" geadelt, mahnte seinen VfB von der Bank aus immer wieder zur Ordnung. Engagiert kämpften seine Profis auch um die zweiten Bälle und wurden für den großen Einsatz beloht. Ausgerechnet Cacau markierte nach feiner Vorarbeit von Ibrahima Traoré per Kopf das 2:0 (54.), ehe erneut Harnik ein Klasse-Solo von Gotoku Sakai (59.) zum 3:0 veredelte.
Doch von wegen entspanntes Zurücklehnen: Beim 1:3 durch Szalai versank die gesammelte VfB-Defensive im Kollektivschlaf. Auf einmal wackelten die Stuttgarter wieder. Szalai traf sogar zum vermeintlichen 2:3 (72.), aber Schiedsrichter Günter Perl erkannte den Treffer nicht an - vor Szalais Kopfball soll der Ball bereits im Aus gewesen sein. Erst danach konnte Stevens einigermaßen entspannt aufatmen.
Nürnberg vor dem achten Bundesligaabstieg
Unterdessen trudelt der 1. FC Nürnberg - mit sieben Bundesligaabstiegen bereits Rekordhalter in dieser Disziplin - seinem achten Gang in Liga Zwei entgegen. Die engagierten, aber spielerisch limitierten Franken unterlagen im ersten Spiel des Ostersonntags Bayer Leverkusen mit 1:4 (1:1) und kassierten die achte Niederlage in den letzten neun Spielen. Marvin Plattenhardts Freistoßtor in der 26. Minute war zu wenig für die Truppe von Coach Gertjan Verbeek, die abermals einen Patzer des Abstiegsrivalen Hamburger SV nicht nutzen konnte und weiter auf dem 17. Tabellenplatz rangiert. Emir Spahic (17./80.), Sebastian Boenisch (48.) und Roberto Hilbert (87.) trafen vor 40.514 Zuschauern für die Werkself, die den am Samstag an den VfL Wolfsburg verlorenen vierten Tabellenplatz zurückzueroberte und damit weiter die Champions League im Visier hat.
"Der Sieg geht auch in dieser Höhe in Ordnung", lobte Bayer-Sportdirektor Rudi Völler im TV-Sender Sky sein Team für den zweiten Erfolg unter Coach Sascha Lewandowski, warnte aber im gleichen Atemzug: "Gegen Borussia Dortmund nächste Woche müssen wir noch eine Schippe drauflegen." Lange Gesichter gab es bei den Nürnbergern angesichts der weiter geschwundenen Hoffnung. "Wir haben zur Zeit einfach nicht die Qualität, um solche Spiele zu gewinnen. Am Ende haben wir wohl auch nicht mehr an uns geglaubt", konstatierte "Club"-Torhüter Raphael Schäfer.
Nürnberg nach Negativserie ohne Selbstvertrauen
Nach ihrer jüngsten Negativserie spielten die Franken ohne Selbstvertrauen. Zudem erwiesen sich die immer wieder hoch nach vorne geschlagenen Bälle für das schwächste Heimteam der Liga einmal mehr als untaugliches Mittel, um die Bayer-Abwehr ernsthaft zu fordern. Der 16-malige Saisontorschütze Josip Drmic war in der Spitze ständig auf sich allein gestellt und konnte nichts ausrichten. Die Werkself, die auch nur zwei ihrer letzten zehn Bundesliga-Spiele gewinnen konnte, setzte zwar ebenfalls keine Glanzlichter, erwies sich aber als spielerisch reifer und abgeklärter im Abschluss.
Im 50. Bundesliga-Duell zwischen beiden Clubs gelang Leverkusen bereits mit dem ersten Torschuss die Führung. Spahic zog aus 25 Metern ab und überwand den etwas spät reagierenden Schäfer mit einem tückischen Aufsetzer. Eine Standardsituation verhalf dem "Club" zehn Minuten später zum Ausgleich. Ein Freistoß von Plattenhardt flog an Freund und Feind vorbei und landete zur Überraschung von Bayer-Keeper Bernd Leno in der langen Ecke - das erste Saisontor des etatmäßigen Außenverteidigers, der wegen des Ausfalls von Markus Feulner diesmal im Mittelfeld agierte.
Leverkusen schockt Nürnberg erneut früh
Bayer stellte aber auch weiter die reifere Mannschaft. 120 Sekunden nach dem 1:1 hatten die Nürnberger das Glück auf ihrer Seite, als Bayer-Abwehrspieler Ömer Toprak eine Freistoß-Flanke von Gonzalo Castro an den Pfosten köpfte.
Mit zwei Paukenschlägen begannen die zweiten 45 Minuten. Nach einem weiten Schlag aus der Abwehr heraus stand Drmic plötzlich frei vor Leno, der auch den Nachschuss von Hiroshi Kiyotake glänzend meisterte (47.). Praktisch im Gegenzug versetzte Boenisch dem "Club" mit einem platzierten Flachschuss in die lange Ecke zum 1:2 den schon vorentscheidenden Rückschlag. In der Folgezeit kontrollierte Bayer die Partie dank seiner technischen Vorteile fast nach Belieben. Ein schulmäßiger Konter über Heung-Min Son besiegelte zehn Minuten vor Schluss den K.o. der Gastgeber. Spahic drückte den Querpass des Koreaners über die Linie. Hilbert schraubte das Resultat auf Zuspiel von Son sogar noch auf 1:4.