Am Abend (ab 20.45 Uhr im stern.de-Liveticker) muss der FC Bayern München im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League bei Olympique Marseille antreten. Die Münchner sind gewarnt: "OM" besiegte in der Gruppenphase der Königsklasse gleich zweimal den Deutschen Meister Borussia Dortmund und schaltete im Achtelfinale Inter Mailand aus. Das müssen Bayern-Fans vor dem Spiel ihrer Mannschaft im Stade Vélodrome jetzt wissen.
1. Spielt Bastian Schweinsteiger?
Eher nicht, schon gar nicht von Beginn an. Schweinsteiger, der seine Fußverletzung auskuriert hat, saß zwar am Dienstag mit im Flieger nach Marseille, aber ob ihn Jupp Heynckes auch wirklich in den Kader beruft, steht noch in den Sternen. "Ich entscheide das Mittwoch kurz vor dem Spiel", so der Bayern-Trainer. "Wir brauchen Bastian, wenn wir unsere Ziele erreichen wollen", wies Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge vor der Partie noch einmal auf die Bedeutung des Vize-Kapitäns hin. Auch deshalb ist es vorstellbar ist, dass ihn Heynckes als Joker auf die Bank setzt.
2. Wie sehen Taktik und Aufstellung der Münchner aus?
Die Bayern werden in Marseille im gewohnten 4-2-3-1-System antreten. Auf der linken Seite bilden David Alaba und Franck Ribéry wieder ein Pärchen, das Pendant rechts besteht aus Philipp Lahm und Arjen Robben, wobei Ribéry und Robben immer wieder auch die Seiten wechseln und kreuzen werden. Vorne soll Tormaschine Mario Gomez wieder treffen, der im Vergleich zum Hannover-Spiel natürlich wieder für Ivica Olic in die erste Mannschaft kommt. Danijel Pranjic, zuletzt gegen 96 überraschend in der Startelf, muss für Thomas Müller weichen. Für Müller rückt Toni Kroos zurück ins defensive Mittelfeld.
3. Was für eine Stimmung kommt auf die Bayern in Marseille zu? Kein anderes Stadion kann in Frankreich so eine Stimmung entfachen wie das bebende Stade Vélodrome. Allerdings wird die Arena, die normalerweise knapp 60.000 Zuschauer fasst, gerade für die EM 2016 modernisiert - und gleicht einer großen Baustelle. Gegen die Bayern ist das Fassungsvermögen deshalb auch eingeschränkt, 40.000 Fans werden erwartet. "Ähnlich wie in Neapel", beschreibt Daniel van Buyten, der die Reise zu seinem Ex-Klub verletzungsbedingt nicht mit antreten konnte, die Atmosphäre in Marseille. Auch Franck Ribéry rechnet beim "emotionalen" Auftritt mit einer "hitzigen Stimmung". Der Franzose spielte von 2005 bis 2007 bei "OM" und war damals der große Liebling der heißblütigen Fans. Bei seiner Rückkehr hat Ribéry nichts zu befürchten. Der Tempodribbler wird in der Hafenstadt immer noch verehrt.
4. Auf wen müssen die Bayern beim Gegner besonders achten?
Marseilles größtes Plus ist die Kompaktheit. Das Team von Trainer Didier Deschamps pflegt einen mutigen und risikoreichen Stil. Borussia Dortmund kann davon ein Lied singen. Aber: Olympique ist bei konsequentem Pressing und schnellen Umschaltaktionen in der Defensive anfällig. Kurioserweise legte der BVB trotz seiner beiden Niederlagen diese Schwäche offen.
Im Offensivbereich müssen die Bayern in erster Linie auf André Ayew aufpassen. Der Sohn von Abedi Pelé ist technisch enorm stark, torgefährlich und athletisch, vor allem aber auch entschlossen und kämpferisch. Bei den beiden Siegen gegen die Borussia steuerte der 22-Jährige gleich drei von sechs Toren bei. Auf dem Zettel sollten die Bayern aber auch noch den Ersatz des angeschlagenen Nationalstürmers Loic Remy haben: Brandão. Dass "OM" dieses Viertelfinale überhaupt bestreiten darf, haben die Franzosen einzig und allein dem Brasilianer zu verdanken. Im Achtelfinal-Rückspiel bei Inter Mailand (1:2 nach Verlängerung) sicherte der "Notnagel" nämlich vier Minuten nach seiner Einwechslung mit seinem entscheidenden Tor zum 1:1 das Weiterkommen. Brandão ist ein Angreifer vom Typ Peter Crouch. Seine Bewegungen sind steif, seine Balltechnik ist stark beschränkt. Dafür ist das Kopfballspiel des 1,90-Meter-Manns überragend. Der unkonventionelle Mittelstürmer steht immer da, wo ihn niemand vermutet. Das macht ihn so gefährlich. Sollte Remy wider Erwarten doch spielen können, müssen sich die Bayern auf einen absolut kompletten Stürmer einstellen. Der 25-Jährige kann alles - in der Luft und am Boden. Remy erinnert in seiner Spielweise stark an en früheren Freiburger Papiss Demba Cissé.
5. Gibt es eine Schwachstelle bei "OM"?
Aber wie! Marseille muss gegen Bayern auf den gesperrten Nationaltorhüter Steve Mandanda verzichten. Weil die eigentliche Nummer zwei der Südfranzosen, Gennaro Bracigliano, bei der Pokal-Pleite Marseilles vergangene Woche gegen den Drittligisten Quevilly (2:3 nach Verlängerung) keine gute Figur abgab, stellt Trainer Deschamps gegen die Bayern den international völlig unerfahrenen Brasilianer Elinton Andrade zwischen die Pfosten. Seit 2009 stand Andrade nur acht Mal (vor allem im nationalen Ligapokal) im Kasten von "OM". Diese Saison bestritt der dritte Torwart nicht ein einziges Pflichtspiel. Diese Personalie birgt Risiken und bedeutet für die Bayern: schießen, schießen, schießen!