Habeck-Video vorgespielt "Reicht nicht mehr zu sagen, wir spielen Fußball": Streichs bemerkenswerter Umgang mit dem Nahost-Konflikt beim SC Freiburg

"Hochgradig inakzeptabel und gefährlich": Christian Streich bei Verleihung des Julius-Hirsch-Preises
"Hochgradig inakzeptabel und gefährlich": Christian Streich bei Verleihung des Julius-Hirsch-Preises
© Reinaldo Coddou H. / Getty Images
Fußball-Trainer Christian Streich hat sich bei der Verleihung des Julius-Hirsch-Preises kritisch über manche Politiker-Aussage zum Thema Antisemitismus geäußert – und von einer außergewöhnlichen Aufklärungsmaßnahme beim SC Freiburg erzählt.

Der Trainer des SC Freiburg, Christian Streich, hat neulich in einem Interview mit dem Fußball-Magazin "11Freunde" bekannt, dass er es als seine Verpflichtung ansieht, "als öffentliche Person" auf "die Gefahren hinzuweisen, die von solchen Parteien und ihren Politikern ausgehen". Damit waren in diesem Fall die rechtsextremen Parteien AfD und NPD gemeint. Streich ist ein Mensch, den gesellschaftliche und politische Themen umtreiben – und der sich dazu äußert, wenn "mich jemand nach meiner Meinung fragt". 

In dem Interview gesteht er, dass es "total schwierig" sei, "sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen, wenn man in der Öffentlichkeit steht". Deswegen gebe er nur noch "selten Interviews, weil ich gar nicht mehr weiß, was ich noch sagen soll". Zum Glück für die Öffentlichkeit hält sich Streich, 58 Jahre alt, nicht komplett bedeckt. Etwas zu sagen gibt es schließlich immer. Und wenn er gefragt wird, antwortet er, weil er nicht anders kann.

Matthias Brandt nennt Christian Streich "anständigen Menschen"

Für diese Rolle ist dem Coach nun der Julius-Hirsch-Preis verliehen worden. Den erhalten Menschen, die sich für Freiheit, Toleranz und Menschlichkeit einsetzen. Die Auszeichnung ist vom Deutschen Fußball-Bund gestiftet worden, eine unabhängige Jury bestimmt die Preisträger. Anfang November war Streich als diesjähriger Gewinner bekanntgegeben worden, am Montagabend wurde ihm der Preis in Berlin verliehen. Schauspieler Matthias Brandt, der die Laudatio hielt, nannte Streich einen "anständigen Menschen".

Selbstverständlich hatte Streich einiges zu sagen. Die aktuelle Debatte um den wachsenden Antisemitismus in Deutschland treibt ihn um: "Wenn ich höre, dass Politiker aus der sogenannten deutschen Mitte von importiertem Antisemitismus reden, dann ist das mehr als unverantwortlich, das ist unglaublich", sagte der Freiburger. "Damit wird suggeriert, dass die muslimischen Menschen, die bei uns leben, einfach aus dem Land müssten. Dann hätten wir keinen Antisemitismus mehr. Wenn solche Sprüche aus der Mitte kommen, dann weißt du, wo wir sind. Und das ist hochgradig inakzeptabel und gefährlich. Das macht einem Sorgen."

Streichs ungewöhnliche Maßnahme mit dem Habeck-Video

Fußball allein könne da nicht helfen, sagte Streich weiter. Zwar sei der Fußball so ein großes Spiel, dass es egal sei, ob jemand grün, weiß oder schwarz sei und egal, welche Sprache er spreche, sagte Streich weiter, aber: "Es reicht aber jetzt nicht mehr, zu sagen, wir spielen Fußball. Dafür ist zu viel passiert. Es ist in eine Richtung gegangen, in der du 80 Jahre nach Auschwitz sagen musst: Wir brauchen Aufklärung, wir brauchen Bildung. Und zwar in die richtige Richtung", sagte Streich.

Das hat bei Streich dazu geführt, dass er seiner Mannschaft das Video von Robert Habeck gezeigt hat, in dem der Wirtschaftsminister die Beziehung Deutschlands zu Israel sowie den Schutz jüdischer Mitbürger in Deutschland erklärt. "Die Rede war deshalb so außergewöhnlich, weil sie Dinge geordnet hat. In einer relativ einfachen Sprache. Und das ist wichtig, weil nicht jeder versteht jedes Fremdwort", sagte Streich, der auch seinen Spielern fehlende Fremdwörter erklärte, "weil nicht mehr alle junge Menschen wissen, was Holocaust ist".

Quellen: DPA, "11Freunde".

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