Verletzter Ballack DFB mauert bis zum Schluss

Von Klaus Bellstedt, Wien
Es ist die Frage, die eine ganze Nation bewegt: Wird Michael Ballack rechtzeitig fit fürs EM-Finale gegen Spanien oder muss die Nationalelf ohne ihren an der Wade verletzten Kapitän auskommen? Der DFB hält sich bedeckt. Das Bangen wird wohl bis kurz vor dem Anpfiff weitergehen.

Das Rätselraten um einen Einsatz von Michael Ballack für die deutsche Nationalmannschaft im EM-Finale in Wien gegen Spanien hält womöglich bis kurz vor dem Anpfiff um 20.45 Uhr an. "Keinen Kommentar zu Ballack", erklärte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Sonntagmittag und verweigerte jegliche Auskunft, ob der deutsche Kapitän am Vormittag am sogenannten Anschwitzen teilgenommen hatte.

Ballack laboriert bereits seit Freitagvormittag an muskulären Beschwerden in der rechten Wade und hatte deswegen sowohl am Freitag bei der letzten Übungseinheit in der Schweiz als auch am Samstag beim Abschlusstraining im Wiener Ernst-Happel-Stadion passen müssen. Bundestrainer Joachim Löw hatte erklärt, dass ein Einsatz des 31-Jährigen "völlig offen" sei und über seinen Einsatz erst kurzfristig entschieden werden könne. Die medizinische Abteilung des DFB arbeitete auch im Laufe des Sonntags intensiv an der Gesundung von Ballack. Sollte der Kapitän nicht auflaufen können, wird voraussichtlich der künftige Münchner Tim Borowski dessen Rolle im zentralen Mittelfeld einnehmen.

Wie schon beim Eröffnungsspiel bei der WM 2006 und im Endspiel der Weltmeisterschaft 2002 in Südkorea und Japan, die Ballack beide verpasste, droht Chelseas Mittelfeldstar erneut in einem der wichtigsten Spieler seiner Karriere auszufallen.

Schweinsteiger und Borowski als Alternativen

Per SMS schickte der DFB die Hiobsbotschaft am Samstag um 18.06 Uhr auf die Handys der Pressevertreter. Aber schon Stunden vorher war durchgesickert, dass Ballack wegen muskulärer Probleme in der rechten Wade nicht am Abschlusstraining würde teilnehmen können. Schon wieder zwickt also die rechte Wade, genauso wie vor zwei Jahren beim Sommermärchen in Deutschland. Ballack klagt seit Freitagmorgen über die Beschwerden. "Die Wade ist stark verhärtet. An Training war überhaupt nicht zu denken", sagte ein sichtlich geschockter Joachim Löw auf der Abschlusspressekonferenz am Samstagabend.

Die medizinische Abteilung des DFB kümmere sich bereits seit Bekanntwerden der Beschwerden rund um die Uhr um Ballacks Wade, so der Bundestrainer weiter. "Wir müssen jetzt die Nacht abwarten." Richtig hoffnungsvoll klang das alles nicht, zumal der Coach bereits 24 Stunden vor dem Anpfiff auch über mögliche Alternativen sprach: "Tim Borowski und Bastian Schweinsteiger könnten beide auf Ballacks Position spielen. Wir haben zwei gute Alternativen."

Wie die Verletzung zustande kam, darauf hatte auch der Bundestrainer keine Antwort. "Keiner weiß genau, wie es passiert ist. Vielleicht hat er im Spiel gegen die Türken einen Schlag auf die Wade bekommen. So etwas kann mal zwei Tage dauern, bis man es merkt. Fakt ist, dass der Muskel entzündet und die Wade verhärtet ist." Eine kleine Hoffnung auf einen Einsatz Ballacks im Finale gegen die Spanier bleibt: "Ich habe ihn noch nicht abgeschrieben", sagte Löw. Ballack selbst sei am Samstagnachmittag "optimistisch" gewesen und nicht "absolut niedergeschlagen". Klar ist, dass das Zittern um die Wade der Nation ein dramatisches Spiel gegen die Zeit wird.

Löw glaubt weiter an den Titel

Trotz des Rückschlags blieb Löw optimistisch. "Ich erwarte selbstverständlich einen Sieg im letzten Spiel", sagte er. Und auch DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach glaubt an einen Finalsieg. Natürlich wäre es ein Drama, würde Ballack ausfallen, so Niersbach, doch die Mannschaft sei stark genug, es zu schaffen, auch wenn der Kapitän fehlt. Niersbach: "Der Wille kann manchmal Berge versetzen."

Übrigens: Sollte Ballack im EM-Finale ausfallen, würde der Bundestrainer sein Spielsystem wohl nicht über Bord werfen. "Natürlich denken wir dann über kleinere Veränderungen nach", sagte Löw, "aber das taktische Konzept wird nicht völlig geändert, wenn Michael passen müsste."

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