England – Deutschland Massenhaft Zuschauer – wird das Achtelfinale in Wembley zum Superspreader-Event?

Video: Fußball-Klassiker im Wembley-Stadion
Abflug nach London. Die deutsche Fußballnationalmannschaft machte sich am Montagnachmittag auf den Weg zum EM-Achtelfinalspiel. Im Wembley-Stadion trifft das Team von Jogi Löw am Dienstagabend auf England. Ein Duell, das es in sich hat. Verbunden mit vielen Erinnerungen, Emotionen und dramatischen Momenten. Das letzte Training der Deutschen fand aber nicht in Wembley, sondern im Adi-Dassler-Stadion in Herzogenaurach statt. Löw hätte zwar nach eigener Aussage gerne im Stadion in London trainiert, das grüne Licht der UEFA dafür soll laut DFB aber zu spät gekommen sein. Ilkay Gündogan und Antony Rüdiger, die zuletzt angeschlagen eine Pause einlegen mussten, waren beim Abschlusstraining dabei. Damit sind beide für das Spiel gegen England wohl einsatzbereit. Löw ließ die Feldspieler in zwei Gruppen abwechselnd Passübungen bzw. Stabilisierungsübungen machen. Im Vorfeld der Partie wurde spekuliert, dass Thomas Müller nach überstandenen Knieproblemen für Leroy Sane in die Mannschaft rücken könnten. Auch möglich, dass Leon Goretzka für Ilkay Gündogan in die Startelf rücken könnte. Laut Löw ist die DFB-Elf vor dem Spiel gegen England bis in die Haarspitzen motiviert. Die Mannschaft freue sich auf das Spiel, so Löw. Die Mehrheit der Zuschauer im Wembley Stadion wird am Dienstag für England jubeln. Wegen der Corona-Situation in Großbritannien dürfen nur auf der Insel wohnende Deutsche vor Ort sein. Der DFB rechnet damit, dass das rund 2000 sein werden.
Bei der Fußball-EM trifft die deutsche Nationalmannschaft heute Abend auf England. Im Wembley-Stadion sollen dann rund 40.000 Zuschauer erlaubt sein – und das, obwohl gerade die Delta-Variante des Coronavirus bei den Gastgebern grassiert.

Am Tag des heutigen Achtelfinals der Fußball-EM zwischen England und Deutschland steigt die Vorfreude auf die Partie. Doch gleichzeitig hagelt es Kritik wegen der Aufstockung der Zuschauer-Zahlen für das Wembley-Stadion. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte mit Blick auf die Delta-Variante, vor allem in Großbritannien seien Zehntausende Zuschauer im Stadion "unverantwortlich". In der "Süddeutschen Zeitung" appellierte Seehofer an die Europäische Fußball-Union Uefa und die britische Regierung, Zuschauerzahlen "deutlich nach unten zu korrigieren". Bis zu 45.000 Fans sind am heutigen Dienstagabend (18 Uhr/ARD und Magenta TV) zugelassen. Für die Halbfinals und das Endspiel sollen sogar 60.000 Zuschauer in das Wembley-Stadion dürfen.

Seehofer verwies darauf, dass bei den EM-Spielen in München eine Auslastung von 20 Prozent der Stadionplätze erlaubt ist. Dies sei "ein Maßstab, der auch für die anderen Austragungsorte gelten könnte, denn man muss in den Konzepten auch die An- und Abreise berücksichtigen". Als Innenminister ist der CSU-Politiker auch für den Sport zuständig.

Großbritannien gilt wegen der Delta-Variante als Virusvariantengebiet

Weil die Corona-Zahlen durch die als besonders ansteckend geltende Delta-Variante zuletzt in Großbritannien wieder stiegen, ist der Schritt umstritten. Deutschland hat Großbritannien wegen der aktuellen Corona-Lage dort als Virusvariantengebiet eingestuft, für Einreisen aus dem Vereinigten Königreich gelten somit strenge Quarantäne-Vorschriften.

Dass die Partien überhaupt in London ausgetragen werden sollen, bezeichnete der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) als "eigentlich nicht zu verantworten". Dies ginge "nur mit harter Einhaltung der Regeln und der Abstände", sagte der 73-Jährige dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Uefa und der Deutsche Fußball-Bund müssten "dringend dafür sorgen, dass die Regeln eingehalten werden. Der Plan, jetzt noch mehr Leute in die Stadien zu lassen, wie in Wembley, ist unverfroren", sagte der Politiker.

Angst vor Superspreader-Event im Wembley-Stadion

Manche bisherigen Bilder vermittelten den Eindruck, dass die Pandemie vorbei sei. "Das ist ein absolut falsches Signal", sagte Kretschmann. Spiele in vollen Stadien und Zuschauer ohne Abstand oder Masken könnten zum Superspreader-Event werden. "Dieser Leichtsinn macht mich fassungslos", sagte Kretschmann dem RND.

Zu Vorsicht mahnte auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Am Spielort München und in Deutschland allgemein sei es bislang "gut gelaufen", sagte Söder der "Bild". Man habe sich "ganz bewusst dafür entschieden, so lange abzuwarten, bis klar war, wie sich die Inzidenzen bei uns entwickeln", sagte er mit Blick auf eine Zulassung von Fans und betonte: "Ich möchte halt nicht, dass es uns einholt."

Dass in Budapest mehr als 55.000 Zuschauer in das Stadion durften, hält Söder für einen Fehler. "Ich hätte das in Ungarn so nicht gemacht, hätte das nicht verantworten wollen. Ausgangspunkt für ein Superspreader-Event zu sein, das ist der Fußball in dem Verhältnis nicht wert. Genießen ja, aber genießen mit Verstand", sagte Söder.

Auch EU-Kommissionsvize Margaritis Schinas mahnte die Uefa zu Vorsicht. Der Verband müsse eine Entscheidung über ein EM-Halbfinale und EM-Finale in einem stark gefüllten Stadion in Wembley sorgfältig abwägen, sagte er. Er erinnerte daran, dass Großbritannien die Reisemöglichkeiten seiner Bürger einschränke und es einer "gewisse Symmetrie" und Verhältnismäßigkeit bei diesen Entscheidungen brauche.

Kritik am Corona-Kurs der Verantwortlichen bei der Fußball-EM

Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen warnte vor Nachlässigkeit. "Es besorgt mich als Gesundheitspolitiker und Arzt gleichermaßen, wenn trotz des rasanten Anstiegs gefährlicher Virusvarianten an den dicht-gedrängten Fußballstadien, oftmals ohne ausreichenden Abstand und Maske, festgehalten wird", sagte der Bundestagsabgeordnete der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Dahmen wandte sich generell gegen den derzeitige Corona-Kurs der EM-Verantwortlichen. "Inzwischen sind ja sogar Nationalspieler mehrerer Mannschaften infiziert", sagte er. "Wir machen so alles kaputt, was wir uns an niedrigen Fallzahlen aufgebaut haben."

DPA · AFP
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