Borussia Mönchengladbach hat sich schon wieder als Bayern-Spezialist erwiesen und der gesamten Bundesliga wenigstens etwas Hoffnung gemacht. Die Gäste um den lange gigantisch haltenden Torwart Yann Sommer erkämpften am Samstagabend ein 1:1 (1:0) in der Allianz Arena. Marcus Thuram (43.) traf nach einem Blackout von Bayern-Verteidiger Dayot Upamecano zur überraschenden Gladbacher Pausenführung.
Für Aufregung sorgte eine Protestaktion der Klimaaktivisten der "Letzten Generation". Die Stadionordner der Allianz Arena führten in der Anfangsphase Personen vom Feld, die zu den beiden Toren von Bayern-Keeper Manuel Neuer und Yann Sommer gelaufen waren. Es schien so, als wollten sie sich an den Torpfosten festmachen.
Die Bayern brauchen 83 Minuten für ein Tor
In einer Pressemitteilung schrieb die "Letzte Generation", dies sei geschehen, "um zu verdeutlichen, dass der drohende Klimakollaps auch vor dem Lieblingssport der Deutschen keinen Halt machen wird". Den Angaben zufolge waren fünf Personen beteiligt, darunter drei 20-Jährige. Sky-Kommentator Wolff-Christoph Fuss hatte den Schriftzug auf der Kleidung ("Stoppt den fossilen Wahnsinn") während des Zwischenfalls vorgelesen.
Ob die Aktion der Grund dafür war, dass die Bayern bis zur 83. Minute brauchten, ehe der starke Leroy Sané mit einem platzierten Linksschuss auf Vorlage von Jamal Musiala traf und ein Unentschieden rettete, lässt sich kaum feststellen. Aber 75.000 Zuschauer in der ausverkauften Allianz Arena trauten lange ihren Augen nicht. Die Bayern schienen sich selbst zu schlagen – hinten durch einen kapitalen Blackout von Upamecano beim Gegentor. Und vorne stockte die 15-Tore-Maschine der ersten drei Spieltage, der Ball fand einfach nicht den Weg ins Tor – bis Sané zuschlug.
Ein Höhepunkt war die 61. Minute, als Stürmerstar Sadio Mané gleich zweimal freistehend am unbezwingbar wirkenden Sommer scheiterte. Vor der Pause waren dem Senegalesen zudem gleich zwei Abseitstore durch Videobeweis aberkannt worden (34./39. Minute). Es war fast surreal, wie Daniel Farkes herzhaft kämpfende Gladbacher den Sturmlauf der Bayern zunächst standhielten.
Upamencano mit kapitalem Aussetzer
Vor dem Spiel wurde viel darüber gesprochen, ob die Gladbacher wegen ihrer guten jüngsten Bilanz gegen den Rekordmeister inklusive der 5:0-Pokalgala des Vorjahres ein "Angstgegner" der Bayern seien. "Die Antwort gibt es am Samstagabend", hatte Bayern-Coach Julian Nagelsmann am Freitag gesagt und bekundet: "Unsere Spieler haben vor keinem Gegner Angst, auch nicht vor Gladbach."
So spielten sie auch – aber dann patzte Abwehrhüne Upamecano folgenschwer. Der 23 Jahre alte Franzose, dem Nagelsmann in der Abwehr den Vorzug vor Neuzugang Matthijs de Ligt gegeben hatte, hatte einen jenen Aussetzer, die in der vergangenen Saison Zweifel an ihm gesät hatten. Nach einem Einwurf schlug Gladbachs Jörg Kramer den Ball aus der eigenen Hälfte hoch und lang nach vorne. Upamecano wollte ihn locker klären, schlug am Ball vorbei – und Thuram stürmte unwiderstehlich Richtung Bayern-Tor. Der Franzose überwand auch den hilflosen Nationaltorhüter Manuel Neuer. "Katastrophaler Fehler", urteilte Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus als Sky-Experte. Die Szene stellte das Spiel auf den Kopf und bedeutete den ersten Bayern-Rückstand der Saison.
Nach der Pause stürmten die Bayern in Richtung ihrer Fans, die sich zunächst mit einer sehenswerten Choreographie und später dann auch mit viel rauchender Pyrotechnik für "50 Jahre Südkurve" feierten. Es gab Chance auf Chance und Schuss auf Schuss – und zig Sommer-Paraden. Nagelsmann zog alle Joker, brachte Serge Gnabry und den noch leicht angeschlagenen Musiala, der prompt das Sané-Tor vorbereitete.