International Was wäre wenn... Nottingham Forest 1990 gewonnen hätte?

Kennen Sie Mark Robins? Nein? Als Manager von Barnsley wurde er voriges Jahr entlassen. Aber 1990 verhinderte er, dass die Managerkarriere von Alex Ferguson beendet wurde, bevor der Schotte auch nur einen Titel in Old Trafford gewonnen hatte. Wir setzen dem Stürmer ein Denkmal, ohne den die moderne Fußballgeschichte ganz anders gelaufen wäre...

24 große Titel hat Sir Alex Ferguson mit Manchester United gewonnen: Zwölf Meisterschaften, fünf FA Cups, zwei Champions League-Titel, einen Europapokal der Pokalsieger und vier Ligapokale sammelten die Red Devils zwischen 1990 und 2011 ein. Hinzu kommen 13 nationale und internationale Supercups oder Club-WM-Titel. Aus heutiger Sicht kann niemand daran zweifeln, dass der knurrige Schotte einer der größten Trainer aller Zeiten ist.

Doch diese Erkenntnis war nicht immer so klar wie heute. Ein halbes Jahr vor seinem ersten Titel mit United stand Ferguson vor der Entlassung in Manchester, und wenn es nach den Fans und einigen Boulevardzeitungen gegangen wäre, dann hätte eine Niederlage im FA Cup-Spiel bei Nottingham Forest Anfang Januar 1990 sein Schicksal besiegelt - bevor er überhaupt einen einzigen Pokal in die Höhe gestreckt hatte.

Im Schatten von Liverpool 

Um die Bedeutung des ersten Pokalspiels der 1990er Jahre für die Clubgeschichte von United besser zu verstehen, muss man wissen, dass der Club zwar damals als einer der größten in England galt, was Fans und Tradition anging, aber so sehr im Schatten des benachbarten Erzrivalen Liverpool stand, dass Old Trafford in einer ewigen Polarnacht der Erfolglosigkeit zu liegen schien. 

Den letzten und siebten Meistertitel Uniteds hatte Manager Matt Busby 1967 gewonnen, Ein Jahr später hatten die Red Devils in Wembley gegen Benfica den bis dahin einzigen internationalen Titel gefeiert, den Gewinn des Europapokals der Landesmeister. Zwar gelangen in den 22 Jahren nach dem Europacup-Triumph noch drei FA Cup-Siege, aber die verblassten im Vergleich zur Bilanz Liverpools im gleichen Zeitraum.

Zehn Meistertitel (mehr als United in seiner gesamten Geschichte zu diesem Zeitpunkt), vier Europapokale der Meister und zwei UEFA Cups fanden allein zwischen 1973 und 1989 ihren Weg in die Trophäenschränke von Anfield. 1986 aber hatte der in den 1970er Jahren zwischenzeitlich sogar zweitklassige Riese United den Schotten Alex Ferguson als Manager verpflichtet.

Ferguson der neue Hoffnungsträger 

Ferguson eilte ein beeindruckender Ruf voraus. Sicher, er galt als jähzornig und hatte einst in Aberdeen eine Geldstrafe gegen einen Spieler verhängt, weil der ihn mit dem Auto überholt hatte. Aber "Furious Fergie" war mit einer im Durchschnitt 19 Jahre alten Mannschaft von St Mirren in die erste schottische Liga aufgestiegen und hatte mit Aberdeen drei Meistertitel, fünf nationale Pokale in Schottland und den Europapokal der Pokalsieger gegen Real Madrid gewonnen.

Mit Ferguson waren also große Hoffnungen nach Manchester gekommen. Diese hatten sich in den ersten drei Jahren seiner Amtszeit allerdings nicht so erfüllt, wie die meisten Fans es erwartet hatten. Im Herbst 1989 eskalierte die Situation dann. Acht Ligaspiele in Folge ohne Sieg hatten die Red Devils auf Platz 15 in der Tabelle absinken lassen.

Ein tristes 0:0 gegen die Queens Park Rangers am Neujahrstag hatten in Old Trafford nur 34.000 Zuschauer sehen wollen, und viele von ihnen beteiligten sich an "Fergie Out!"-Sprechchören. Transparente forderten ihn zum Rücktritt auf. Da kam das Pokalspiel bei Nottingham Forest nicht gelegen. Im Ligapokal war United bereits sang- und klanglos ausgeschieden, mit einer 0:3-Heimniederlage gegen Tottenham Hotspur. In den Europapokalen durften englische Teams in diesen Jahren ohnehin als Spätfolge der Heysel-Katastrophe nicht mitspielen, so dass nur ein Sieg im City Ground von Nottingham zwischen United und einer zweiten Saisonhälfte, in der es nur noch Abstiegskampf geben würde, lag.

Und dann kam Mark Robins... 

Im City Ground war der winterliche Rasen auf großen Teilen des Platzes nur sehr schwer bespielbar, und so sah der Fußball dann auch aus - mit Ausnahme des entscheidenden Spielzuges: Uniteds Linksverteidiger Lee Martin setzte sich an der Außenlinie durch und passte in die Mitte auf Mark Hughes, der viel Platz hatte und eine tolle Außenristhereingabe in den Strafraum brachte.

Dort hatte sich der 20-jährige Mark Robins, von Ferguson als 16-Jähriger in die Jugendmannschaft geholt, von Stuart Pearce gelöst und köpfte den Ball etwas ungelenk in die linke Ecke des Forest-Tores. Ferguson selbst bemerkte später trocken, wenn Pearce den jungen Stürmer nicht geschubst hätte, wäre der Ball gar nicht aufs Tor gekommen.

Robins, dessen erst drittes Saisonspiel über 90 Minuten der Pokalfight war, nahm das mit Humor. Gedankt habe ihm Ferguson nie für das Tor, erzählte er später der BBC. Aber er habe schließlich auch nur seinen Job gemacht, für den der Coach ihn aufgestellt habe.

Ferguson muss lange zittern 

Die Spekulationen über mögliche Nachfolger für Ferguson hörten dennoch nicht auf. Howard Kendall, Evertons ehemaliger Meistertrainer und im Januar 1990 bei Manchester City, wurde ebenso gehandelt wie Terry Venables, dessen Spurs zweimal in kurzer Folge in Old Trafford gewonnen hatten. Die folgenden beiden Ligaspiele gingen ebenfalls verloren, und es sollte bis Mitte Februar dauern, ehe die Red Devils wieder die volle Punktzahl holten.

Erst im März und April gelang eine Serie, die die Abstiegsgefahr in den Hintergrund drängte, mit vier Siegen in Folge, in denen Mark Robins übrigens fünf Tore erzielte. Im Pokal zitterte sich Fergusons Team derweil in der nächsten Runde zu einem 1:0 beim Viertligisten Hereford United, aber erreichte schließlich das Endspiel gegen Crystal Palace, das die Mannschaft im Replay gewann. Es war der erste Titel für Alex Ferguson mit Manchester United, dem in der folgenden Saison der Europapokal der Pokalsieger folgte, den Mark Hughes mit seinen Toren gegen Ex-Club Barcelona in Rotterdam sicher stellte.

Mit Gründung der Premier League beginnt der Höhenflug 

1992 holte United die Vizemeisterschaft, nach Platz 13 1990 und Platz sechs 1991. 1993 wurde die Premier League gegründet, die die Red Devils gleich in der ersten Saison gewannen. Im Folgenden sollte der Club nie mehr unter Platz drei in der Abschlusstabelle landen. Das lag nicht zuletzt daran, dass die zweite Generation von jungen Spielern, denen Ferguson vertraute, eine Goldene werden sollte, mit David Beckham, Ryan Giggs, Paul Scholes und den Neville-Brüdern.

Aus der ersten Generation war Mark Robins ein Jahr vor dem ersten Meistertitel zu Norwich City gewechselt. Er spielte in 13 Jahren für 12 verschiedene Clubs, bevor er seine Karriere beendete: United, Norwich, Leicester City, FC Kopenhagen, Reading, Ourense, Panionios, Manchester City, Walsall, Rotherham United, Bristol City, Sheffield Wednesday und Burton Albion. Als Trainer versuchte er sein Glück in South Yorkshire bei Rotherham United und Barnsley - ohne großen Erfolg.

Ferguson sammelte derweil seine 37 Titel ein. Gedankt hat er Robins nie - aber ob er mal an ihn gedacht hat? In seiner 1999 erschienenen Autobiographie gab der Manager zu, vor dem Spiel in Nottingham echte Sorgen um seinen Job gehabt zu haben.

Uniteds damaliger Präsident Martin Edwards und Bobby Charlton haben im Nachhinein immer behauptet, Fergusons Job sei nie in Gefahr gewesen - auch, wenn er damals in Nottingham verloren hätte. Aber warum sollten sie aus heutiger Sicht auch etwas anderes sagen? Geschichte wird auch im Fußball von Gewinnern geschrieben.

Daniel Raecke 

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