Sechs Pflichtspiele hat Manuel Neuer jetzt für die Bayern absolviert. Eines im Pokal, zwei in der Champions-League-Qualifikation und drei in der Bundesliga. Ein einziges Gegentor hat der Torwart dabei hinnehmen müssen - das 0:1 gegen Borussia Mönchengladbach gleich zu Beginn der neuen Saison. Das ist eine glänzende Bilanz, die sich zunächst mal sehr gut liest. Fakt ist aber auch: Der Nationaltorhüter bekommt, anders als noch auf Schalke, bei seinem neuen Arbeitgeber viel weniger auf seinen Kasten. Das ist nun mal bei den Bayern so. Trotzdem sollte sich ein Torwart von Weltklasseformat, als solcher wird Neuer landauf, landab ja bezeichnet, natürlich auch hinter einem kompakten Defensivverbund regelmäßig auszeichnen. Diesbezüglich gibt es beim 25-jährigen "Fußballer des Jahres" Nachholbedarf. Neuer macht Fehler. Wir haben mal etwas genauer hingeschaut - und verraten jetzt schon: Der Torwart ist beim FC Bayern noch nicht angekommen.
Pokal, 1. Runde: Eintracht Braunschweig gegen Bayern München 0:3
Neuer bekommt im lockeren Trainingsspielchen gegen den Zweitligisten wenig bis gar nichts auf seinen Kasten. Mitte der zweiten Hälfte fliegt der Torwart dann unter einer Hereingabe vom rechten Flügel hindurch. Der Ex-Schalker hat in dieser Szene Dusel, weil Braunschweigs Kumbela mit diesem Fauxpas nicht gerechnet hat und den Ball nicht kontrollieren kann. Wenig später patzt Neuer sogar mit dem Fuß, was bei ihm so gut wie nie vorkommt.
Bundesliga, 1. Spieltag: Bayern München gegen Borussia Mönchengladbach 0:1
Ausgerechnet bei seiner Bundesliga-Heimpremiere in der Allianz-Arena vermiest Neuer seinen Bayern den Saisonstart. Beim Gegentor von Gladbachs De Camargo verschätzt sich der Keeper beim Herauslaufen und faustet an der Strafraumgrenze an einem langen Ball vorbei. Sein Fehler entscheidet die Partie.
Bundesliga, 2. Spieltag: VfL Wolfsburg gegen Bayern München 0:1
In Erinnerung bleibt eine gute und spektakuläre Kopfballabwehr vor dem Strafraum kurz vor der Pause. Aber auch gegen Wolfsburg gibt es eine Szene, in der Neuer schlecht aussieht. Patrick Helmes köpft die Wölfe in der ersten Halbzeit eigentlich in Führung, doch der Schiedsrichter entscheidet zu Unrecht auf Abseits. Es ist ein Ball aus ganz spitzem Winkel, der im Torwarteck einschlägt. Das ist Neuers Ecke!
Champions-League-Qualifikation, Hinspiel: Bayern München gegen den FC Zürich 2:0
Neuer wird gegen die harmlosen Schweizer nicht einmal ernsthaft geprüft. Seine Abwürfe und Abstöße sind präzise. Sämtliche hohen Bälle pflückt er souverän herunter. An dieser Leistung gibt es nichts zu meckern.
Bundesliga, 3. Spieltag: Bayern München gegen den HSV 5:0
Dasselbe Spielchen gegen den erbärmlichen HSV, der dem Goalie keine Chance gibt, sich auszuzeichnen. Neuers größte Leistung besteht darin, nicht wegzunicken.
Champions-League-Qualifikation, Rückspiel: FC Zürich gegen Bayern München 0:1
Auf zwei fehlerfreie Spiele folgt im Rematch im Letzigrund wieder so ein durchwachsener Auftritt von Neuer, der symptomatisch für die Mehrzahl seiner in dieser Saison bisher gezeigten Leistungen steht: Nach zehn Minuten segelt er an einer Flanke vorbei. Seine Abstöße landen nur selten beim Mitspieler. Der Torwart irrlichtert auch wieder durch den Strafraum. Die übermotivierten Ausflüge sind nie ohne Risiko.
Manuel Neuer wird für den FC Bayern noch viele Spiele gewinnen. Seine Fähigkeiten sind herausragend. Das ist unbestritten. Bisher konnte er sein exzellentes Torwartspiel bei seinem neuen Club aber noch nicht unter Beweis stellen.
Was könnte sein Problem sein? Vielleicht ist es die Umstellung. Schalke und München sind zwei verschiedene Welten. Das Umfeld bei den Bayern ist schwierig, die Erwartungshaltung an Neuer, zumal bei dieser Transfersumme, enorm. Gut möglich, dass dem Keeper aber auch die absurde Ultra-Geschichte mehr zusetzt, als er zugeben will. Eine Fan-Gruppierung hatten ihm vor Beginn der neuen Saison Spielregeln diktiert, denen Neuer sich zu unterwerfen habe. Was auch immer es ist: Bayern neuer Torwart muss sich steigern. Er muss seine Souveränität wiederfinden. Möglichst schnell.