Morde und Plünderungen in Salvador So ist die Lage im deutschen WM-Spielort

Salvador da Bahía ist bekannt für seine hohe Kriminalitätsrate. Nun wurden während eines Polizeistreiks 41 Menschen ermordert. Zur WM soll die Polizeipräsenz deutlich verstärkt werden.

Der Alltag ist zurück in Salvador da Bahía. Der Alltag, das heißt: Nur drei Mordopfer pro Tag statt 13. Nur einige hundert Raubüberfälle, Schießereien, Einbrüche statt der tausenden der vergangenen Tage. Auch die Busse fahren wieder. Die Menschen trauen sich auf die Straßen. Die Schulen werden nach den Feiertagen wieder öffnen.

Das Wichtigste: Die Polizisten arbeiten wieder. Ihr Streik ist beendet. Das Militär ist dennoch erst einmal geblieben. 2500 Soldaten und 500 Elitepolizisten patrouillieren in der Stadt der "ewigen Schönheit".

83 Tote in der Region

Während der 40 Stunden des Polizistenstreiks gab es 41 Tote allein im Großraum Salvador. Zählt man die Region Feira de Santana dazu, sogar 83. Ein Sprecher der Regierung des Bundesstaates sagte zur Zahl der Todesopfer den markanten Satz, sie sei "ein gutes Stück höher als normal, aber nicht absurd hoch". Vor zwei Jahren waren während eines zwölftägigen Polizeistreiks in Salvador da Bahía 157 Menschen getötet worden.

Die Ereignisse von Salvador sind das Ergebnis eines wieder kehrenden, zynischen Machtkampfes: Polizisten in Brasilien verdienen zu wenig. Sie nutzen Großereignisse wie die Weltmeisterschaft und legen die Arbeit nieder. Die Situation eskaliert. Panik bricht aus. Die Mordrate geht hoch. Die Politik lenkt ein. Der Streik wird beendet. Und 41 Menschen sind tot.

Welle der Gewalt schreckt Besucher ab

Salvador da Bahia (2,9 Millionen Einwohner) ist Brasiliens drittgrößte Stadt, bekannt für Camdomblé und Karneval, für ihre afrikanischen Wurzeln und die Musik Caetano Velosos und Gilberto Gils. Der Schriftsteller Jorge Amado nannte die ehemalige Hauptstadt Brasiliens die Stadt der "ewigen Schönheit".

Salvador galt lange als Geheimtipp für Touristen, als die Seele Brasiliens, anders als Rio nicht das Schaufenster des Landes, dafür die Wiege der Kultur und Geschichte. Seit Jahren jedoch schreckt die Welle der Gewalt Besucher ab. Zwischen 2000 und 2010 erhöhte sich die Zahl der Morde um 400 Prozent. Die Sicherheitsbehörden verteilen bei ihrer Fahndung inzwischen Kartenspiele mit den Köpfen der schlimmsten Kriminellen. Die New York Times verpasste der Stadt den Titel "Mordhauptstadt Brasiliens".

Drei Vorfälle haben die Stadt besonders schockiert: Der brutale Mord eines italienischen Hotelbesitzers. Der Tod eines 15-jährigen Touristen im Zentrum der Stadt, getroffen von einer Pistolenkugel. Und der Tod zweier Brüder auf einem Motorrad. Sie wurden von dem wütenden Fahrer eines Geländewagens kurzerhand an die Wand gedrückt. Auch die Enthauptung von Opfern nimmt zu. 80 Prozent der Morde gehen auf Drogenkriege zurück.

Sicherheitshinweise für Touristen

Am 16. Juni ist Salvador Austragungsort des ersten deutschen WM-Spiels gegen Portugal. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel wird dann erwartet. Für die Mannschaft bedeutet die Gewaltwelle erstmal: nichts. Sie hat ihr Quartier 400 Kilometer weiter südlich in der Nähe von Porto Seguro und wird zum Spiel einfliegen. Von der Stadt selber - wie auch von den anderen beiden Spielorten, Recife und Fortaleza - bekommen die Spieler so gut wie nichts zu sehen.

Auch deutsche Touristen müssen sich von der Gewaltwelle nicht abschrecken lassen. Die Polizeipräsenz wird während der WM sehr groß sein. Auf dem Pelourinho, der historischen Altstadt, Weltkulturerbe der Unesco, ist ständig eine Sondereinheit der Polizei unterwegs. Ansonsten gelten die für Brasilien üblichen Sicherheitshinweise: Möglichst ohne Schmuck und Taschen unterwegs sein. Nur mit etwas Bargeld in den Hosentaschen. Und nicht allein in der Dunkelheit.

Von Jan-Christoph Wiechmann, Rio de Janeiro

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