Runder Geburtstag Jupp Derwall wird 80

1980 führte er die deutsche Nationalmannschaft als Trainer zum EM-Titel und sicherte Galatasaray Istanbul mehr als einmal die Meisterschaft. An seinem Geburtstag blickt der Bundesverdienstkreuzträger zufrieden auf seine Erfolge zurück.

Jupp Derwall kann gut damit leben, dass er fast in Vergessenheit geraten ist. "Ich brauche den ganzen Rummel nicht. Das war nie mein Temperament", sagte der ehemalige Fußball-Bundestrainer, der seinen 80. Geburtstag feiert. Das Feiern runder Geburtstage in großem Stil hatte sich der in Würselen geborene Rheinländer schon zum 70. und 75. Jubelfest verbeten.

So wird er sich wieder aus dem schmucken Eigenheim in seinem saarländischen Wohnort St. Ingbert entfernen und mit seiner Schweizer Ehefrau Elisabeth, mit der er seit 1963 verheiratet ist, den Kindern Manuela und Patrick sowie den vier Enkelkindern seinen Ehrentag im engsten Familienkreis begehen. "Irgendwo zwischen Bayern und Schleswig-Holstein", witzelt Derwall verschmitzt. Das Fachmagazin "Kicker"“, für das er bisweilen noch als Kolumnist deutscher Länderspiele tätig ist, weiß Genaueres: Im Schwarzwald.

Europameister 1980

Unauffälligkeit war auch eine der Eigenschaften, die der zweimalige Nationalspieler von Fortuna Düsseldorf als Trainer an den Tag legte. Vorwiegend bieder und bescheiden repräsentierte der seiner weiß-grauen Haarpracht wegen mit dem vom Trainer-Kollegen Max Merkel erfundenen Spitznamen "Häuptling Silberlocke" Titulierte ein Stück deutscher Gemütlichkeit. So richtig ungemütlich oder gar böse konnte man den auf Harmonie bedachten Menschen Derwall fast nie erleben.

Anders als sein langjähriger Chef Helmut Schön, der sich nach medialen Kritiken gelegentlich in den Schmollwinkel zurückzog, ließ sich Derwall zumindest nach außen hin seine Verletzlichkeit kaum anmerken. Mangelnde Fachkompetenz und fehlende Qualitäten in Menschenführung wurde ihm sogar nach seinem zweitbesten Vorzeige-Resultat, der Vize-Weltmeisterschaft nach dem 1982 mit 1:3 in Madrid gegen Italien verlorenen WM-Finale, vorgeworfen. Sein größter Erfolg war der Gewinn der Europameisterschaft 1980 in Italien, als sein Lieblingsspieler Horst Hrubesch ("Ein richtiger Kerl, der seine Mitspieler auch angefeuert hat") beide Tore zum 2:1-Finalsieg gegen Belgien erzielte.

Derwall: "WM in Deutschland war eine tolle Sache"

Das ist Geschichte. Zum Tagesgeschäft Fußball ist Derwall längst auf Distanz gegangen, auch wenn er gelegentlich Telefonkontakt "zu den wichtigsten DFB-Leuten" wie DFB-Präsident Theo Zwanziger, Ehrenpräsident Egidius Braun oder Generalsekretär Horst R. Schmidt unterhält. Fußballspiele sieht sich der Ex-Bundestrainer nur noch im Fernsehen an. "Länderspiele oder Spiele der Champions League verfolge ich natürlich. Die WM in Deutschland mit der Euphorie des Volkes und der Auftritt der deutschen Elf war eine ganz tolle Sache", sagt Derwall, der nach sechsjähriger Tätigkeit als Schön-Nachfolger nach der misslungenen Europameisterschaft 1984 seinen Abschied eingereicht hatte.

Seine Frustration wurde in der Türkei geheilt. Als am Bosporus gefeierter "Pascha" holte er mit Galatasaray Istanbul zwei Mal die Meisterschaft und einmal den Pokal. Anschließend wurde er Berater des türkischen Fußball-Verbandes und später mit der Ehrendoktorwürde der Universität Ankara ausgezeichnet. Auch das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse trägt er mit Stolz und der Gelassenheit des Alters. Derwall: "Ich bin mit mir im Reinen."

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Reinhard Schwarz/DPA

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