Steaua Bukarest Eine Legende mit verrücktem Chef

Von Jens Fischer, München
Einst international gefürchtet, jetzt sportlich am Boden: Bayern-Gegner Steaua Bukarest (ab 20.45 Uhr im Liveticker von stern.de) ist ein Schatten früherer Tage. Dorinel Munteanu, Trainer Steauas, versucht alles, die Erfolge bleiben aus. Das missfällt besonders seinem Chef - in Rumänien ist der umstritten wie kaum ein anderer.

Bei der abschließenden Pressekonferenz war er kaum wiederzuerkennen. Dorinel Munteanu, einst renommierter Bundesliga-Spieler beim VfL Wolfsburg und dem 1. FC Köln, wirkt als Trainer von Steaua Bukarest gestresst, das Glück hat ihn verlassen. Seit zwölf Spielen ist seine Mannschaft, Gegner des FC Bayern München in der Champions League, ohne Sieg. Eine lange Leidenszeit, die Munteanu am späten Montagabend in München gealtert erschienen ließ. Der Druck, der in der Heimat auf ihm lastet, ist immens - man sieht es ihm deutlich an. "Das wird eine sehr schwere Aufgabe für uns", erzählt er den anwesenden Journalisten. "Ich hoffe, dass wir ein gutes Spiel machen werden. Wir haben großen Respekt, aber keine Angst."

Ein Lächeln ist Munteanu bei diesen Worten kaum zu entlocken. Denn der "FC Bayern Rumäniens" (Munteanu) durchlebt eine schwere Zeit. Einst internationaler Trophäenjäger und auf europäischer Bühne beinahe legendär, liegt Steaua Bukarest mittlerweile sportlich am Boden. Ein mickriges Pünktchen haben sie bislang in der Vorrunde der Champions League auf dem Konto, selbst die Aussichten auf den dritten Platz und damit die Teilnahme am Uefa-Cup sind auf ein Minimum geschrumpft. "Meine Spieler machen eine schwere Zeit durch, das ist alles nicht so einfach", verdeutlicht der 40-jährige Trainer.

Bei Steaua liegen die Nerven blank

Auf einem schwachen fünften Rang steht Steaua in der heimischen Liga. Indiskutabel, kein Wunder, dass da die Nerven bei Spielern und Verantwortlichen blank liegen. So haben die Spieler jüngst zu einem Presseboykott aufgerufen. Sie fühlen sich schlecht behandelt und missverständlich zitiert. Eine Maßnahme, die die schwachen Leistungen Steauas, mittlerweile ohne Stars in der Truppe, nur bedingt in einem besseren Licht erscheinen lässt.

Einer allerdings, der in Bukarest im Hintergrund die Fäden zieht, hat sich nach wie vor der Realität verschlossen. George "Bici" Becali ist ein Mann, der provoziert, man liebt ihn oder hasst ihn. Becali ist Unternehmer, Parteifunktionär und nebenbei Eigentümer von Steaua. Er hat eine Karriere hingelegt vom einfachen Schweinebauern zu einem der reichsten Männer Rumäniens. Becali provoziert als Führer der Partei "Neue Generation" mit einem kruden Ideologiemix aus konservativen, rechtsradikalen und religiös orthodoxen Inhalten. "Ich habe die heilige Verpflichtung, Rumänien zu führen und zu retten", hat er einmal gesagt und kommt mit derartigen Parolen besonders bei der Unterschicht Rumäniens bestens an.

Becali als Jesus gemalt

Von Becali gibt es die Geschichte, dass er das Gemälde "Das letzte Abendmahl" von Leonardo da Vinci hat nachmalen lassen, auf dem er als Jesus dargestellt wird, umgeben von seinen Jüngern, in diesem Fall den Spielern und Trainern Steauas.

Becali ist keiner, der Misserfolg duldet. Seinen Spielern zahlt er für rumänische Verhältnisse astronomische Gehälter, dafür will er Leistung sehen. An der hapert es gerade in den letzten Monaten. Munteanus Vorgänger Marius Lacatus wurde nach anhaltender Pleitenserie vor einigen Wochen gefeuert, jetzt muss es Munteanu richten. Am besten gleich in München - nicht das leichteste Vorhaben.

Munteanu: Deutschland ist zweite Heimat

Das weiß auch der neue Trainer, während er in den Katakomben der Münchner Allianz Arena sitzt. Daher flüchtet sich Munteanu, dessen Familie nach wie vor in Deutschland lebt, auch schnell in persönliche Wohlfühl-Dimensionen. "Deutschland ist meine zweite Heimat", erzählt er dann. "Es ist ein schönes Gefühl, ich komme immer wieder gerne hierher."

Unter Christoph Daum habe er während seiner Trainerausbildung hospitiert und dabei jede Menge Wichtiges gelernt. Was Munteanu bei seinem historischen Exkurs verschweigt: 14 Mal hat er als Spieler mit Wolfsburg und Köln gegen die Bayern gespielt und dabei lediglich zwei Siege ein gefahren. Dass sich an dieser Schreckensbilanz Munteanus am Dienstagabend etwas ändern wird, scheint nicht gerade wahrscheinlich.

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