Der VfB Stuttgart hat ziemlich schnell und konsequent reagiert: Der Verein, aktuell Tabellenführer in der 2. Bundesliga, hat auf einer Pressekonferenz durch Manager Jan Schindelmeiser bestätigt, was zahlreiche Medien schon vorher vermeldet hatten: Der VfB hat den Vertrag mit Kevin Großkreutz "einvernehmlich" aufgelöst. Großkreutz ist ab jetzt vereinslos. Der zweite Paukenschlag folgte kurz danach. Der 28-jährige Weltmeister entschuldigte sich unter Tränen bei seiner Familie, dem Verein und den Fans. Und er kündigte an: "Ich werde jetzt erst mal ruhiger machen, möchte mit dem Profifußball erst mal nichts mehr zu tun haben." Das saß.
Im Netz laufen die Fans seitdem Sturm gegen die rigorose Entscheidung des Vereins - und das zu recht. Der Rauswurf ist menschlich wie sportlich nicht nachzuvollziehen.
Man darf den Vorfall nicht bagatellisieren
Das heißt nicht, dass man den entgleisten Party-Exzess des früheren Dortmunders bagatellisieren sollte. Im Gegenteil: Ein erfahrener Fußball-Profi und frischgebackender Familienvater, der im Rampenlicht steht, sollte für einen solchen Vorfall ordentlich zur Rechenschaft gezogen werden, zumal es nicht der erste akoholbedingte Aussetzer ist. Großkreutz war diesmal mit Jugendspielern betrunken durch die Gegend gezogen und in eine Schlägerei geraten. Die war so heftig, dass er im Krankenhaus behandelt werden musste. Es hätte noch schlimmer ausgehen können. Zudem berichtet die "Bild"-Zeitung von weiteren Verfehlungen. Auch Schindelmeiser sagte nur: "Es sind Dinge vorgefallen, die ich nicht im Einzelnen artikulieren möchte."
DFB hielt einst zu Kevin Großkreutz
Trotz der Schwere der Vorfälle hätten andere Maßnahmen zur Verfügung gestanden. Geldstrafe, eine zeitliche begrenzte Verbannung zur Nachwuchsmannschaft, zusätzliche Wohltätigskeitsauftritte - Beispiele, wie man mit Skandalen umgeht, gibt es genug. Beim DFB hielt man einst zu Großkreutz, nachdem er volltrunken in eine Hotelhalle uriniert hatte. Es gab ein klares Statement und die Sache war erledigt. Er wurde nicht aus der Nationalmannschaft verbannt. Man erinnere sich an den Umgang des FC Bayern mit Franck Ribéry, als dieser angeklagt wurde, mit einer minderjährigen Prostituierten verkehrt zu haben. Im Falle einer Verurteilung hätten die Bayern ihrem Star den Laufpass gegeben, das ist sicher. Doch bis zum Prozess hielt der FC Bayern zu seinem Spieler. Die Affäre endete mit einem Freispruch des Franzosen.
Leider hat sich der VfB Stuttgart für die harte Variante im Umgang mit seinem Spieler entschieden. Den Aufstieg im Blick will der Verein keine unnötige Unruhe zulassen. Den sportlichen Verlust nimmt man in Kauf, obwohl Trainer Hannes Wolff Großkreutz am Donnerstag noch in Schutz genommen hatte. Die Klubführung um Präsident Wolfgang Dietrich und Manager Jan Schindelmeiser war offensichtlich anderer Meinung. Für Typen mit Ecken und Kanten wie Großkreutz, die das genaue Gegenteil des angepassten Profis darstellen, ist kein Platz bei den Schwaben.