Vor dem Spiel um Platz 3 Große Euphorie vor "kleinem Finale"

Fußball-Fans im ganzen Land fiebern dem letzten WM-Spiel der deutschen Elf in Stuttgart entgegen. Gegen Portugal spielt die Klinsmann-Elf um Platz 3 - allerdings ohne Ballack, Mertesacker und Friedrich.

Einen besonders hohen Ansturm erlebte Stuttgart, wo um 21.00 Uhr das Spiel zwischen der deutschen Elf und Portugal um den dritten Platz beginnen sollte. In schwarz-rot-goldener Fan-Kleidung oder Bemalung liefen die Fußball-Anhänger singend und Fahnen schwenkend durch die Stadt. Auch viele Anhänger der portugiesischen Nationalmannschaft trugen mit Trikots und Emblemen zum bunten Bild und der ausgelassenen Atmosphäre bei. Ein Polizeisprecher sprach von einer "sehr positiven Stimmung", alle deutschen Fans hofften auf einen Sieg. Von Schaulustigen belagert war den ganzen Tag über das Hotel der deutschen Mannschaft unweit des Bahnhofs, wo ihr bereits am Freitagabend ein begeisterter Empfang bereitet worden war. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zeigte sich überzeugt, dass die am Sonntag zu Ende gehende WM das Ansehen Deutschlands in der Welt nachhaltig verbessert habe. Die Bundesbürger selbst zeigten sich in einer Umfrage hoch zufrieden mit dem Event.

Beim Spiel um Platz Drei muss Bundestrainer Jürgen Klinsmann gegen Portugal auf seinen angeschlagenen Kapitän Michael Ballack und die beiden verletzten Verteidiger Per Mertesacker und Arne Friedrich verzichten. Oliver Kahn soll dafür ins Tor zurückkehren. Im Endspiel stehen sich am Sonntag im Berliner Olympiastadion Italien und Frankreich gegenüber.

"Weltmeister der Herzen"

"Stuttgart ist viel schöner als Berlin", riefen die Fans in der baden-württembergischen Landeshauptstadt in Anspielung auf das verpasste Finale. Andere sagten der Mannschaft auf Plakaten schlicht "Danke für vier tolle Wochen" oder zeigten sich stolz über das kämpferische deutsche Team. Auch als "Weltmeister der Herzen" wurde die Klinsmann-Elf auf T-Shirts gefeiert.

Die Polizei in Stuttgart rechnete am Abend mit rund 70.000 Menschen, die das Spiel in der Innenstadt auf Großbildleinwänden ansehen wollten. Rund 40.000 Besuchern bietet das Areal auf dem Schlossplatz Platz. Auch in den anderen Städten setzten sich schon am Mittag die ersten Fans in Bewegung. Die Hamburger Polizei erwartete 60.000 Gäste, die auf dem Fifa-Fanfest Heiligengeistfeld und auf der Reeperbahn das Spiel verfolgen werden. Auf der größten deutschen Fanmeile in Berlin richteten sich Polizei und Veranstalter auf mehrere Zehntausend Gäste ein. Genügend Platz sollte die kürzlich erweiterte Fanmeile bieten.

Deutsche mit WM zufrieden

Hauptsorge bereitete den Veranstaltern das Wetter, da für den Abend Schauer und Gewitter in vielen Teilen Deutschlands vorhergesagt wurden. Am Freitagabend hatte das große Südafrika-Konzert auf der Fanmeile in Berlin wegen eines Unwetters abgesagt werden müssen. Dabei hatte eigentlich der Staffelstab der WM symbolisch an Südafrika als nächsten Austragungsort übergeben werden sollen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am Samstag nach einem Treffen mit dem südafrikanischen Staatspräsidenten Thabo Mbeki, sie freue sich auf den Gastgeber 2010. "Denn wir wissen, nach dem Spiel ist vor dem Spiel", scherzte die Kanzlerin.

Schäuble sagte in der "Bild am Sonntag" mit Blick auf die WM: "So ein positives Image hat unser Land selten gehabt." Das schwarz-rot-goldene Fahnenmeer wertete er als gutes Zeichen. "Befangenheit im Umgang mit Fahne und Hymne empfinden vielleicht Funktionäre der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, die normalen Menschen aber schon lange nicht mehr", sagte der CDU-Politiker. Der Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass sprach von einem "wunderbaren Nebenprodukt" der WM, dass die Deutschen "auf eine sehr einfallsreiche Art und Weise Flagge gezeigt" hätten. Die Fröhlichkeit, mit der Hunderttausende die Nationalfahne geschwenkt hätten, sei unverkrampft gewesen, sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Die Politik warnte Grass, auf der Welle mitzureiten und das Ganze zu stilisieren.

"Klinsmann muss bleiben!"

In einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Senders RTL gaben 68 Prozent der Befragten an, ihnen habe das Turnier "sehr gut" gefallen, 24 Prozent fanden es "gut". Nur ein geringer Anteil von drei Prozent fand die WM weniger oder überhaupt nicht gut (ein Prozent). 61 Prozent der Bundesbürger glauben, dass die positive Stimmung auch über die WM hinaus anhalten wird. Mit 92 Prozent ist eine überwältigende Mehrheit der Befragten der Ansicht, Klinsmann sollte Bundestrainer bleiben. Ein Klinsmann-Supporter-Club wollte auf den Fanfesten in Berlin und Stuttgart am Samstag T-Shirts anbieten mit der klaren Botschaft: "Klinsmann muss bleiben!"

DPA · Reuters
Reuters/DPA

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