Streit um "One Love"-Binde DFB attackiert Fifa: "Zensur" und "Machtdemonstration"

Reaktion auf Fifa-Verbot: "One Love"-Binde: "Es fühlt sich schon stark nach Zensur an"
Sehen Sie im Video: Reaktion auf Verbot von Armbinde – "Es fühlt sich schon stark nach Zensur an".




Bernd Neuendorf, DFB-Präsident: "Meine Damen und Herren, die Fifa hat heute eine Aussage für Diversität und Menschenrechte untersagt. Das sind Werte, zu denen sie sich in ihren eigenen Statuten verpflichtet. Das ist aus unserer Sicht mehr als frustrierend und auch ein beispielloser Vorgang in der WM-Geschichte, wie ich finde. Es handelt sich aus meiner Sicht um eine Machtdemonstration der Fifa. Sie hat uns klargemacht, dass wir mit sportlichen Konsequenzen bedroht werden, sollten wir der Aufforderung, die Binde nicht zu tragen, nicht nachkommen."


Oliver Bierhoff, DFB-Direktor: "Das Verhalten der Fifa ist natürlich frustrierend, auch für uns. Und diese Eskalation führt auch dazu, dass es eigentlich jetzt nicht mehr um den Sport geht. Und jetzt vor den Spielen wollen sich natürlich auch die anderen Nationen unmittelbar auf das Spiel vorbereiten. Das ist natürlich eine große Verärgerung da. Es fühlt sich schon stark nach Zensur an. Und man kann uns natürlich die Binde nehmen. Aber die Werte, für die wir stehen, die werden wir haben und die werden wir auch immer wieder zum Ausdruck bringen."
Das WM-Streitthema um die mehrfarbige "One Love"-Kapitänsbinde für mehrere europäische Nationen eskaliert. Wegen angedrohter Sanktionen verzichten Kapitän Manuel Neuer und der DFB. Der Verband kritisiert scharf.

Die Eskalation um die "One Love"-Kapitänsbinde der europäischen WM-Kapitäne um Manuel Neuer reichte weit über die Grenzen Katars hinaus. Die Fifa wollte die an der symbolträchtigen Kampagne beteiligten Verbände sportlich sanktionieren – wenn diese das "Eine Liebe"-Zeichen in die Welt schicken würden. Politischer kann diese WM kaum werden.

"Es handelt sich aus meiner Sicht um eine Machtdemonstration der Fifa", sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf am Montag am Trainingsplatz der deutschen Nationalmannschaft im Norden Katars. "Das ist aus unserer Sicht mehr als frustrierend und auch ein beispielloser Vorgang der WM-Geschichte." DFB-Geschäftsführer Oliver Bierhoff äußerte, es fühle sich "schon stark nach Zensur an".

DFB-Präsident: "Wir stehen zu unseren Werten"

Neben dem DFB verzichten wegen des massiven Fifa-Drucks auch die weiteren sieben europäischen Verbände auf die Kapitänsbinde. Der erste betroffene Profi war Englands Kapitän Harry Kane am Montagnachmittag im Spiel gegen Iran. Statt des Stürmers trug die ehemalige Nationalspielerin Alex Scott am Spielfeldrand bei einer Liveübertragung im englischen Fernsehen die "One Love"-Binde und wurde in den sozialen Medien gefeiert. "Das Verhalten der Fifa ist natürlich frustrierend, diese Eskalation führt auch dazu, dass es nicht mehr um den Sport geht", sagte Bierhoff.

Sportliche Sanktionen wie eine Gelbe Karte wegen des Tragens einer nicht regelkonformen Binde sind durch die Fifa-Statuten nicht eindeutig gedeckt. Den Verbänden war das Risiko am Ende zu hoch. "Wir wollen nicht, dass der Konflikt, den wir zweifellos haben, auf den Rücken der Spieler ausgetragen wird. Wir stehen zu unseren Werten", sagte Neuendorf. Bierhoff berichtete, es sei auch für Neuer "eine schwierige Situation. Wir sind beide ins Bett gegangen mit der Überzeugung, dass wir beim Spiel die Binde tragen können." Der DFB-Kapitän sei "natürlich enttäuscht".

Fifa droht mit Sanktionen bei Tragen der Binde

Die Fifa begründete das Verbot mit von allen Teilnehmern anerkannten WM-Regularien. Explizit hob der Verband in einer Mitteilung vom Montag den Artikel 13.8.1 der Ausrüstungsregeln hervor: "Für FIFA Final-Wettbewerbe muss der Kapitän jeder Mannschaft eine von der FIFA gestellte Armbinde tragen." Die FIFA unterstütze Kampagnen wie "One Love", aber dies müsse im Rahmen der allen bekannten Regeln erfolgen.

Nach DPA-Informationen steht auch der Regelparagraf für (verbotene) politische Botschaften im Fokus. "Bei einem Verstoß gegen diese Bestimmung wird der Spieler und/oder das Team  durch den Wettbewerbsorganisator, den nationalen Fußballverband oder die FIFA sanktioniert", heißt es in den internationalen Regeln. Inwieweit der streng muslimische WM-Gastgeber Katar in die Entscheidung involviert war, blieb am Montagmittag offen.

Die "One Love"-Kampagne war eine im September angekündigte gemeinsame Aktion der sieben jetzt mit Sanktionen bedrohten Teams und Frankreich sowie Norwegen und Schweden, die beide nicht für die WM qualifiziert sind.

DPA
rw

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