Am Ende hat er seinen großen Auftritt bekommen: Nach der Niederlage gegen Marokko verlässt Ronaldo den Rasen im Al-Thumama-Stadion in Doha, er läuft durch den Spielertunnel, er heult und hält sich sich die Hand vor das Gesicht. Ein Funktionär begleitet ihn auf dem Weg in die Kabine und tätschelt dem Unglücklichen zum Trost den Rücken. Kameraufnahmen, die schnell ihren Weg in die sozialen Medien fanden, zeigen die Szenen.
Es war der tränenreiche Abgang eines Superstars, der vermutlich seinen letzten großen Auftritt bei dieser WM in Katar hatte. Weiter als bis in das Viertelfinale ging es nicht, Ronaldo und Portugal verloren mit 0:1 gegen den Außenseiter aus dem Maghreb und sind ausgeschieden. Damit ist für Ronaldo die letzte Möglichkeit verstrichen, den größten Titel im Fußball überhaupt zu gewinnen.
Ronaldo wird keinen Topklub mehr finden
Ronaldo ist jetzt 37 Jahre alt, sein Vertrag bei Manchester United wurde aufgelöst, weil er sich nicht mit der Rolle als Ersatzspieler abfinden wollte. Er ist aktuell vereinslos. So wie es aussieht, wird er keinen großen Klub in Europa finden, der ihn für viel Geld kauft. Schon seine Versuche, im Sommer bei einem Topverein unterzukommen, scheiterten. Zuletzt gab es Gerüchte, dass Ronaldo zum saudischen Klub Al-Nassr wechselt, was der Superstar dementierte. Doch vermutlich wird er bei einem finanzstarken Verein wie Al-Nassr unterkommen, der sich viel vom Ruhm Ronaldos verspricht. Sportlich aber dürfte die Zeit Ronaldos abgelaufen sein.
Wie auch Neymar wollte Ronaldo seine Karriere mit dem WM-Titel krönen. Wie auch Neymar scheiterte er und vergoss viele Tränen nach dem Schlusspfiff. Dabei hat Ronaldo bis auf den WM-Titel alles erreicht, was man als Fußballer erreichen kann. Er ist Europameister, fünffacher Champions-League-Sieger, hat diverse Meistertitel und nationale Pokale gewonnen, Torrekorde gebrochen und war fünfmal Weltfußballer des Jahres. Viel mehr Ruhm kann man nicht einheimsen.
Jetzt sollte der WM-Titel hinzukommen, dabei war das Ziel von Anfang an eher vermessen, schließlich gehörte Portugal nicht zu den Topfavoriten. Vermessen war es auch, weil Ronaldo seinen sportlichen Zenit längst überschritten hat. Aber Ronaldo hat sich immer durch einen extremen Ehrgeiz ausgezeichnet, und durch ein sehr hohes Maß an Professionalität, was Mitspieler immer wieder bestätigten. Nur passt der Ehrgeiz nicht mehr ganz zur sportlichen Leistungsfähigkeit eines 37-Jährigen.
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Immer noch einer der größten Stars
Dennoch ist Ronaldo immer noch einer der größten Stars des Weltfußballs, vielleicht sogar der Größte. Als er in den Spielen gegen die Schweiz (im Achtelfinale) und gegen Marokko eingewechselt wurde, ging ein lautes Raunen und Gejohle durch die Stadien in Katar. Als er vor den Spielen auf der Ersatzbank Platz nahm, richteten sich die meisten Kameraobjektive auf Ronaldo und fingen seine demonstrativ zur Schau gestellte Leidensmiene ein. Theatralik und Geprotze gehörten immer schon zu ihm wie auch seine atemberaubende Fähigkeit, Tore auf die schönste Art wie am Fließband zu erzielen.
Jetzt also der Abgang ganz im Stile eines tragischen Helden. Das mag man "herzzerreißend" (wie viele Twitter-Nutzer die Aufnahmen kommentierten, auch ZDF-Moderatorin Kathrin Müller-Hohenstein zeigte sich ergriffen) finden oder nicht. Tatsache ist: Ronaldo war und ist immer für eine große Show gut.