Anni rennt. Schon den ganzen Winter lang. Aber nun ist die Saison fast zu Ende. Nur noch ein großer Wettkampf. Und wie so oft geht sie als Favoritin an den Start. Drei Titel will sie an diesem Wochenende bei der Einzel-Strecken-Weltmeisterschaft in Seoul verteidigen. Wie kaum eine andere Athletin verbindet die Olympiasiegerin Leistungssport, Erfolg und Erotik. Wenn Anni rennt, blicken ihr die Männer hinterher. Anni Friesinger weiß das - und spielt das Spiel gern mit. Während der Arbeit an ihrem Buch "Mein Leben. Mein Sport. Meine besten Fitness-Tipps", an dem stern-Redakteurin Alexandra Kraft mitgearbeitet hat, führten die beiden Frauen ein sehr offenes Gespräch.
Anni Friesinger
"Mein Leben. Mein Sport. Meine besten Fitness-Tipps", 160 Seiten, 17,90 Euro, erschienen im Verlag Mosaik bei Goldmann. ISBN-Nummer: 3442390591
Wo schaust du bei einem Mann zuerst hin?
Ins Gesicht. In die Augen. Augen können mich begeistern, verführen oder abstoßen.
Innere Werte sind ja schön und gut. Aber wohin geht dein Blick, wenn der Mann dir den Rücken zudreht?
Ganz klar: auf den Po. Der sollte knackig sein. So richtig was zum Anfassen. Der Po sollte nicht schlaff sein. Auch nicht flach, sondern rund. Schön hervorstehen sollte er. Ein bisschen wie bei Jennifer Lopez - nur eben die männliche Variante. Mit vielen Muskeln.
Dann ist Eisschnelllaufen ja ideal für dich. Sogar im Training rennst du ständig gut trainierten Männern hinterher, die dir ihren Po entgegenstrecken.
Stimmt. Und im Sommer trainieren die Jungs außerdem oft mit nacktem Oberkörper. Toll ist, wenn sie braun gebrannt sind. Ich mag auch erotische Fotos. Bilder, bei denen man nicht alles sieht, wo Fantasie gefragt ist. So etwas kann ein echter Genuss sein.
Eure Laufanzüge verbergen nur wenig. Schaust du bei den Jungs manchmal genauer hin?
Sicher. Ich laufe nicht mit einer Augenbinde rum. Eisschnelllaufen ist eine erotische Sportart. Das ist Eleganz, Dynamik und tolle Körper. Man kann viel erahnen, sieht es aber erst später richtig. Das ist die ideale Mischung, um neugierig zu machen.
Im Winter 2000 hast du dich für den stern erotisch fotografieren lassen. Du kommst aus einer katholischen Gegend und noch dazu aus einem kleinen Dorf. Hattest du keine Angst vor den Reaktionen?
Ein bisschen schon. Aber es wird ja auch ohne solche Fotos über mich geredet. Da macht so was im Grunde auch nichts mehr aus. Recht machen kann ich es ohnehin nicht jedem. Wichtig war mir, dass meine Familie damit einverstanden war und natürlich auch mein damaliger Freund.
Von deinen Konkurrentinnen wurdest du dafür belächelt. Tenor: "Die hat es aber nötig. Jetzt zieht sie sich auch noch aus." Und die Zeitungen schrieben, du seist ein "Glamour-Girl".
Das war teilweise schon verlogen. Einige, die das erst kritisiert haben, versuchten, später selbst auf den Zug aufzuspringen, und haben ähnliche Fotos machen lassen. Plötzlich wollten sie wohl von dem profitieren, was ich angestoßen hatte. Zum Vorwurf, ich sei nur ein Glamour-Girl, das von Talkshows zu Interviews flitzt, kann ich nur sagen: Schaut euch meine Laufzeiten und Erfolge an, dann seht ihr, was ich draufhabe.
Die Sponsoren sind jedoch sicher nicht nur wegen deiner guten Laufzeiten in der Randsportart Eisschnelllaufen auf dich aufmerksam geworden.
Das stimmt. Aber ich finde, dass alle meine Sponsorenverträge auch eine Belohnung für meine harte und gute Arbeit sind. Ich habe nie etwas absichtlich gemacht oder gesagt, um damit auf die Titelseiten zu kommen. Alles was ich von mir gebe, wie ich mich benehme, das bin ich. Ich habe überhaupt keine Lust, mich zu verstellen. Ich bin, wie ich bin. Entweder man nimmt mich so und mag mich, oder man lässt es bleiben - das ist dann aber auch nicht weiter schlimm.
Bei öffentlichen Auftritten geizt du nicht mit deinen Reizen: hier ein tiefer Ausschnitt, da ein Schlitz im Kleid. Spielst du ganz gern mal mit deiner erotischen Ausstrahlung?
Ich will nicht im Kartoffelsack herumlaufen. Dafür bin ich einfach zu jung. Warum soll man nicht zeigen, was man hat? Es sollte nur nicht billig wirken. Ich mag Mode, witzige Klamotten und Designerstücke. Ich muss mir selbst gefallen und mich wohlfühlen. Und natürlich setze ich auch meine Reize ein.
Gibt es für dich Grenzen?
Keine Geschichten für eine Nacht oder Ähnliches, denn dafür bin ich mir zu schade. Auch ist die Gefahr viel zu groß. Nicht wegen Krankheiten - davor kann ich mich schützen. Aber ich bin zu bekannt. Wie sollte ich wissen, ob ich nicht nur als Trophäe benutzt werde?
Welchen Typ Mann suchst du dir aus?
Meine Männer sehen alle ein bisschen wie Jim Morrison, der Sänger der Band "The Doors", aus.
Das ist eher ein ungewöhnlicher Geschmack für eine Bayerin. Warum ausgerechnet so wie er?
In dem Jahr, als mein Vater starb, habe ich die "Doors" und ihre Musik für mich entdeckt. Da gehört Jim Morrison dazu. Mein Vater hatte ein paar Scheiben von ihm. Als dann auch noch ein Film über die "Doors" in die Kinos kam, war das für mich wie eine Offenbarung. Ich habe viele Bücher gekauft, die Biografien über Jim Morrison und seine Gedichte. Nicht alles, was er geschrieben hat, spricht mich an. Aber er fasziniert mich als Mensch.
Was hatte er, was andere nicht haben?
Es ist seine Ausstrahlung. Dieses Düstere, seine schönen Augen, die Bewegungen. Seine Gefühle und Sehnsüchte, die er in den Songs ausdrückt.
Fassen wir zusammen: Männer, die du kennen lernen möchtest, müssen aussehen wie Jim Morrison, sich bewegen wie er und auch noch singen können - ein ziemlich hoher Anspruch!
Ganz so eng sehe ich es in Wirklichkeit nicht. Singen können müssen sie nicht. Aber jetzt im Ernst: Mir gefallen Männer, bei denen ich Ähnlichkeiten mit Morrison entdecke. Perfekt ist eine Mischung aus Morrison und meinem Vater. Ich messe meine Männer oft an meinem Vater. Es kommt mir keiner ins Haus, der diesem Vergleich nicht standhält.
Das engt die Auswahl aber sehr ein.
Ja, viele schaffen es nicht. Deshalb hatte ich bisher nur wenige Männer. Auch wenn mein Ruf in den Zeitungen ein anderer ist: Nur wenige haben es bisher in den erlauchten Kreis geschafft.
Gibt es etwas an Männern, das du überhaupt nicht leiden kannst?
Ich glaube, ich könnte mich nicht in einen Mann mit Bierbauch verlieben. Das ist einfach ein Symbol für Lebensauffassungen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Zu mir als Sportlerin würde das absolut nicht passen.
Hattest du deshalb in der Vergangenheit häufig Beziehungen zu Leistungssportlern? Weil sie in der Regel gut gebaut sind?
Vielleicht. Wenn es einmal kein Leistungssportler war, dann war er zumindest sportlich oder ehemaliger Athlet. Das ist wieder eine Frage der Lebenseinstellung. Mein Leben ist dem Sport untergeordnet. Das muss ich jemandem, der das nicht selbst kennt, erst mal mühsam erklären. Meistens gibt es dann Probleme, weil er das nicht akzeptieren will. Unter Leistungssportlern ist das viel einfacher. Die wissen, wie es läuft, wo die Prioritäten liegen. Man teilt dieselben Probleme und Sorgen, und man hat dieselben Ziele. Das verbindet.
Liebe ist auch eine Frage von Erotik und Sex. Welche Bedeutung hat Sex für dich in einer Beziehung?
Ich glaube, dass es Liebe ohne guten Sex nicht gibt. Dann würde etwas fehlen. Weil Sex auch nur schön ist, wenn man sich versteht und aufeinander eingeht. Und wenn das nicht mehr funktioniert, nur noch das geistige Band da ist, dann ist es zu wenig. Umgekehrt aber auch: Nur schöner Sex oder ein anziehender Körper reicht nicht aus. Man muss gemeinsame Visionen haben, sonst hat es keinen Sinn.
Wie kann eine Beziehung unter Leistungssportlern funktionieren? Beide trainieren hart, und beide sind ständig unterwegs. Das hält doch die beste Freundschaft kaum aus.
Das stimmt nicht. Meine Beziehungen sind selten zerbrochen, weil ich so viel unterwegs war oder so wenig Zeit hatte. Meistens passte da schon vorher etwas nicht. Gemerkt habe ich es dann, wenn ich am Flughafen stand und mir dachte: Der Abschied und die bevorstehende lange Trennung tun jetzt nicht mehr weh. Da ist keine Sehnsucht mehr. Dann war klar, die Beziehung ist gescheitert.
Hört sich kompromisslos an. Weinst du deinen Beziehungen keine Träne nach?
Doch, das tue ich. Ich weine und leide. Manchmal fliegen auch Sachen durchs Wohnzimmer.
Verliebst du dich schnell? Oder muss ein Mann dich im Wettstreit erobern?
Ich verliebe mich nicht schnell. Dagegen habe ich mittlerweile einen Schutzwall um mich herum gebaut. Ich bin einfach zu bekannt, als dass ich es mir leisten könnte, auf jemanden hereinzufallen. Ich will nicht die Erfahrung machen, dass plötzlich Details einer Liebschaft in den Zeitungen zu lesen sind.
Bist du bei einem Mann, der dir besonders gut gefiel, auch mal abgeblitzt?
Ja, so etwas bleibt niemandem erspart. Und das ist auch in Ordnung. Ich laufe keinem Mann hinterher. Das ist eines meiner ungeschriebenen Gesetze. Im Grunde will ich erobert werden, weil ich dann sicher bin, dass dem Mann etwas an mir liegt.
Wo beginnt Untreue für dich?
Eigentlich bei einem Kuss. Es sei denn, er war sturzbetrunken und wurde regelrecht angefallen, quasi zum Kuss gezwungen.
Bist du treu?
Absolut. Was ich nicht will, das mir der Partner antut, das tue ich ihm auch nicht an. Ich will nicht, dass mich jemand nach Strich und Faden hintergeht, mich enttäuscht und verletzt. Also mache ich es auch nicht. Ich will außerdem nicht teilen. Ich bin die Nummer eins. So sind die Regeln. Wenn er das nicht kann, dann sollte er lieber Single bleiben.
Liebe? Kinder? Einfamilienhaus? Hast du schon eine Vorstellung, wie du in zehn Jahren leben wirst?
Einen Masterplan habe ich nicht. Ich will aber unbedingt Kinder haben. Nicht nur ein Kind, sondern zwei. Heiraten will ich auf jeden Fall.
Findest du Heiraten nicht spießig? Du, die sagt, Rebellion sei mit das Wichtigste in ihrem Leben!
Ich wurde katholisch erzogen, also will ich diesen Bund auch vor der Kirche schließen.
Bist du in deinem tiefsten Inneren in Wahrheit eine Romantikerin?
Nein. Dafür bin ich zu ungeduldig. Ein Sonnenuntergang zum Beispiel dauert mir viel zu lang.