Ostdeutschland Stolpe will Lohnzuschüsse nicht nur für den Osten

Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe hat klargestellt, dass er seinen Vorstoß für staatlich geförderte Niedriglöhne nicht auf Ostdeutschland beschränken will, der DGB unterstützt seinen Vorstoß, der BDI ist gegen Sonderregelungen.

Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe hat klargestellt, dass er seinen Vorstoß für staatlich geförderte Niedriglöhne nicht auf Ostdeutschland beschränken will. "Ich bin weder für Sonderwirtschaftszonen, noch will ich von vornherein Niedriglohnsektoren für den Osten, allein für den Osten, festlegen", sagte er am Mittwoch im Bayerischen Rundfunk. Stattdessen befürwortete Stolpe bundesweite Lohnsubventionen zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit.

BDI gegen Sonderregelungen

Unterstützung erhielt der Minister vom DGB. BDI-Präsident Michael Rogowski sprach sich grundsätzlich gegen Sonderregelungen für Ostdeutschland aus. Regierungsberater Klaus von Dohnanyi bekräftigte seine Forderung nach einer speziellen Förderung ostdeutscher Wachstumskerne. In der "Leipziger Volkszeitung" (Donnerstagausgabe) forderte er, Gewerkschaften, Arbeitgeber und Staat sollten dazu "eine Art Aufbaupakt" schmieden.

"Wir dürfen nicht so tun, als ob wir alles schon gemacht hätten, sondern wir müssen nicht nur für das Gespräch über solche Themen, sondern auch für Experimente offen sein", sagte Stolpe. Den Vorschlag des sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt (CDU), zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit Lohnzuschüsse statt Sozialhilfe zu gewähren, bezeichnete er als "richtigen Kerngedanken".

DGB-Vize Engelen-Kefer unterstützt Vorstoß

DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer sagte der "Financial Times Deutschland", Stolpe habe Recht, wenn er Wege suche, wie Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit kämen. In diesem Zusammenhang müsse auch über gezielte Lohnkostenzuschüsse und Eingliederungshilfen geredet werden. Die Zuschüsse müssten aber zeitlich befristet werden.

Auch die hessische Sozialministerin Silke Lautenschläger äußerte sich zustimmend. "Ich freue mich, dass sich nun auch bei Herrn Stolpe die Erkenntnis durchgesetzt zu haben scheint, dass Deutschland dringend einen Niedriglohnsektor braucht", erklärte sie in Wiesbaden. Der Bundesregierung warf sie vor, einen solchen Schritt bislang blockiert zu haben.

BDI will lieber Reformen

BDI-Chef Rogowski plädierte für weitere Reformen statt Sonderregeln für den Osten. "Ich fürchte, dass sich hinter den schillernden Vokabeln wie 'Sonderwirtschaftszone' oder 'Niedriglohnsektor für den Osten' eher Scheindebatten verbergen", sagte er. "Die beste Aufbauhilfe für den Osten wäre, wenn Deutschland durch echte Reformen wirtschaftlich endlich wieder richtig in Fahrt käme." Ähnlich äußerte sich der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus. Statt eines Sonderprogramms Ost müsse mehr Flexibilität in ganz Deutschland geschaffen werden, sagte er im Südwestrundfunk.

FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper sprach sich dagegen für Sonderwirtschaftszonen zur Ankurbelung des Wachstums in Ostdeutschland aus. "Die Politik muss jetzt handeln", sagte sie in Berlin. In diesen Gebieten solle es Ausnahmen vom Bundesrecht, eine Lockerung des Kündigungsschutzes und Sonderregelungen bei der Ausbildungsvergütung geben. Pieper nannte einen Zeitraum von fünf Jahren, in dem die Regelungen in strukturschwachen Regionen gelten sollten.

Von Dohnanyi fordert Aufbaupakt für den Osten

In der Debatte um eine Neuausrichtung der Ost-Förderung hat sich unterdessen Regierungsberater Klaus von Dohnanyi für einen speziellen Aufbaupakt für Ostdeutschland ausgesprochen. Der SPD-Politiker sagte der "Leipziger Volkszeitung" (Donnerstagausgabe), Gewerkschaften, Arbeitgeber und Staat sollten "eine Art Aufbaupakt" schmieden. Nur so könnten die Rahmenbedingungen für die Stärkung so genannter Wachstumskerne geschaffen werden.

Von Dohnanyi forderte eine Entbürokratisierung und eine noch höhere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. Streiks, wie im Vorjahr um die 35-Stunden-Woche, könne Ostdeutschland nicht noch einmal verkraften. Zum Widerstand von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement gegen eine ostdeutschen Sonderwirtschaftszone sagte von Dohnanyi, das sei ein Missverständnis seiner Vorschläge. "Ich glaube, wir werden uns am Ende einig", fügte er hinzu.

"Industrielle Wachstumskerne"

Auch von Dohnanyis Kollege im Gesprächskreis Ost der Bundesregierung, Edgar Most, warb für die Konzentration auf industrielle Wachstumskerne. In der "Magdeburger Volksstimme" (Donnerstagausgabe) forderte Most, die Mittel aus dem Solidarpakt II größtenteils für eine neue Industriepolitik auszugeben, statt wie bisher nur für die Infrastruktur.

DPA