Eilverfahren Pin geht rechtlich gegen Mindestlohn vor

Der Post-Konkurrent Pin hat beim Bundeskartellamt ein Eilverfahren gegen den Tarifvertrag beantragt. Gleichzeitig wurde aus der Ankündigung der Massenentlassung bitterer Ernst - Pin trennt sich von vorerst 880 Mitarbeitern.

Der private Briefzusteller Pin Group hat beim Bundeskartellamt ein Eilverfahren gegen den Tarifvertrag zum Post-Mindestlohn beantragt. Nach Auffassung von Pin hat der zwischen dem AGV Postdienste und der Gewerkschaft Verdi vereinbarte Tarifvertrag wettbewerbsverhindernde Wirkung, wie das Unternehmen mitteilte. Daher müsse das Bundeskartellamt aus Sicht von Pin die gesetzliche Ausweitung des Vertrags auf die gesamte Branche über das Entsendegesetz zum 1. Januar 2008 untersagen.

Außerdem machte Pin seine Ankündigung wahr und meldete bei Arbeitsagenturen in Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Hessen und in Niedersachsen die Entlassung von 880 Mitarbeitern an. Zudem entbrannte die Debatte über eine Abschaffung des Mehrwertsteuerprivilegs der Deutschen Post neu.

Rund 20.000 Stellen sind bedroht

SPD und Union hatten sich vergangene Woche nach monatelangem Streit geeinigt, für Briefzusteller einen Mindestlohn von bis zu 9,80 Euro einzuführen. Ein entsprechender Tarifvertrag zwischen der Gewerkschaft Verdi und einem von der Post dominierten Arbeitgeberverband soll für alle Briefzusteller gelten. Der Post-Konkurrent Pin, der zu Europas führendem Zeitungskonzern Axel Springer gehört, hatte daraufhin die Entlassung von über 1000 Mitabeitern angekündigt.

Die Post-Konkurrenten hatten den genannten Mindestlohn von Anfang an als zu hoch kritisiert und von einer Gefahr für rund 20.000 Stellen gesprochen. Der Mindestlohn soll nach dem Wegfall des Postmonopols verhindern, dass Briefzusteller mit Dumpinglöhnen bezahlt werden.

Günther Thiel, Chef des Post-Konkurrenten Pin, sagte, mit weiteren Entlassungen sei zu rechnen. Derzeit werde die Situation in weiteren PIN-Gesellschaften geprüft. "Wir können uns in der kapitalintensiven Aufbauphase einen Blockadelohn von 9,80 Euro nicht leisten", sagte er zur Begründung. Hinzu komme, dass Pin im Gegensatz zur Deutschen Post auch nicht von der Mehrwertsteuer befreit sei.

Mehrwertsteuerbefreiung behindert Wettbewerb

Zum Mehrwertsteuerprivileg gibt Kartellamtschef Bernhard Heitzer indessen Schützenhilfe: "Der Wettbewerb auf dem Briefmarkt darf nicht noch stärker eingeschränkt werden, und die Mehrwertsteuerbefreiung der Post ist zweifellos ein Element, das den Wettbewerb stark behindert", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Eine kartellrechtliche Handhabe gegen den Mindestlohn habe sein Amt aber nicht. Der FDP-Finanzpolitiker Hermann Otto Solms forderte gleichfalls von der Regierung, die Benachteiligung der Post-Konkurrenten bei der Mehrwertsteuer zu korrigieren.

DGB-Chef Michael Sommer dagegen warf den Kritikern eine gezielt falsche und irreführende Argumentation vor. Wer, wie die Pin AG oder TNT, nur bei Dumpinglöhnen konkurrenzfähig sei, verfolge offenbar ein nicht tragfähiges Geschäftsmodell und versuche, Managementfehler durch Lohndrückerei auszugleichen. OECD-Volkswirt Felix Hüfner erklärte in Paris, wenn man schon einen Mindestlohn einführe, dann lieber allgemein als branchenspezifisch. Folgen für das deutsche Wachstum werde der neue Post-Mindestlohn nicht haben.

Niederlande verschiebt Öffnung des Postmarkts

Die Einigung der deutschen Regierung auf den Mindestlohn hat neben den Entlassungen weitere Auswirkungen. Die niederländische Regierung will die für Anfang 2008 geplante volle Öffnung des Postmarkts für den Wettbewerb verschieben. "Angesichts der Arbeitsbedingungen in den Niederlanden und Europa, vor allem in Deutschland, ist zuviel unklar", sagte der niederländische Wirtschaftsstaatssekretär Frank Heemskerk vor einem Parlamentsausschuss in Amsterdam. Er ließ erst einmal offen, wann der niederländische Briefmarkt vollständig geöffnet wird. Er geht aber davon aus, dass sich die Lage in der ersten Hälfte 2008 klären werde.

Die niederländische Post TNT, die auch auf dem deutschen Markt tätig ist, behält damit zunächst einmal ihr Monopol auf dem heimischen Markt für Briefe von bis zu 50 Gramm. Die Kurse ihrer Aktien zogen an.

DPA · Reuters
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