Erntehelfer Deutsche, nein danke!

Der Vorschlag einiger Politiker, deutsche Langzeitarbeitslose als Erntehelfer einzusetzen, stößt auf Widerstand. Besonders die Spargelbauern wollen weiter Saisonarbeiter aus Osteuropa beschäftigen - sie sind verlässlicher.

Ein Einsatz deutscher Langzeitarbeitsloser als Erntehelfer ist bei Politikern von Bund und Ländern umstritten. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Klaus Brandner, forderte die Bundesagentur für Arbeit (BA) in der "Financial Times Deutschland" (Mittwoch) auf, mehr Arbeitslose für Saisonarbeit etwa in der Landwirtschaft zu qualifizieren. Auch der CDU-Arbeitsmarktexperte Karl-Josef Laumann forderte in dem Blatt, mehr inländische Arbeitskräfte für solche Jobs einzusetzen: "Diese Arbeit ist zumutbar." Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hatte am Wochenende angekündigt, Erwerbslosen verstärkt Jobs in Landwirtschaft und Gastronomie zu vermitteln, die bislang ausschließlich Ausländer übernommen haben, etwa beim Spargelstechen. Brandenburg zählt wie Niedersachsen zu den größten Spargelanbaugebieten. Die der BA unterstellte Zentralstelle für Arbeitsvermittlung stellte 2004 rund 324.000 Arbeitserlaubnisse für Saisonarbeiter aus, davon 280.000 an Polen.

Bauernverband skeptisch

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, sagte bereits in der "Bild"-Zeitung, Trainingsprogramme mit der BA hätten gezeigt, dass die Mehrheit der einheimischen Erntehelfer unzuverlässig sei. "Seit der Einführung von Hartz IV gibt es zwar eine verstärkte Nachfrage, aber die meisten sind nicht in der Lage, die schwere Arbeit durchzuhalten, und melden sich krank."

Die Agarminister von Niedersachsen und Brandenburg sprachen sich gegen den Einsatz von Arbeitslosengeld-II-Empfängern als Erntehelfer aus. "In den vergangenen Jahren sind immer wieder Versuche gemacht worden, Langzeitarbeitslose für die Spargelsaison zu gewinnen", sagte der niedersächsische Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen (CDU) der "Berliner Zeitung" (Mittwoch). "Bis auf wenige Ausnahmen hat es nie funktioniert." Auch Brandenburgs Landwirtschaftsminister Dietmar Woidke (SPD) verwies auf schlechte Erfahrungen der Firmen: "Nach zwei, drei Tagen kam oft nur noch die Hälfte der Menschen zur Arbeit, weil die körperliche Beanspruchung sehr hoch ist."

Bessere Erfahrungen mit Ausländern

"Mit Saisonarbeitskräften aus dem Ausland haben unsere Betriebe bessere Erfahrungen gemacht." Er hoffe zwar, dass sich im Zuge von Hartz IV mehr Arbeitslose für Saisonarbeiten meldeten, sei aber skeptisch, ob ausländische Saisonarbeiter kurzfristig zu ersetzen seien. Die Arbeitsagenturen hätten vor der Ausstellung von Genehmigungen für ausländische Saisonarbeiter immer geprüft, ob nicht auch heimische Kräfte herangezogen werden könnten. "Dies gestaltete sich jedoch sehr schwierig", sagte Woidke.

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Thea Dückert, warnte in der "Financial Times Deutschland" vor einer falschen Botschaft: "Es ist hochproblematisch zu glauben, damit löse man die Langzeitarbeitslosigkeit." Der designierte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel äußerte sich ähnlich. "Das ist keine Strategie, um Massenarbeitslosigkeit zu senken", sagte der Arbeitsmarktexperte den "Stuttgarter Nachrichten" (Mittwoch).

Mehr Bewerber in der Gastronomie

Langzeitarbeitslose sind nach Einschätzung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) offenbar eher bereit, eine Tätigkeit in der Gastronomie aufzunehmen. "In Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit gibt es mehr Bewerber", sagte Dehoga-Arbeitsmarktexpertin Sandra Warden dem "Tagesspiegel". Es sei zwar noch kein allgemeiner Trend zu beobachten, aber zumindest eine vorsichtige Bewegung bei einigen Unternehmen in bestimmten Regionen. Die Expertin zeigte sich aber skeptisch, dass Arbeitslose gezwungen werden könnten, einen Job anzunehmen. "Wenn die Leute nicht motiviert sind, bringt das einem Betrieb nichts."

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