Manager-Gehälter Der Schuss ging nach hinten los

Angesichts ausufernder Selbstbedienungsmentalität bei Topmanagern plädieren Politiker und Wirtschaftswissenschaftler jetzt für eine Obergrenze, um die "bizarren Formen" der Vorstandsgehälter wieder einzudämmen.

Es war als kluger Schachzug gedacht, mit dem DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp die Gemüter im Streit um die Sparpläne bei DaimlerChrysler beruhigen wollte. Doch der Schuss ging nach hinten los. Anstatt die Wogen zu glätten, heizte Schrempps Angebot zum Gehaltsverzicht einen anderen Konflikt an - den seit langem schwelenden Streit um millionenschwere Vorstandsgehälter. Die Reaktionen auf Schrempps Angebot ließen nicht lange auf sich warten: Eine "Lachnummer" nannte der bayerische IG-Metall-Vorsitzende Werner Neugebauer den angebotenen Lohnverzicht im Bayerischen Rundfunk. Und auch SPD-Vize Ludwig Stiegler sprach von nichts als einer "symbolischen Geste".

"Bizarre Formen"

Dass der Selbstbedienungsmentalität bei einigen Top-Managern ein Riegel vorgeschoben werden sollte, fordern Wirtschaftswissenschaftler und -ethiker seit längerem. Zwar ist die Vorstandsentlohnung in Deutschland von Extremformen wie in den USA noch weit entfernt, wie der Hamburger Wirtschaftswissenschaftler Michael Adams betont. Und auch der Mittelstand sei von den Problematik nicht betroffen. In einigen Unternehmen - unter anderem auch bei DaimlerChrysler - hätten die Vorstandsgehälter jedoch "bizarre Formen" angenommen.

Dabei liegt Deutschland, was die Bezahlung von Topmanagern angeht, im internationalen Vergleich noch eher im unteren Bereich. So beziehen die Vorstandschefs der 500 größten US-Unternehmen Adams zufolge pro Nase durchschnittlich rund 8,6 Millionen Dollar (knapp 7 Millionen Euro) - exklusive Pensionsansprüche und zusätzlicher Vergütungen. In Großbritannien sind es den Angaben zufolge rund 4,6 Millionen Euro und in Frankreich rund 3,1 Millionen Euro. Dagegen nimmt sich Deutschland mit 2,6 Millionen Euro geradezu bescheiden aus.

"Kontrollversagen des Aufsichtsrates"

Doch auch in Deutschland verstärkt sich der Trend zu immer weiter ausufernden Vorstandsgehältern, wie Adams betont - für den Wirtschaftswissenschaftler ein Zeichen für ein "Kontrollversagen des Aufsichtsrates". Dessen Aufgabe sei schließlich, dafür zu sorgen, dass der Vorstand "auf dem Teppich bleibt und das Unternehmen nicht ausplündert".

Um für den Fall, dass dieser Kontrollmechanismus nicht greife, vorzusorgen, plädiert Adams - wie auch der frühere SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel - für eine Obergrenze. Wo diese liegen soll, darüber herrscht jedoch bei Politikern und Wirtschaftsexperten Uneinigkeit. Während Adams eine Obergrenze beim 150-fachen des Facharbeiterlohnes vorschlägt, will Vogel sie beim 100-fachen des Wertes anlegen. Der Wirtschaftsethiker Ulrich Thielemann von der Universität St.Gallen geht sogar noch darunter und will die Vorstandsbezüge schon beim 50-fachen des Facharbeiterlohnes deckeln.

Relikt aus den Zeiten der New Economy

Für Thielemann ist das derzeitige Niveau der Bezüge ein Relikt aus Zeiten der New Economy Ende der 90er Jahre, als die Vorstandsgehälter vom ehemals 30- auf das mittlerweile 200- bis 300-fache des Facharbeiterlohnes angestiegen seien. Damals habe sich angesichts enormer Wertsteigerungen bei den Managern der Irrglaube breit gemacht, "die Wertschöpfung der Unternehmen alleine erzeugt zu haben" - eine Überzeugung, die sich bis heute gehalten habe.

Wie der ehemalige Chef von Daimler-Benz Edzard Reuter plädiert auch Thielemann für eine Abwendung von der Orientierung ausschließlich am Shareholder-Value und für mehr soziale Verantwortung und Integrität bei Top-Managern. Und auch DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel spricht sich gegen eine "hysterische Debatte über raffgierige Manager", sondern für "eine ehrliche Diskussion über angemessene Gehälter, vor allem in den dafür zuständigen Aufsichtsräten" aus. Bei der Diskussion um Vorstandsgehälter gehe es im Grund nicht um die exakte Höhe der einzelnen Vergütung, sondern um Verteilungsgerechtigkeit, betont er. Und fügt hinzu: "Manager, die für sich Millionengehälter verlangen, haben sich durch die Forderung im Grund bereits schon disqualifiziert."

AP · DPA
Mirjam Hecking, AP

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