Die Internationale Energiebehörde IEA hat in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht eine vollständige Abkehr vom Erdöl- und Gaszeitalter ausgerufen. Um das Netto-Nullemissionsziel bis 2050 zu erreichen, solle es ab sofort keine Investitionen in die Erschließung neuer Öl- und Gasfelder mehr geben, ebenso nicht in neue Kohlekraftwerke. Der Bericht sieht vor, dass die am wenigsten effizienten Kohlekraftwerke bis 2030 abgeschaltet, und die verbleibenden Kohlekraftwerke, die bis 2040 noch in Betrieb sind, nachgerüstet werden. Es brauche außerdem eine Politik, die den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor bis 2035 beende, schreiben die Fachleute – und zwar weltweit. Das Nullemissionsziel 2050 fußt auf der Vorgabe aus dem Pariser Klimaschutzabkommen, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Der Bericht der Energie-Experten der OECD-Staaten sorgt für Aufsehen, da die Agentur noch vor wenigen Jahren Investitionen in Öl- und Gas propagiert hatte, um Versorgungsengpässe zu vermeiden. Nun aber fordert die Organisation, die als Reaktion auf die erste Ölkrise zu Beginn der 1970er-Jahre gegründet wurde, um die Ölversorgung der Industrienationen zu sichern, eine beispiellose Transformation im Energiesektor. Es gebe einen Weg, das Nullemissionsziel bis 2050 zu erreichen, dieser sei aber schmal, so die IEA in ihrem aktuellen Bericht. Die Art und Weise, wie Energie weltweit produziert, transportiert und genutzt wird, müsse sich fundamental ändern. In dem Bericht stellt die Agentur einen Weg vor, wie das ambitionierte Ziel zu erreichen ist.
Abkehr der Agentur von Öl und Gas die "big news"
Die große Nachricht des Tages sei nicht, dass Investitionen in fossile Energieträger nicht mit dem 1,5-Grad-Klimaziel vereinbar seien, twittert etwa Philipp Litz von der Denkfabrik Agora Energiewende. "Die große Nachricht ist, dass die IEA dies heute klar ausgesprochen hat." Die Energieagentur liefere damit Gegnern der Ölindustrie handfeste Argumente; ebenso all jenen, die auf eine entschlossene Neuausrichtung der Energieunternehmen drängen, heißt es unter Beobachtern.
Die Politik müsse nun auf einen massiven Einsatz aller verfügbaren sauberen und effizienten Energietechnologien setzen und gleichzeitig Innovation global beschleunigen, heißt es in dem IEA-Bericht. Es handele sich bei dieser Transformation um die vielleicht größte Herausforderung, der sich die Menschheit jemals gestellt habe, so IEA-Direktor Fatih Birol laut der Mitteilung zum Bericht. Die Regierungen müssten ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung sauberer Energietechnologien schnell erhöhen und diese in den Mittelpunkt der Energie- und Klimapolitik stellen. Der Übergang müsse auch fair und inklusiv sein.
IEA: 2050 90 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen
Im Jahr 2050 müsse der Energiesektor weitgehend auf erneuerbaren Energien statt fossilen Brennstoffen beruhen. Zwei Drittel der gesamten Energieversorgung im Jahr 2050 würden aus Wind, Sonne, Bioenergie, Geothermie und Wasserkraft stammen, schreiben die Expertinnen und Experten. Autos würden hauptsächlich mit Strom betrieben, die Luftfahrt setze weitgehend auf Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe. Das Ziel: "Im Jahr 2050 stammen fast 90 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen (...). Der Rest kommt größtenteils aus der Kernenergie."