Kampf um die Daten Darf ein schwedischer Investor die Schufa übernehmen – und wäre das was Schlechtes?

Wem gehört künftig die Schufa?
Wem gehört künftig die Schufa?
© Jens Kalaene / DPA
Der schwedische Finanzinvestor EQT will die Schufa übernehmen. Er verspricht Datenschutz und Transparenz. Doch es gibt Kritik an den Plänen – und eine Verhinderungsstrategie der bisherigen Eigentümer.

Wenn an der Schufa irgendetwas nicht umstritten ist, dann die Tatsache, dass sie eine deutsche Institution ist. 1927 entstand die erste "Schutzgemeinschaft für Absatzfinanzierung" in Berlin, in den 50er Jahren schlossen sich 13 regionale Gesellschaften zur Bundes-Schufa zusammen. Seit dem Jahr 2000 firmiert diese als Schufa Holding AG in Wiesbaden. Dort sitzt sie auf einem Datenschatz von sechs Millionen Unternehmen und 68 Millionen Menschen in Deutschland.

Bald aber könnte die wichtigste deutsche Wirtschaftsauskunftei in die Hände ausländischer Besitzer gelangen. Denn der schwedische Finanzinvestor EQT hat angekündigt, dass er die Schufa gerne kaufen möchte. Und das Kartellamt hat vergangene Woche bereits gesagt, dass es nichts dagegen hat.

Gleichzeitig aber – und hier wird es etwas verwirrend – erlaubte die Behörde auch den konkurrierenden Plan des bisherigen Minderheitseigentümers Teambank, die eigenen Anteile an der Aktiengesellschaft aufzustocken und so die Übernahme durch EQT zu verhindern. Aus wettbewerblicher Sicht "waren beide Vorhaben freizugeben", sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Mit anderen Worten: Streitet euch drum, wir haben nichts dagegen. 

Was will EQT?

Seitdem herrscht Aufregung, denn wem die Daten gehören, die über die Bonität von Millionen Deutschen entscheiden, ist keine ganz unerhebliche Frage. Auf der Kampagnen-Plattform Campact gibt es bereits eine Online-Petition mit dem Aufruf "Stoppt den Ausverkauf der Schufa-Daten", die 225.000 Menschen unterzeichnet haben. EQT habe deutlich gemacht, dass man in den Daten "eine Goldgrube" sehe, schreiben die Urheber der Kampagne. "Dem schwedischen Konzern geht es um Gewinne, Wachstum und mehr Rendite für seine Investoren."

EQT hingegen präsentiert sich in der Öffentlichkeit als Reformierer und Vorkämpfer für mehr Transparenz und Verbraucherschutz. Man wolle den "Reformstau auflösen und den dringend nötigen Wandel einleiten", sagte EQT-Partner Matthias Wittkowski im Interview mit t-online. Dazu zählt er etwa das Vorhaben einer Handy-App, in der Verbraucher "einfach und kostenlos sehen können, welche Daten die Schufa über Sie speichert, wann die Löschfristen einsetzen und wie die Daten in Ihren Score einfließen". Außerdem wolle man aufzeigen, wie jeder seinen Score verbessen könne.

Aber natürlich, räumt Wittkowski ein, setze man als Investmentgesellschaft auch auf "attraktive Renditen" und "Wachstum". Bedeutet: Der enorme Datenschatz der Schufa soll in irgendeiner Form zu Geld gemacht werden. Wie genau, da halten sich die Schweden bedeckt. Und daher rührt auch das Unbehagen der Kritiker. 

Bisherige Eigentümer mit Vorkaufsrecht

Der entscheidende Gegner für EQT sind aber nicht Aktivisten und Datenschützer, sondern die Konkurrenten im Bieterwettbewerb. Denn die potenten Schweden haben sich zwar bereits mit der französischen Großbank Société Générale auf die Übernahme von zehn Prozent der Schufa-Anteile für 200 Millionen Euro geeinigt. Und sie haben deutlich gemacht, dass sie genug Geld locker machen würden, um bis zu 100 Prozent der Schufa zu übernehmen.

Doch die übrigen Alteigentümer der Schufa besitzen ein Vorkaufsrecht, wenn jemand seine Anteile auf den Markt schmeißt. Und die Teambank will dieses nun offenbar nutzen. Das für sein Kreditangebot "easycredit" bekannte Institut ist eine Tochter der genossenschaftlichen DZ Bank und besitzt derzeit gerade mal rund 18 Prozent der Schufa. Doch im Verbund mit den anderen beteiligten Genossenschaftsbanken und Sparkassen kommt sie bereits jetzt in die Nähe der Mehrheit, sodass eine weitere Aufstockung die Macht sichern könnte. Die restlichen Anteile gehören privaten Banken - neben Société Générale, vor allem Deutsche Bank und Commerzbank - sowie Akteuren des Handels.

Allerdings sehen längst nicht alle Verbraucherschützer die bisherigen Eigentümer als die Guten und den ausländischen Investor als die datenfressende Heuschrecke. Der hessische Datenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel etwa begrüßt die Transparenzankündigungen von EQT. Und er weist daraufhin, dass das Datenschutzrecht auch unter neuen Mehrheitsverhältnissen gelten würde. Wichtig seien verbraucherfreundliche Innovationen, sagte er der Funke-Mediengruppe. "Wer sie umsetzt, ist für den Datenschutz letztlich weniger entscheidend."

Und auch Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke von den Grüne betonte: "Egal, wie die Eigentümerstruktur am Ende aussieht, die europäischen und deutschen Datenschutz-Standards gelten für alle Unternehmen gleichermaßen." Statt sich für die deutschen Platzhirsche stark zu machen, nutzte sie die Übernahmediskussion, um verbal Druck auf die Schufa zu machen und Verbesserungen anzumahnen. "Es reicht nicht, dass man abfragen kann, welche Daten über einen gespeichert sind", sagte Lemke vergangene Woche. "Die Schufa sollte auch veröffentlichen, welche Informationen sie wie bewertet." Das wäre es doch: Wenn aus dem Kampf um die Schufa am Ende diejenigen als Sieger hervorgehen würden, um deren Daten hier geschachert wird.

Quellen: DPA / Bundeskartellamt / Schufa / Campact / t-online