Zwölf deutsche Institute stresste die europäische Bankenaufsicht EBA. Das ist eines weniger als im vorigen Jahr, weil die Postbank inzwischen zum Deutsche-Bank-Konzern gehört. Die Aufsicht überprüfte die Kernkapitalquote im Krisenfall. Das düstere Szenario unterstellt eine Verschärfung der Schuldenkrise in der Eurozone, einen Wirtschaftseinbruch um vier Prozentpunkte und einen Verfall des Dollars. Außerdem mussten die Banken offenlegen, wie viele Staatsanleihen der Krisenkandidaten Griechenland, Irland und Portugal sie in ihren Portfolios haben. Durchgefallen ist eine Bank, wenn im Stressfall die Kernkapitalquote unter 5 Prozent sinkt. Dies passierte 2011 keiner deutschen Bank, auch wenn Nord/LB und HSH Nordbank nur knapp bestanden. Ausnahme und gleichzeitig Sonderfall ist die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba).
Die Bundesbank zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden. Im Durchschnitt liege die Kernkapitalquote der deutschen Banken bei 7,5 Prozent. "Die Ergebnisse des Bankenstresstests zeigen, dass die Kapitalausstattung der teilnehmenden deutschen Banken im Szenario ausreichend ist und sich unter den pessimistischen Annahmen des Stresstests als robust erwiesen hat", sagte Bundesbankvizepräsidentin Sabine Lautenschläger.
Bestes deutsches Institut war wie im Vorjahr die Landesbank Berlin. Für Ende 2010 weist sie eine Kernkapitalquote von 14,6 Prozent auf. Im Extremszenario, einschließlich der Kapitalmaßnahmen bis 30. April 2011, kommt das Haus auf einen Wert von 10,4 Prozent. Die HRE-Gruppe kommt auf 10 Prozent im Stressfall, Ende 2010 lag die Quote bei 28,4 Prozent.
Nord/LB schneidet am schlechtesten ab
Schwächstes Haus ist die Norddeutsche Landesbank. Sie kommt im Extremszenario nur auf einen Wert von 5,6 Prozent. Per Ende 2010 liegt sie mit 4,6 Prozent unter den erforderlichen 5 Prozent. Ohne die Kapitalmaßnahmen zu Jahresbeginn wäre die Bank damit durchgefallen. Nord/LB-Chef Gunter Dunkel sprach davon, dass sein Haus ausreichend kapitalisiert sei und verwies auf die Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), nach der die Bank auf eine Kernkapitalquote von 9,7 Prozent kommt. "Die Bank steht erfolgreich im Markt. Ihr Geschäftsmodell hat sich auch unter den extremen Auswirkungen der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise als stabil und zukunftsfähig bewährt. Die Stärke und Krisenresistenz der Nord/LB wird im Stresstest jedoch nur teilweise abgebildet, weil in der Kapitaldefinition der EBA die solide Kapitalausstattung der Nord/LB nicht vollständig berücksichtigt wird."
HSH Nordbank fühlt sich falsch bewertet
Ähnlich äußerte sich der Chef der HSH Nordbank. Mit allen zusätzlichen Maßnahmen kommt die zweite Landesbank aus Norddeutschland, die HSH Nordbank, im strengsten Szenario auf 9,1 Prozent. Werden jedoch nur die bis 30. April dieses Jahres abgeschlossenen Kapitalmaßnahmen berücksichtigt, kommt das Haus nur auf knappe 5,5 Prozent und wäre in diesem Fall schlechter als Nord/LB. Bankchef Paul Lerbinger sagte: "Dieses Ergebnis spiegelt jedoch die ökonomische Realität unserer Bank in keiner Weise wider". Er kritisierte die Nichtberücksichtigung der Garantievereinbarungen mit den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein und der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA). Er verwies zudem auf die regulatorische Kernkapitalquote von 17,2 Prozent im ersten Quartal 2011.
Der Problemfall Helaba
An der Frage, was als Kernkapital berücksichtigt wird und was nicht, hatte sich schon zuvor ein Streit entzündet. Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Diese ist das einzige deutsche Institut, das mehr oder weniger gescheitert ist. Grund dafür sind die die Stillen Einlagen unter anderem des Landes Hessen. Die EBA bezweifelte, dass diese Milliarden im Krisenfall herangezogen würden. Angesichts des ungelösten Streites verweigerte sich die Helaba der Veröffentlichung der Ergebnisse nach Maßgaben der EBA und gab die Ergebnisse bereits am Mittwoch bekannt. Mit den Stillen Einlagen liege man auch im härtesten Stressszenario mit 6,8 Prozent Kernkapitalquote klar über dem von der EBA geforderten Mindestwert, gab die Bank bekannt.
Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) sieht darin einen "Affront gegen die deutschen Landesbanken". Eine kerngesunde Bank werde an den Pranger gestellt, schimpfte Helaba-Chef Hans-Dieter Brenner. Der Kölner Bankenexperte Thomas Hartmann-Wendels sagte:"Da hat sich die Behörde ausgerechnet das Schmuckstück unter den deutschen Landesbanken herausgesucht. Das ist lächerlich." Er warnte generell davor, die Ergebnisse überzubewerten. Die noch junge EBA wolle mit einem möglichst harten Vorgehen eine Duftmarke setzen: "Dafür braucht es natürlich Durchfaller. Deshalb müssen die Ergebnisse in diese Richtung gebogen werden."
"Banken werden künstlich krank geredet"
Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) Heinrich Haasis warf der EBA deshalb auch unfaire Parteinahme gegen die deutschen Landesbanken vor. "Hier wird ganz offenbar Bankenstrukturpolitik unter dem Deckmantel vermeintlicher Finanzmarktstabilität gemacht", sagte Haasis. Er kritisierte auch die Annahme einer über die nächsten zwei Jahre unveränderten Bilanz, die bereits in die Wege geleitete Risikoabbau-Maßnahmen und Kapitalspritzen nicht berücksichtige. Dadurch würden "gesunde Institute künstlich krank geredet", sagte Haasis.
Die beiden größten deutschen Privatbanken bestehen mit 6,4 Prozent (Commerzbank) und 6,5 Prozent (Deutsche Bank). Legt man das Szenario mit allen zusätzlichen Gegenmaßnahmen zugrunde, liegen sie damit auf den Plätzen neun und zehn der deutschen Banken, hinter ihnen nur noch Nord/Lb und WestLB. Betrachtet man nur die Kapitalmaßnahmen, die bis 30. April 2011 vorgenommen wurden, ist auch noch die HSH Nordbank schlechter. Eric Strutz, Finanzvorstand der Commerzbank sagte: "Das Ergebnis zeigt, dass die Bank auch unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen gut für die Zukunft aufgestellt ist. Für das Jahr 2012 gilt unverändert unser 'Roadmap'-Ziel, vor regulatorischen Effekten und unter der Voraussetzung stabiler Märkte ein Operatives Ergebnis von mehr als 4 Milliarden Euro zu erreichen." Die Deutsche Bank verwies darauf, dass in dem Ergebnis keine zukünftigen von dem Institut geplanten Gegenmaßnahmen berücksichtigt seien.
Der Bundesverband deutscher Banken warnte davor, einzelne Ergebnisse des Stresstests überzubewerten. Der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Michael Kemmer sagte, die EBA habe vor allem Hinweise zur Widerstandsfähigkeit des gesamten europäischen Bankensystems geliefert. Gleichzeitig würden aber Angaben zu tiefgreifenden Details der Geschäftspolitik einzelner Häuser offenlegt. In der derzeitigen unruhigen Lage an den Finanzmärkten könne nicht ausgeschlossen werden, dass diese Detailinformationen zu Spekulationen gegen einzelne Institute genutzt würden.
Acht Banken scheitern
Acht europäische Banken sind an der Hürde von 5 Prozent Kernkapital im düstersten Szenario gescheitert. Ihnen fehlen insgesamt 2,5 Milliarden. Euro. Durchgefallen sind fünf spanische Banken, und zwar wie zuvor schon erwartet Catalunya Caixa und Banco Pastor. Hinzu kommen Caja de Ahorros de Mediterráneo, Banco Unnim und eine aus drei spanischen Sparkassen bestehenden Gruppe, die die spanische Bankenaufsicht als Caja3 bezeichnet. Mit 25 Instituten stellten die Iberer den mit Abstand größten Anteil an den geprüften Banken.
Außerdem scheiterten die Agricultural Bank of Greece und die griechische EFG Eurobank Ergasias sowie die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG). Deren Generaldirektor Gerald Wenzel sagte: "Das Ergebnis des Stresstests ist nicht erfreulich und wir nehmen es natürlich ernst. Gleichzeitig zeigt das in der EBA-Veröffentlichung nach Umsetzung der Maßnahmen ausgewiesene Ergebnis von 9,8 Prozent, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden."
Der Euro reagierte mit einem deutlichen Plus auf die Bekanntgabe der Ergebnisse. Im Vergleich zum ersten Stresstest hatte die Aufsichtsbehörde EBA die Bedingungen verschärft. Im vergangenen Jahr hatten beispielsweise die irische Banken bestanden, mussten jedoch kurze Zeit später mit Milliarden Euro gerettet werden. Daher mussten die Banken jetzt nachweisen, dass sie genügend Ressourcen haben, um selbst in schwierigen Zeiten unerwartete Verluste zu verkraften.