Korruptionsaffäre Siemens-Vorstand Feldmayer verhaftet

Siemens kommt nicht zur Ruhe: Im Zuge der Korruptionsaffäre hat die Polizei am Dienstag das Vorstandsmitglied Johannes Feldmayer verhaftet. Er war unter anderem für die Firmentochter IT Solutions and Services zuständig.

Ein weiterer Skandal trifft den affärengebeutelten Siemens-Konzern bis ins Mark: Im Zusammenhang mit dubiosen Millionenzahlungen an einen managementfreundlichen Arbeitnehmervertreter ist Zentralvorstand Johannes Feldmayer am Dienstag in München verhaftet worden. Die Nürnberger Staatsanwaltschaft wirft dem Top-Manager und weiteren Siemens-Mitarbeitern Untreue vor. Mit Feldmayer sitzt erstmals ein aktives Vorstandsmitglied von Deutschlands größtem Elektronikkonzern in Untersuchungshaft. Der Anwalt des 50-Jährigen wies die Vorwürfe zurück. Ermittler durchsuchten mehrere Siemens-Standorte und Wohnungen in Nürnberg, Erlangen und München.

Verdacht der Untreue

Es bestehe "der Verdacht, dass in den Jahren 2001 bis 2005 aus dem Vermögen der Siemens AG Zahlungen an eine Unternehmensberatungsgesellschaft geflossen sind, ohne dass hierfür werthaltige Gegenleistungen erbracht wurden", hieß es in einer Mitteilung der Nürnberger Justiz. Die Beschuldigten sollen für diese Zahlungen verantwortlich sein. Gegen wie viele Personen ermittelt werde, wollte ein Justizsprecher nicht sagen.

Feldmayers Festnahme stehe im Zusammenhang mit der Affäre um die "Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Betriebsangehöriger" (AUB), sagte der Siemens-Sprecher. Der Konzern soll an den Gründer und Chef der AUB, Wilhelm Schelsky, einen zweistelligen Millionenbetrag gezahlt haben - ohne nennenswerte Gegenleistung. Von mindestens 14 Millionen Euro war die Rede. Feldmayer hatte die Verträge unterzeichnet. Das Geld soll über Beraterfirmen des fränkischen Unternehmers geflossen sein. Schelsky sitzt schon seit einer ersten Durchsuchungsaktion Mitte Februar in Haft. Ihm werden Steuerstraftaten zur Last gelegt.

Gewerkschaft lehnt Stellungnahme ab

Siemens hatte den Vertrag mit Schelsky im vergangenen Jahr im Zuge der Schmiergeldaffäre im Konzern überprüft. Als der AUB-Chef den Nachweis für seine Beratertätigkeit schuldig blieb, kündigte das Unternehmen Ende 2006 die Verträge. Die AUB ist im Aufsichtsrat von Siemens vertreten und stellt in einem Bereich den Betriebsratschef. Sie hatte in der Vergangenheit - anders als die IG Metall - umstrittene Pläne der Konzernführung unterstützt. Von der Organisation, die sich als Alternative zu Gewerkschaften sieht, war zunächst keine Stellungnahme zu bekommen.

Der 50-jährige Feldmayer ist im Siemens-Vorstand unter anderem für die IT-Tochter zuständig, außerdem ist er Europa-Chef. Der gebürtige Augsburger arbeitet seit 1979 bei Siemens, wo er sich vom Wirtschaftsplaner in der Datenverarbeitung zum Chef-Strategen hocharbeitete. Im August 2003 rückte Feldmayer in den Zentralvorstand auf. Zeitweise galt der Professor, der an der Technischen Universität (TU) Berlin strategisches Management lehrt, als Kronprinz des ehemaligen Vorstandschefs Heinrich von Pierer.

Feldmayer galt als Kronprinz

Siemens betonte, der Konzern unterstütze die Aufklärung der Affäre. Vorstandschef Klaus Kleinfeld hatte am Montag erklärt, das Unternehmen wolle zum Vorbild in der Korruptionsbekämpfung werden. Im Umgang mit den Problemen wolle Siemens Standards für die Industrie setzen.

Die Ermittlungen um die AUB stehen nicht im Zusammenhang mit der Schmiergeldaffäre in der Kommunikationssparte Com, in der die Münchner Staatsanwaltschaft federführend ermittelt. Mehr als 30 Personen wurden vernommen, darunter Ex-Finanzvorstand Heinz- Joachim Neubürger und der frühere Vorstand Thomas Ganswindt, der vor Weihnachten vorübergehend in Untersuchungshaft saß.

Es geht auch um 420 Millionen Euro

Die Münchner Ermittler prüfen Geldströme im Umfang von 200 Millionen Euro, Siemens selbst betrachtet 420 Millionen kritisch. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Geld von früheren Mitarbeitern und deren Komplizen aus der Firmenkasse abgezweigt und als Schmiergeld im Ausland verwendet worden ist.

Bei einem Prozess vor dem Landgericht Darmstadt hatte ein ehemaliger Siemens-Manager und -Berater zuletzt die Bestechung von Mitarbeitern des italienischen Energiekonzerns Enel eingeräumt. Er habe eine bei Siemens gängige Praxis fortgeführt, hatte der Angeklagte zu Protokoll gegeben.

Reuters
Reuters

Mehr zum Thema