Sachsen Ostwärts, deutsche Autobauer!

Mit der Eröffnung des neuen BMW-Werks in Leipzig zementiert das Bundesland im Osten seinen Ruf als "Autoland". Während die benachbarten Bundesländer mit der Konjunktur kämpfen, boomt Sachsen - und holt fast Bayern ein.

Dem Datum zum Trotz - es ist Freitag, der 13. - setzt nach Porsche und Volkswagen nun auch der bayerische Autobauer BMW seine Duftmarke im "Autoland Sachsen". Immerhin werden mit dem Werk Leipzig zunächst 2500 Arbeitsplätze geschaffen - sowas lockt auch Bundeskanzler Gerhard Schröder zur feierlichen Eröffnung. Still und leise mauserte sich Sachsen in den vergangenen 15 Jahren zu einem Zentrum der Autoindustrie. Direkt oder indirekt sind dort nach Angaben des Verbandes der Automobilzulieferer Sachsen mehr als 60.000 Menschen beschäftigt. Der Volkswagen-Konzern schuf seit Anfang der 1990er Jahre mit der VW Sachsen GmbH in Zwickau-Mosel (Fahrzeugfertigung) und Chemnitz (Motorenproduktion) sowie der Gläsernen Manufaktur in Dresden (Phaeton) rund 7300 Arbeitsplätze. Bei Porsche Leipzig montieren rund 370 Mitarbeiter den Geländewagen Cayenne und den Sportwagen Carrera GT.

Autoindustrie ist die stärkste Branche

450 Zulieferfirmen siedelten sich bei den Werken von VW, BMW und Porsche an, vor allem im Großraum Chemnitz-Zwickau, in Leipzig, Dresden sowie im Vogtland. Mit 18,5 Prozent Anteil am verarbeitenden Gewerbe und rund 7,4 Milliarden Euro Jahresumsatz 2004 ist die Automobilindustrie laut Wirtschaftsministerium die stärkste Branche im Freistaat. Bundesweit sind nach den Angaben des Verbandes der Automobilindustrie 5,3 Millionen Menschen direkt oder indirekt in diesem Zweig beschäftigt. Der Rückenwind durch die Autobauer ließ dann auch die sächsische Wirtschaft im vergangenen Jahr um 2,3 Prozent wachsen. Damit erzielte Sachsen neben Bayern das stärkste Wachstum aller deutschen Bundesländer.

So lobte auch BMW-Chef Helmut Panke einen Tag vor der Werkeröffnung in Leipzig den deutschen Standort: "Deutschland hat nach wie vor die Voraussetzungen für Erfolg im internationalen Wettbewerb." Es sei zwar unbestreitbar, so Panke, dass Deutschland im internationalen Vergleich mit hohen Kosten und Überregulierung kämpfen muss. Doch gleichzeitig seien Ausbildung, Infrastruktur, hohe Qualität und Motivation von Mitarbeitern die Basis dafür, nach wie vor Spitzenleistungen zu erzeugen.

Das Werk in Zahlen

Größe des Werksgeländes208 Hektar
Bebaute Flächeca. 290.000 m²
Start der Serienproduktion1. Mrz 05
Mittelfristige Produktionskapazität650 Automobile täglich
ProduktpaletteBMW 3er Limousine
Arbeitsplätze auf dem Werksgeländeca. 5.500*
Zuliefervolumenca. 500 Lkw bzw. 10.000 m³ Material täglich*
( *bei Erreichen der Nennkapazität)

Leipzig setzte sich gegen 250 Bewerber durch

Leipzig habe unter 250 Bewerbern im In- und Ausland das Rennen gemacht: "In diesem Verfahren gab es Aspekte, die, isoliert betrachtet, für einen ausländischen Standort gesprochen hätten", sagte Panke. Doch unter dem Strich habe bei Leipzig die Flexibilität der Mitarbeiter dies wieder aufgewogen: Unter Beibehaltung der tariflichen Arbeitszeiten seien flexible Maschinenlaufzeiten möglich, die in der Woche von 60 bis 140 Stunden liegen könnten.

Bereits seit dem 1. März läuft am Standort Leipzig die Serienproduktion des neuen 3er BMW, der außerdem auch in München und Regensburg hergestellt wird. Derzeit gehen täglich 160 Fahrzeuge vom Band. Rund 650 Autos sollen hier beim Erreichen der vollen Tagesproduktion etwa Ende 2006 hergestellt werden. Dann soll die Zahl der Arbeitsplätze auf bis zu 5000 bei BMW und im Umfeld steigen. Im 1,3 Milliarden teuren Werk in Leipzig sollen langfristig 5500 Arbeitsplätze entstehen, 5000 weitere bei Zulieferern.

Bewerbungslawine

Dass die Jobs begehrt sind, zeigt auch die Lawine an Bewerbungen. "Seit Anfang der Recruitingphase bis jetzt erreichten uns 135.000 Stellengesuche", sagt Rudolf Reichenauer, Personalchef des Leipziger Werks. "Außerdem waren wir selbst überrascht vom guten Ausbildungsniveau der Leute. Wir haben natürlich einen hohen Qualifikationsstand erwartet, aber der wurde sogar übererfüllt". Die meisten Facharbeiter kommen aus den benachbarten Bundesländern Sachsen-Anhalt und Thüringen. "Etwa 94 Prozent der neu eingestellten Mitarbeiter sind aus den neuen Bundesländern, davon kommen fast 70 Prozent aus der engeren Region, also Leipzig, Halle, Bitterfeld, Dessau," so Reichenauer.

So zementiert Leipzig mit Ansiedlungen wie Porsche, BMW und der Posttochter DHL seinen Ruf als "Boomtown Ost". Sichtbarstes Zeichen für den Status als Job-Magneten: "Für das BMW-Werk sind schätzungsweise knapp ein Zehntel unserer Arbeiter aus dem Westen zurückgekommen", so Reichenauer. Eben Mobiliät einmal anders.

Karin Spitra mit Agenturen (AP)