Für die Grundig-Mitarbeiter stehen wieder einmal harte Zeiten ins Haus: Nach der mit viel Hoffnungen verbundenen Übernahme des angeschlagenen Nürnberger Traditionsunternehmens durch den Rosenheimer Antennenhersteller Professor Anton Kathrein macht sich in den Werkshallen erneut Ernüchterung breit.
Angesichts von Kostenproblemen und Konkurrenzdruck steht eine Stilllegung oder ein Verkauf des Werkes in Bayreuth und eine Verlagerung der Fernsehgeräteproduktion von Nürnberg-Langwasser nach Wien im Raum. Eine endgültige Entscheidung soll erst in der kommenden Woche fallen - aber die Zeichen stehen schon jetzt auf Sturm. Rund 500 Jobs in Franken sind in Gefahr. Bayreuth mit rund 360 Mitarbeitern soll den Überlgungen zufolge aufgegeben werden. 80 Mitarbeiter sollen aber nach den Worten von Professor Anton Kathrein Ersatzarbeitsplätze in Nürnberg-Langwasser erhalten. Dort sollen letztendlich 1.800 bis 1.900 Mitarbeiter arbeiten, derzeit sind es 2.200. Die betroffenen Mitarbeiter sollen laut Kathrein in Beschäftigungsgesellschaften aufgefangen werden. Nürnberg-Langwasser war nach letzten Angaben vom vergangenen Jahr lediglich zu 60 Prozent ausgelastet.
Zu geringe Auslastung
Die geringe Auslastung hatten nach Gewerkschaftsangaben die Wirtschaftsprüfer von Roland Berger bereits in einem Gutachten von 1997 bemängelt und eine Konzentration der hochwertigen und hochpreisigen Fernsehgeräte-Herstellung in Langwasser empfohlen. Stattdessen wurde die Fertigung von technisch einfacheren Geräten von Ungarn nach Nürnberg verlagert. »Grundig ist die einzige Firma, die am Hochlohnstandort Deutschland Billiggeräte gefertigt hat«, kritisierte Mehrheits-Eigner Kathrein. Deswegen soll dieser Bereich geschlossen werden.
Belegschaft ist kampfbereit
Die kampferprobte Belegschaft will Streichungen aber nicht widerstandlos hinnehmen. »Die Beschäftigten haben dafür kein Verständnis«, stellte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Dieter Appelt klar. Und bei der IG Metall heißt es: »Wir erwarten von Kathrein als bayerischem Unternehmer, dass er auch die bayerischen Standorte stärkt.«
Alarm in der Region
Auch in den Rathäusern in Bayreuth und Nürnberg lösten die Umstrukturierungspläne Unverständnis aus. Bayreuths Oberbürgermeister Dieter Mronz betonte, das Werk in der oberfränkischen Stadt schreibe schwarze Zahlen. Und Nürnbergs Wirtschaftreferent Roland Fleck rief Haupteigner Kathrein sowie die engagierten Kreditinstitute auf, »bei möglicherweise notwendigen Entscheidungen eine klare Priorität zu Gunsten des Fertigungsstandorts Nürnberg zu setzen«.
Doch die Grundig-Anteilseigner plagt derzeit mehr die Frage einer dauerhaften Rentabilität des Unternehmens. Und um die war es in jüngster Zeit nicht zum Besten bestellt: Die schwache Konjunktur, der enorme Preisverfall, der starke Dollar und Yen sowie der harte Wettbewerb aus Fernost hatten im vergangenen Jahr den Ertrag belastet. Wie 1999 schrieb Grundig auch 2000 nur mit der Auflösung von Rückstellungen schwarze Zahlen.
Gesundschrumpfen als Lösung?
Da schien manchen der Rosenheimer Antennenbauer und Chef der Kathrein-Werke KG, Anton Kathrein, als Hoffnungsträger. Kathrein hatte erst im Dezember 2000 seine Anteile auf 74 Prozent aufgestockt, nach vier Jahren unter Leitung eines Bankenkonsortiums bekam Grundig damit wieder eine unternehmerische Führung. Bereits damals hatte der Rosenheimer Vollblutunternehmer den Abbau von weltweit 350 Stellen auf 5.500 Mitarbeiter bis zum nächsten Jahr und »nachhaltig schwarze Zahlen« angekündigt.
Belegschaft und Betriebsräte sahen der neuen Grundig-Ära unter dem Mann aus Rosenheim »verhalten zuversichtlich« entgegen. Gesamtbetriebsratsvorsitzende Dieter Appelt sagte damals, er gehe davon aus, dass es keine Kündigungen geben werde. Heute sind die Arbeitnehmervertreter verärgert. Ein IG Metall-Sekretär: »Wenn seine Antwort ist, den Konzern zu zerschlagen, wenn er keine neuen Ideen hereinbringt, sondern nur gesundschrumpft, dann sind wir schon bitter enttäuscht.«