David Cameron weicht keinen Millimeter von seiner Blockadehaltung ab, verschärft stattdessen gar den Ton seiner Kritik. Der britische Premierminister will den deutsch-französischen Plan einer EU-weiten Steuer auf Finanztransaktion weiter verhindern. "Wenn man die jetzt in Betracht zieht, dann ist das einfach Wahnsinn. Das sollte man nicht weiter verfolgen", sagte Cameron am Donnerstag auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos.
Er verwies auf die britische Lösung einer Bankgebühr und einer Stempelsteuer auf Aktiengeschäfte: "Das sind Maßnahmen, die andere Länder auch einführen sollten." Eine Finanztransaktionssteuer könne die EU bis zu 200 Milliarden Euro Wirtschaftsleistung und bis zu 500.000 Arbeitsplätze kosten, sagte er und verwies auf Berechnungen der EU-Kommission.
Diese wiederum wies die Kritik Camerons an den wirtschaftlichen Auswirkungen der Steuer zurück. "Wenn die Einnahmen wieder sinnvoll in die Wirtschaft fließen, gibt es keine negativen Folgen für Wachstum und Beschäftigung", sagte eine Kommissionssprecherin der Nachrichtenagentur AFP. Sie warf dem britischen Regierungschef vor, die Studie "vollkommen aus dem Zusammenhang" gerissen zu haben.
"Wenn die Folgen einer Steuer auf Finanztransaktionen ausgewogen bewertet werden sollen, muss man auch die Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung durch die Zusatzeinnahmen einbeziehen", sagte die Sprecherin. Die Kommission geht demnach von Einnahmen in Höhe von 57 Milliarden Euro im Jahr aus.
Cameron kritisiert Merkels Krisenmanagement
Cameron griff außerdem auch das von Deutschland geführte Euro-Krisenmanagement an. Man dürfe sich in der Eurokrise "nicht von Versagensangst leiten lassen", Europa müsse Führungsqualitäten zeigen. "Da und dort rumzubasteln reicht nicht mehr. Wir müssen kühn und mutig sein und nicht ängstlich und zögerlich."
Er erkenne an, dass viele Euro-Länder schmerzvolle Schritte bei der Haushaltssanierung machten. Auch der Aufbau einer Brandmauer gegen die Krise sei wichtig. "Ich unterschätze nicht den Mut, soweit zu kommen", sagte der Premier. Doch noch immer sei es dringend nötig, kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen: "Die Ungewissheit in Griechenland muss endlich aufhören. Und, wie der IWF sagte: Die Brandmauer muss hoch genug sein, um Angriffe auch abzuwehren."
Die IWF-Chefin Christine Lagarde hatte gefordert, den künftigen Rettungsschirm kräftig aufzustocken. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt das ab.
Britischer Premier fordert radikalliberale Geldpolitik
Als Europas "wirtschaftliche Achillesferse" nannte Cameron mangelnde Wettbewerbsfähigkeit. Die Statistiken seien erschreckend: Viele EU-Mitgliedsstaaten seien heute weniger konkurrenzfähig als vor Jahren. "Fünf sind sogar weniger konkurrenzfähig als der Iran." Großbritannien dagegen habe einen "aggressiven Plan" entwickelt, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Sein Land mache eine radikalliberale Geldpolitik: "Wir fluten das Bankensystem mit Geld." "Genauso kühne und mutige Maßnahmen brauchen wir auf europäischer Ebene."
Zu seiner umstrittenen Blockadehaltung beim EU-Gipfel im Dezember sagte Cameron, er habe Sicherheiten für ein gemeinsames Abkommen verlangt, "und diese Sicherheiten habe ich nicht bekommen. Deswegen gibt es das Abkommen nicht".