3er BMW Schockfreies Blechkleid

Von Peter Weyer
Keine Design-Experimente am neuen 3er-BMW, weil die Münchner für den Erfolg in der Mittelklasse ihre biederen Kunden nicht verschrecken dürfen. Technische Raffinessen gibt's trotzdem - versteckt unter der Haube

Entwarnung. Der nächste 3er-BMW schockt nicht mit der Hängebauch-Optik seiner größeren Markenbrüder. Von denen muss die kleine Münchner Limousine auch nicht den Kofferraumdeckel übernehmen, der wie ein aufgesetzter Wickeltisch wirkt. Die nächste 3er-Generation, die mit hoher Wahrscheinlichkeit erstmals im März 2005 offiziell gezeigt wird, sieht beruhigend normal und fast schon leicht bie-der aus. Soll allerdings auch so sein, denn bei ihrem größten Umsatzbringer riskieren die weiß-blauen Konzernstrategen keine Design-Experimente. Gewagte Formen könnten die wichtigen Mittelklasse-Kunden eher abschrecken als begeistern.

Trotzdem stecken etliche technische Schmankerl im neuen Bayern - unterm Blech. Beispielsweise mehr passive Sicherheit bei Unfällen durch verfeinerte Elektronik. Die erkennt, gefüttert von allerlei Sensoren, wie groß und schwer die Passagiere sind, ob sie halbwegs korrekt sitzen oder gefährlich locker rumlümmeln. Entsprechend werden beim Crash dann die Gurte gestrafft und die Airbags maßgeschneidert aufgeblasen. Mal mit halber Kraft, um Fliegengewichte nicht auszuknocken, mal mit voller Wucht für Übergewichtige.

Damit Kunden künftig in der langen Sonderausstattungsliste schneller durchblicken, bietet BMW zu Aufpreisen zwischen 1500 und 2000 Euro (geschätzt) drei vorgepackte Ausstattungspakete an. "Advantage" unter anderem mit CDRadio und schicken Fußmatten für Verwöhnte, "Dynamic" mit Sportsitzen und Lederlenkrad für "dynamische Fahreigenschaften" und die Version "Comfort" mit vorderer Armauflage und Abstandspiepser beim Einparken für Bequeme. Wichtigstes und vor allem werbewirksamstes Unterscheidungsmerkmal zur Konkurrenz sollen künftig aber die Motoren werden. Denn schließlich, so beschworen einander führende Technikköpfe bei einer Klausurtagung der Bayerischen Motoren-Werke, müsse die Betonung im Markennamen wieder auf dem mittleren Wort liegen, Motoren.

Vier Diesel (122 bis 218 PS) und fünf Benziner (150 bis 400 PS) sollen mächtig Schub bringen. Besonders stolz sind die Münchner auf ihren neuen Sechszylinder. Der soll der leichteste und zugleich - gemessen nach PS-Leistung pro Liter Hubraum - der stärkste Motor seiner Klasse sein. Mit dem neuen 3er können die Münchner endlich auch eine offene Rechnung mit den Wolfsburgern begleichen. Volkswagen hatte Kunden und Fachwelt mit einem Schaltgetriebe ohne Kupplungspedal überrascht, das beim Gangwechsel nicht die Schubkraft unterbricht und deswegen auch nicht mehr ruckelt. Ausgerechnet Golf und Konsorten boten damit die schnellste und gleichzeitig bequemste Schaltung. Jetzt setzt BMW noch einen drauf. Mit ihrem Zentral-Synchron-Getriebe (ZSG) haben die Bayern die lästigen Schaltstöße ebenfalls ausgerottet, schaffen den Trick sogar mit nur einer Kupplung. Dennoch dürften nicht alle Dreier-Fans vom neuen Jahrgang begeistert sein. Das einzigartige, halb rund um den Fahrer geschwungene Cockpit verschwindet. Der Ersatz aus peinlichen Alu-Imitaten und verhunztem Kunststoff vor der Frontscheibe verströmt den Charme einer leeren Kühltheke.

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