Ein E-Bike mit nur 15 Kilogramm Gewicht – das ist eine Verlockung. Wenn man das Rad in den dritten Stock hochtragen muss sowieso, oder auch wenn man leichte Räder gewöhnt ist. Dann fühlen sich die E-Bikes mit 20 Kilogramm Plus auch mit Motor an wie ein Trecker. Möglich wird das geringe Gewicht, weil das Urtopia einen Vollcarbon-Rahmen besitzt und weil man einen leichten Antrieb und kleinen Akku gewählt hat.
Carbon ist nicht nur leichter, es hat auch andere Eigenschaften als das sonst übliche Aluminium. Es fühlt sich wärmer und weicher an und gibt anders als das supersteife Aluminium nach. Kurzum, es ist ein besonderes Material und man sollte es schätzen, wenn man dieses Bike bestellen will. Denn Carbon ist nicht billig, der Rahmen trägt zu einem guten Preis zum Preis bei.
Punktet in zwei Welten
Die Stärken des Rades sind in zwei Welten angesiedelt: im eigentlichen Fahren und in der avancierten Steuerung. Zunächst zum Fahren: Das Rad wird in zwei Größen geliefert und sollte unbedingt perfekt passen. Hier lässt sich nur der Sattel verstellen, der Lenker geht in einem Teil in den Rahmen über und lässt sich weder verstellen noch austauschen. Die Fahrposition ist weitaus bequemer als der futuristische geschwungene Rahmen vermuten lässt. Man sitzt in einer dezenten Vorlage auf dem Rad, trägt den Kopf dabei aber noch so aufrecht, dass man die Straße gut im Blick behält. Das Urtopia hat genau einen Gang und der reicht auch. Der Motor gleicht die fehlenden Gänge aus. Der Antritt wirkt durch Riemen anstatt der konventionellen Kette weich und elegant. In der Bewegung fühlt das Rad leicht und elegant an – hier macht sich das geringe Gewicht bemerkbar. Auch mit einem bärenstarken Motor hat ein schweres Rad ein anderes Handling als ein leichtes.

Ausgewogene Abstimmung
Der Motor sitzt in der hinteren Nabe und liefert 35 Newtonmeter, die Batterie hat eine Kapazität von 350 Wattstunden. Das sind nicht die Werte eines E-Mountainbikes, in der Praxis ist das aber mehr als genug, um das Rad flott zu beschleunigen und um mühelos voranzukommen. Im Gebirge mit hohen Steigungen wäre dieses Set-up allerdings überfordert. Sehr angenehm ist die Abstimmung in Bezug auf die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h. Da muss man schon eine gewisse Trittfrequenz aufbauen, die 25 fühlen sich auf dem Urtopia "richtig" an – es ist nicht so, dass man sich ausgebremst fühlt oder gegen eine Gummiwand fährt, wenn die Unterstützung des Motors aufhört.
Rad für den urbanen Raum
Der Akku kann im Rad geladen werden, er kann aber auch ausgebaut werden. Das ist ein wichtiges Feature, wenn der Stellplatz keinen Stromanschluss hat. Auch in einem gemeinschaftlichen Fahrradkeller kann man kaum die Kabel des Ladegeräts über andere Bikes zu seinem eigenen legen. Die meisten Designräder verzichten auf einen herausnehmbaren Akku, das Urtopia nicht. Die 350 Wattstunden reichen für etwa 40 Kilometer bei zünftiger Unterstützung. Im Alltag ist das Urtopia ein schönes, angenehmes Bike für die Stadt. Es ist nicht zu sportlich ausgelegt und daher sehr bequem zu fahren. Wie erwähnt, sind die Verstellbarkeiten wie bei allen Designbikes begrenzt, das Rad muss also zum Körperbau passen.
Leichtes nicht schwerer machen
Für das Urtopia wird weiteres sinnvolles Zubehör angeboten. Was es aber notwendigerweise schwerer macht und zudem die Stromlinienform stört. Wir selbst würden, wenn uns so ein Rad gehörte, eher den Leichtbau weiter optimieren, anstatt das Rad "fetter" zu machen. Mit anderen Kurbelarmen, Pedalen, Bremsen und Reifen dürfte man ein weiteres Kilogramm und mehr einsparen können. Das ausgelieferte Urtopia erreicht insbesondere bei den Anbauteilen nicht das Level eines High-End-Carbon-Renners, wie von einigen Usern im Netz bemängelt wurde. Das ist aber auch kein Wunder, extremer Leichtbau bei Rädern führt zu extremen Preisen. Ein Carbon-Renner kostet 6500 Euro aufwärts – und das ohne Computer und E-Antrieb.
Computer auf zwei Rädern
Die weitere Besonderheit ist die avancierte elektronische Steuerung des Rades. Das Urtopia ist ein Computer, der auch fahren kann. Dafür besitzt es eigenen Netzempfänger, dessen Nutzung jährlich bezahlt werden will, wenn die beim Kauf bezahlte Laufzeit abgelaufen ist. Der Fahrspaß beginnt beim Start mit einem Druck auf den Fingerabdrucksensor am Lenker. Das fühlt sich ziemlich genial an, wenn das Rad so zum Leben erwacht. Auf dem Display im Zentrum des Lenkers werden die Basic-Informationen angezeigt. Die avancierten Funktionen lassen sich über die App aufrufen. Im Funktionsumfang steht das Urtopia anderen Radcomputer wie dem Niox von Bosch nicht nach. Erfahrungemäß nutzen einige User diese Funktionen intensiv und andere nur rudimentär. Um es einfach zu sagen: Wer in der Nachbarschaft oder ins Büro radelt, benötigt keine Navigationshilfe.
Von der Fülle der Möglichkeiten stellen wir nur die vor, die jeder benutzt. Das Rad hat eine GPS-Ortung und reagiert mit einem Alarm am Rad und auf dem Smartphone, wenn es im abgestellten Zustand bewegt wird. Solche Systeme ersetzen ein Schloss nicht, machen das Rad aber sehr viel sicherer. Und man kann das Rad aufspüren, sollte es doch einmal verschwinden.
Blinker und leuchtender Abstandsrahmen
Eine weitere Besonderheit besitzt die Beleuchtung. Die Vorderlampe ist im Lenker integriert und für den urbanen Raum mehr als ausreichend. Die Hinterleuchte projiziert einen Abstandsrahmen auf den Boden. Vom Lenker aus lässt sich zudem ein Blinker bedienen. Beide Leuchtmittel fallen im gleißenden Sonnenschein nicht auf, im Dunkeln geben sie aber ein klares Signal und erhöhen das Sicherheitsgefühl und die Sichtbarkeit deutlich. Seit einem Update warnt das Rad sogar mit einem Brummen in den Handgriffen vor herannahenden Autos. Nach unserem Eindruck funktioniert das ganz gut, aber nicht perfekt – das kann aber auch daran liegen, dass wir nicht die gleichen Vorstellungen von nah wie die Maschine haben. So oder so ein sinnvolles Feature. Das Urtopia lässt sich zudem mittels Sprachsteuerung herumkommandieren. Wie man sich denken kann, ist Sprachsteuerung beim Fahren und ohne Headset eine Herausforderung für sich. Im Stand und wenn man nicht gerade an einer Hauptverkehrsstraße hält, kann man so auch die komplexen Funktionen bedienen, ohne das Smartphone in die Hand zu nehmen.
Fazit, unser Eindruck
Es macht Spaß das Urtopia zu fahren. Das geringe Gewicht führt zu einer angenehmen Leichtigkeit, dazu passt die unaufdringliche Hilfe durch den E-Antrieb. Die fehlende Gangschaltung kann man durch eine stärkere Unterstützung beim Anfahren ausgleichen. Das Rad ist für den urbanen Einsatz gedacht, aber man kann auch einen matschigen Weg im Park bewältigen. Der Carbon-Rahmen und die 15 Kilogramm Gewicht machen es leicht, das Rad zu schieben, es einzuparken, zu heben und zu tragen. Das ist eine ganze andere Welt als bei anderen E-Bikes – auch wenn 15 Kilogramm natürlich nicht federleicht sind.
Das Rad kostet aber regulär ausgewachsene 3299 Euro. Das ist in etwa so viel wie ein gutes E-Tourenrad eines Markenherstellers. Letztlich resultiert der Preis aus dem Carbon-Rahmen.
Carbon sollte man als Material mögen und die Leichtigkeit im Handlung schätzen. Ebenso sollte man zumindest einen Teil der Funktionen des Bike-Computers lieben und nutzen. Wenn man das Paket des Urtopias schätzt, passt auch der Preis. Ist einem die Frage "Carbon oder Aluminium" egal, ist das Rad natürlich zu teuer.
In der Black Week wird das Rad 600 Euro billiger angeboten. Es kostet 2699 Euro – das ist dann in etwa der Preis, den man in etwa für ein vergleichbares Rad aus Aluminium ausgeben muss.
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