Nio will Ende des Jahres erstmals seine Fahrzeuge in Deutschland auf den Markt bringen. Allerdings sorgen die Bezeichnungen zweier Nio-Modelle für Ärger mit Audi. Die VW-Premiumtochter hat eine Klage bei einem Münchner Gericht gegen den chinesischen Hersteller eingereicht. Der Grund: Audi sieht seine Markenrechte in den für Europa angekündigten Modellen verletzt, wie das "Handelsblatt" berichtet.
So sollen die Nio-SUVs ES6 und ES8 den Typenbezeichnungen von Audi-Elektromodellen sehr nahekommen. "Audi ist wie viele erfolgreiche Unternehmen auch stets darauf bedacht, seine Markenrechte umfassend zu schützen", erklärte der deutsche Autohersteller gegenüber der Tageszeitung. Der Kontrahent habe für den europäischen Markt Modellbezeichnungen gewählt, "die nach unserer Auffassung Marken von Audi verletzen". Die juristische Klärung der Angelegenheit stehe aktuell noch aus, weshalb Audi keine weiteren Details bekannt geben wollte.
Nio wollte "ein laufendes Verfahren“ nicht kommentieren. Für die chinesische Premiummarke kommt die Klage aber zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Das 2014 gegründete Unternehmen verkauft zwar schon länger Elektroautos in China und liefert seit vergangenem September den Nio ES8 an seine Kunden in Norwegen aus, doch nun plant es, sich weiter in Europa zu etablieren.
Nach Norwegen, der ersten europäischen Markterschließung von Nio, will das Unternehmen sein Gesamtkonzept in diesem Jahr auf die Niederlande, Schweden, Dänemark und Deutschland ausweiten. Hierzulande will der chinesische Elektroauto-Hersteller vor allem Mercedes, BMW und Audi Konkurrenz machen. Dazu soll zum Verkaufsstart in Deutschland im vierten Quartal der ET7 erscheinen. Die Limousine ist vergleichbar mit einer Mercedes E-Klasse oder einem 5er-BMW. Die von der Klage betroffenen Nio-SUVs ES6 und ES8 sollen zunächst nicht auf den deutschen Markt kommen. Die Fahrzeuge werden allerdings schon auf Autofachtagungen gezeigt, wobei Nio die Typenbezeichnungen der beiden Modelle entfernt hat.
Europäische Markteinführung für Nio ohnehin nicht einfach
Nicht nur wegen der Audi-Klage dürfte das europäische Geschäft für Nio nicht einfach werden. Denn die Funktionsweise der Nio-Fahrzeuge unterscheidet sich im Hinblick auf die Batterieladung der Fahrzeuge von anderen Elektroautos: Der Hersteller setzt auf Wechselakkus, sodass seine Autos in erster Linie Akkuwechselstationen ansteuern statt herkömmliche Ladestationen.
Erstere sind bisher noch vergleichsweise rar und müssen – wie die Infrastruktur von Ladestationen – erst noch ausgebaut werden. Im Dezember 2021 zählte Nio insgesamt 700 Akkuwechselstationen, bis Ende 2025 sollen es weltweit 4000 aktive Wechselstationen sein, davon etwa 1000 außerhalb Chinas. Zudem soll das Shell-Ladenetz in Europa auch für Nio-Nutzer verfügbar werden.
Experten halten Audi-Klage für nicht sinnvoll
Ferdinand Dudenhöffer, Automobilprofessor am Center Automotive Research (CAR) in Duisburg kritisiert die Klage gegen Nio. Er sagt: "Die Verwechslungsgefahr bei einem SUV und einer Limousine ist doch ziemlich gering." Die Vorgehensweise von Audi sei "kontraproduktiv". Schließlich könne das Verfahren auch in China negativ aufgenommen werden, wo Audi einer der wichtigsten Anbieter von Premiumfahrzeugen ist.
Indes glaubt Stefan Bratzel, Professor am Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, nicht daran, dass eine einzelne Klage den chinesischen Autohersteller von seinem Vorhaben abhalten könnte. "Sie werden in der Elektromobilität immer stärker“, stellte Bratzel fest. In China seien mit BYD, Geely oder Nio Hersteller entstanden, die mit den etablierten Anbietern absolut konkurrenzfähig seien.
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Quellen: Handelsblatt, Nio, ADAC