Eines ist sicher: man klebt weder an der Scheibe noch an der Schulter des Nebenmannes. Kleinwüchsig war die Zivilversion eines Lieferwagens noch nie, die neue Berlingo-Generation hat aber noch einmal tüchtig zugelegt. Der Neue ist 4,38 Meter lang und damit deutlich größer als sein Vorgänger. In der Länge hat er 24 Zentimeter, in der Breite 8 Zentimeter zugelegt. Die Grundform ähnelt einem Wohnwagen und optimiert den Rauminhalt auf unglaubliche 3,3 Kubikmeter Laderaum. Wer will kann auch noch optionalen "Extenso"-Sitz ordern, damit drei Personen in der ersten Reihe sitzen.
"Mehr Raum" heißt der Schlüsselbegriff für diesen Wagen. Wer Raum zu schätzen weiß, wird manches andere mit Nachsicht sehen. Etwa das Lenk- und Fahrverhalten. Für sportliche Naturen bietet der Berlingo nämlich nichts, wenn man die Dinge aber gelassen angeht, kann man sich mit der weichen Abstimmung durchaus anfreunden. Krämer sind gut bedient. So viele Ablagen wie im Berlingo findet man selten. Staufächer im Boden, Boxen unter Dach – man fragt sich unwillkürlich, welcher Kram da eigentlich mitgeschleppt werden soll. Oder wieviel Zeit man braucht, um eine verlegte Sonmnenbrille wieder aufzuspüren. Der Kofferraum umfasst mindestens 642 Liter und kann bis auf 3000 Liter ausgedehnt werden. Im Innenraum hat sich einiges verbessert, aber bei allem Bemühen kann der Berlingo seine Nutzfahrzeug-Gene nicht verleugnen. In einem Multivan wie dem Picasso geht es immer noch deutlich wohnlicher zu.
Dabei wurde Innenraum des Kombis deutlich aufgewertet. Überall spürt man das Bemühen der Franzosen, den Nutzfahrzeug-Mief zu vertreiben. Das Ergebnis ist keine Fahrzeug-Lounge aber doch ein gemütlicher Arbeitsplatz. Sehr praktisch zum Be- und Entladen sind die zwei seitlichen Schiebetüren. Das Testfahrzeug war mit dem "großen" Diesel und 109 PS ausgestattet. Damit kam man überall gut mit. Die Höchstgeschwindigkeit von 173 km/h ist nicht opulent und sollte wegen der Geräuschentwicklung auch keineswegs ausgeschöpft werden. Mit einem ruhigen Geist lassen sich aber auch lange Strecken ermüdungsfrei zurücklegen.
Bei den Listenpreisen stockt einem dagegen zunächst der Atem. Das Testfahrzeug kam auf dem Papier fast auf 24.000 Euro. Wer geringe Kilometerleistungen aufzuweisen hat, sollte sich die günstigeren Benzinmotoren genauer ansehen. Der Blick in die Liste versperrt bei Citroen allerdings die Sicht auf die Realitäten - bei der Marke haben Rabatte Tradition. Also nicht gleich erschrecken, da geht sicher etwas. Tageszulassungen mit XTR-Vollausstattungen werden für unter 20.000 Euro angeboten.
Dennoch bewegt man sich mit einem Berlingo in einer Preisregion in der auch ein Opel Zafira zu Hause ist. Im Vergleich zu einem Mini-Van muss man in den Bereichen Komfort, Leistung und Fahrverhalten erhebliche Einbußen hinnehmen, wirklich punkten kann der große Franzose beim Rauminhalt und der Ladekapazität. Ein normaler Kleinhaushalt benötigt soviel Platz eigentlich nicht. Wenn man aber raumgreifendere Lebensumstände hat, geht die Rechung auf. In einem Berlingo wird man von Rennrädern über Surfbretter alles an Sportgerät unterbringen können, was das Herz begehrt. Und zwar einfach indem man das Zeug hinten reinstellt ohne umständliche Um- und Abbauten. Für zwei Kindchen benötigt man diesen Frachter nicht, aber für eine Tagesmutter mit Kinderschar sieht es anders aus. Auch Handwerker, die ihren Wagen privat nutzen, finden einen praktischen Begleiter auch für die Zeit nach Feierabend.