Fiat Punto Hoffnungsträger

  • von Frank Janssen
Mit dem neuen Punto will Fiat endlich zur Konkurrenz aufschließen. Wenn das schief geht, wird's eng für den angeschlagenen Autobauer.

Luca Cordero di Montezemolo beherrscht die kleinen wie die großen Gesten. Er entstammt einem italienischen Adelsgeschlecht, war in jungen Jahren bereits Enzo Ferraris Assistent und Rennleiter, holte mit Niki Lauda zwei Formel-1-Weltmeistertitel. Nach Ferraris Tod wurde er 1991 Präsident der Sportwagenschmiede, heute ist der 58-jährige "Avvocato" mit den langen grauen Haarsträhnen Präsident von Fiat und vom Industriellenverband.

Zur großen Gala für den neuen Punto, das wichtigste Auto des angeschlagenen Konzerns, kamen bezaubernde Damen in langen Abendkleidern, Würdenträger in reich dekorierten Uniformen und sogar Severino Poletto, der Erzbischof von Turin. Montezemolo stand am Eingang des Festsaals und gab jedem Gast, der ihn im Gedränge nicht übersah, die Hand. Später dann, auf der Bühne, hielt er eine flammende Rede und zugleich ein kostenloses Motivationsseminar für die tausend Gäste, das hier leider nicht in voller Länge wiedergegeben werden kann.

"Grazzie a tutti"

Montezemolo sprach von Turin als "Herz der italienischen Industrie", auch wenn es heute einen Schrittmacher braucht und der Punto im süditalienischen Melfi gebaut wird. Die aktuelle Krise des Autoherstellers ließ er nicht aus - Kunstpause -, "doch wir haben gelernt, immer in die Zukunft zu blicken". Rührung im Saal.

Zuletzt wandte sich der Präsident sogar an eine höhere Macht, es muss der liebe Gott persönlich gewesen sein, denn niemand sonst könnte die Erfüllung dieses Wunsches garantieren. Schlitzohrig bot Montezemolo ihm ein vermeintlich großes Opfer des Konzerns dar: "Damit der Punto ein Erfolg wird, ist man bei Ferrari sogar bereit, dafür auf die Weltmeisterschaft zu verzichten." Doch die Saison war da eh schon gelaufen, der Titel abgehakt. Keiner wusste das besser als Michael Schumacher, der ebenfalls anwesend war. Seine Reaktion auf diesen Schwindel war nicht genau zu erkennen, aber er wird den Erzbischof angelächelt haben, um ihn milde zu stimmen. "Grazie a tutti", danke an alle. Tosender Applaus. Allein für diese Vorstellung müsste man einen neuen Punto kaufen. Die anderen Gründe wägt der stern-Fahrbericht ab.

Technische Daten

Motoren

Benziner: 1,2 l mit 48 kW/65 PS, 1,4 l mit 57 kW/77 PS oder 70 kW/95 PS (ab Febr. 2006)
Diesel: 1,3 l mit 55 kW/75 PS oder 66 kW/90 PS, 1,9 l mit 88 kW/120 PS oder 95 kW/130 PS

Fahrleistung

Spitze: 155 bis 200 km/h
0-100 km/h: 14,5 bis 9,5 Sekunden

Verbrauch auf 100 km

Benziner: 6,1 l/6,1 l/ k. A.
Diesel: 4,7 l/4,6 l/5,6 l/5,7

Abmessungen/Gewichte

L/B/H: 4,03/1,69/1,49 Meter
Leergewicht: von 1,01 bis 1,22 Tonnen

Preis

Ab 11.000 Euro

Glanz & Gloria: schön.

Der neue Punto ist von schlichter Eleganz, garniert mit ein paar sparsam verteilten Hinguckern. Kühlergrill und Scheinwerfer erinnern Kenner entfernt an das Maserati-Coupé - ein Fiat darf das, denn er kommt aus demselben Konzern. An der gestreckten, ansteigenden Seitenlinie fallen die Außenspiegel auf langen Stelzen auf. Das Heck ist wuchtig, mit riesigen Rückleuchten in den Dachholmen.

Gleiten & Geniessen: gut.

Obwohl er sportlich aussieht, fährt sich der Punto durchaus komfortabel. Dazu tragen auch die sehr bequemen Sitze bei. Und das Geräuschniveau ist erfreulich niedrig.

Kind & Kegel: geht so.

Unter der konsequent sportlichen Linie leidet das Raumangebot. Die angepeilte junge Zielgruppe, so das Kalkül, braucht noch keinen Platz wie in einem Van. Dennoch reisen vier Personen bequem; nur mit dem Gepäck sollten sie zurückhaltend sein. Das Kofferraumvolumen (275 Liter) entspricht dem des VW Polo (270 Liter).

Geld & wert: gut.

Die Preise beginnen bei 11000 Euro für den 1,2-Liter-Benziner mit 65 PS und der Active-Ausstattung (Polo mit 55 PS ab 11 250 Euro). Darin sind zwar die Front- und Kopfairbags enthalten, aber nicht die Seitenairbags für die Vordersitze. Die gibt's erst ab der Ausstattung Dynamic.

Fazit: Schicker Flitzer mit Qualitäten.

Die Aussichten auf eine Sanierung von Fiat werden durch ihn besser.

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