Lkw-Boom Bei den Brummis brummt's

Von Christoph M. Schwarzer
Während der Katzenjammer der Autohändler kein Ende nimmt, gehen die Verkaufszahlen bei den Lastern kräftig nach oben. Ein Grund fürs Plus: Die EU-Osterweiterung. Gut für die Hersteller. Schlecht für die rechte Spur.

Von den Erfolgszahlen der Lkw-Hersteller können die Golfs und Astras dieser Welt nur träumen. In Deutschland wurden 2004 noch rund 77.000 Brummis über sechs Tonnen an den Spediteur gebracht. In diesem Jahr werden es wahrscheinlich schon 96.000 werden. Für ganz Europa betrachtet sieht der Schub ähnlich beeindruckend aus: Im gleichen Zeitraum stiegen die Absatzzahlen von etwa 337.000 auf geschätzte 413.000.

Konjunktur und Osterweiterung

"Der Güterverkehr boomt", erklärt Adolf Zobel vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Dafür macht er vor allem die gute Konjunktur, aber auch die staatlichen Anreize zum Neukauf eines abgasärmeren Euro-5-Lasters verantwortlich. Letzterer wird nämlich bei der Maut weniger stark zur Kasse gebeten. Allerdings, so Zobel, gehe der immense Zuwachs, der durch die EU-Osterweiterung entstehe, zum guten Teil an den deutschen Spediteuren vorbei: Die hohen Dieselpreise machen zu schaffen. Und in Polen, der Ukraine oder Russland gehen eigene Fuhrunternehmer erfolgreich in den europäischen Markt.

Transportvolumen wächst

Wer die Lkw aus deutscher Fertigung kauft, interessiert Hersteller wie Mercedes-Benz oder MAN wahrscheinlich nicht. Bei ihnen sieht es gut aus. Die Marke mit dem Stern ist in Europa mit 20,5 Prozent und in Deutschland mit 39,3 Prozent Marktführer. Bei MAN, wo immer noch der Büssing-Löwe stolz am Kühler prangt, sind es etwa 16 Prozent in Europa und 27 in Deutschland. Über die Ursachen ist man sich einig: Die hohe Nachfrage aus Osteuropa als Folge der Zunahme des innereuropäischen Handels löst den Verkaufsboom aus. Für Westeuropa, so Mercedes-Benz, sei die Nachfrage stabil und für Osteuropa stark wachsend.

Aber nicht nur der Verkauf neuer Laster wächst. Auch der Verkehr selbst nimmt stark zu. Die Maßeinheit dafür sind Tonnenkilometer ("Tkm"), das Produkt aus Zuladung mal Transportstrecke. 2004 waren das noch 393 Milliarden Tkm, dieses Jahr werden es 449 Milliarden sein, und 2010 schon geschätzte 488 Milliarden. Dicker Wermutstropfen für die deutschen Spediteure: Die Prognosen des Kraftfahrtbundesamtes gehen davon aus, dass der Anteil ausländischer Spediteure am Transport auf bundesdeutschen Straßen erheblich schneller steigen wird als der einheimischer Fuhrunternehmer.

Straßenschäden

Der Transport-Boom bleibt nicht ohne Folgen. Thomas Hessling, Verkehrsingenieur beim ADAC, erklärt die Dauerbelastung für die Fahrbahnen: "Durch kleine Unebenheiten schlägt jedes Lkw-Rad wie ein Amboss auf die Straße, so dass das ganze Gerüst der Fahrbahn mürbe geklopft wird. Vor allem bei Hitze." Das Problem sei die permanente Belastung und die große Zahl der Laster. Das Ergebnis spürt jeder, der auf der Autobahn rechts fährt: "Die Lkw fahren die Fahrbahnen in Grund und Boden."

Eigentlich sollten die Mauteinnahmen, dieses Jahr etwa 3,3 Milliarden Euro, und die Einnahmen aus der Mineralölsteuer die Kosten für den Straßenbau decken. Wenn der Staat alles Geld, das Pkw und Lkw berappen müssen, wieder ins System stecken würde, sähen die Straßen allerdings erheblich besser aus. Und zumindest beim Transport ist kein Ende der Steigerungen in Sicht: Bis 2050 soll wird sich der Lkw-Verkehr nach Schätzungen verdoppeln.

Müdes Auto-Jahr

Unterdessen geht es am Pkw-Markt weiter nur schleppend voran. Oder genauer gesagt: Es geht bergab. Wahrscheinlich wird die Zahl der Erstzulassungen zum Jahresende bei nur etwa 3,15 Millionen Autos liegen. Ein Minus von fast zehn Prozent, und bei den Privatverkäufen sieht es noch finsterer aus. Daran, sagt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer, sei neben der Mehrwertsteuererhöhung, der geringen Kaufkraft und des demografischen Wandels auch die Verunsicherung durch die Politik in Sachen Kohlendioxid-Steuer Schuld.

Für die Lkw kündigt sich unterdessen ein ganz anderes Nadelöhr an. Die Grenzen des Wachstums setzt hier nicht etwa der steigende Spritpreis. Dessen Anteil an Endprodukten ist weiter sehr gering. Es ist die Infrastruktur, dessen Infarkt den Transport mit dem Brummi irgendwann unrentabel machen könnte. Dauerstau statt Huckepack.