Autokauf Der lange Weg in die Einfahrt

Bevor man die ersten Meter in seinem neuen fahrbaren Untersatz zurückgelegt hat, muss man an sein Auto kommen. Längst hat es sich durchgesetzt, dass man nochmals einige hundert Euro extra bezahlen muss, ehe das neue Familienmitglied in der Hauseinfahrt steht.

Der Kunde hat die Qual der Wahl, denn beide Varianten zur Eigentumsübertragung sind nicht billig. Die meisten Kunden möchten den fahrbaren Untersatz beim Autohändler um die Ecke abholen; zumeist dort, so sie ihn auch gekauft haben. Hierfür berechnet der Autoverkäufer Überführungskosten. Das heißt, er legt diese Kosten auf den Kunden um, die er für den Erhalt des Wagens vom Hersteller zumeist gar nicht bezahlen muss. Denn der Handel kauft zu Komplettpreisen frei Autohaus. Der Betrag zwischen 300 und 1.000 Euro (unabhängig ob Hersteller oder Importeur) ist vielmehr eine etablierte Möglichkeit, noch einmal kräftig abzukassieren und eingeräumte Rabatte abzumildern. Selbst die Opelhändler in der Region Bochum verlangen von ihren Kunden bis zu 400 Euro. Und das obwohl ein Auto wie der Astra nur wenige Kilometer im dortigen Werk vom Band läuft.

In München, Rüsselsheim, Köln oder Stuttgart sieht das nicht anders aus. Ein örtlicher Händler eines Premiumherstellers: "Die Überführungskosten haben sich so durchgesetzt. Wir bekommen den Wagen und müssen ihn ja schließlich noch in den Auslieferungszustand versetzen." Heißt, die müden Dienste wie ein paar Liter Sprit in den Tank und eine Autowäsche lässt man sich fürstlich honorieren. Bei den Überführungskosten handelt es sich laut ADAC "nicht um den Ausgleich tatsächlich entstandener Aufwendungen, sondern es geht um ein zusätzliches Abkassieren."

Erlebniswelt um die Auslieferung

Bis vor ein paar Jahren gab es eine gute Möglichkeit, diesen überflüssigen Nepp zu vermeiden. Wer sein Auto beim Hersteller im Werk selbst abholte, kam um die Überführungskosten herum und machte sich vielleicht noch ein paar nette Tage in Bayern, Schwaben oder an der Weser. Audi und Mercedes waren die ersten, die um die Auslieferung eine wahre Erlebniswelt zauberten - andere folgten. Flughafencharme, Blumen, Capuccino und ein paar nette Fotos - da machte sich gerne nach Bremen, Stuttgart oder Ingolstadt auf. Die Kosten für Mietwagen oder Zugfahrt waren allemal geringer als die Überführung zum Wohnort. Doch die Zeiten haben sich geändert. Selbst wer sein Auto beim Hersteller im Werk auf eigene Kosten abholen will, wird mittlerweile oftmals zur Kasse gebeten.

Sportwagenmagnat Porsche ist das beste Beispiel dafür, dass man den Schuss nicht mehr gehört hat. Wer zum Beispiel das müde ausstaffierte Basismodell Boxster in Stuttgart in Empfang nehmen möchte, muss nicht allein die Flug-, Fahrt- oder Bahnkosten in die Schwabenmetropole selbst bezahlen. Porsche berechnet für die Werksabholung unglaubliche 476 Euro. Hotel- und Anreisekosten muss er extra bezahlen.

Werksführung und Museumsbesuch

Da will auch der sportliche Bayer nicht zurückstecken. Auch seinen BMW kann man in München abholen. Auch wenn Modelle wie der X3 oder der X5 im Süden Amerikas produziert werden, steht die Abholung des Prachtmobils allein eine Gebühr von fast 500 Euro im Wege. Da hilft es auch wenig, wenn man seinen X3 3.0d bereits für mehr als 50.000 Euro ausstaffiert hat. Für die preissensiblen 457 Euro gibt es in München ein Paket, das seinesgleichen sucht. Eine BMW-Werksführung ist ebenso inbegriffen wie ein Besuch des BMW-Museums und tolle Gutscheine für das Restaurant. Dass einem zu dem Preis sogar der einem selbst gehörende Fahrzeugbrief und das Auto übergeben werden, mag manche schon überraschen.

Erlebnispauschale bei Volkswagen

Einige Hersteller zeigen sich deutlich kundenfreundlicher. Entweder die Abholung ist wie bei Mercedes in Rastatt kostenlos oder es wird wie im Fall von Volkswagen eine Erlebnispauschale berechnet. Immer noch eine Frechheit, aber zumindest liegen die Kosten bei deutlich unter 200 Euro. Und um eine solche Summe sollte man beim Autohändler nochmals kritisch nach verhandeln. Zahlen muss man die Gebühr dann nicht.

Stefan Grundhoff/Pressinform