Mit dem Frühling kommt das Geschäft wieder in Schwung. Dann kehren in vielen großen Städten die Leihfahrräder zurück, wie etwa in Berlin, Hamburg, Köln und München. Dort beispielsweise stellt die Bahn-Tochter Call a Bike rund 1000 oder wie in der Hauptstadt sogar 1500 Räder an zentralen Orten, auf Plätzen, Bushaltestellen oder an Bahnhöfen ab.
Das Zweiradfahren auf Zeit und gegen Gebühr ist populär, in immer neuen Städten wird es angeboten. So will in Mainz der stadteigene Bus- und Straßenbahnbetreiber MVG im Juni mit einem eigenen Verleihsystem starten. "Die Mieträder sind mittlerweile fester Bestandteil des öffentlichen Nahverkehrs", schwärmt Hendrik Mlasowsky, Geschäftsführer des Mobilitätsberaters Choice. Doch genau das könnte zum Problem werden.
Geringe Zahlungsbereitschaft der Kommunen
Hinter den Kulissen wird heftig um Geld gerangelt. Den meisten Fahrradverleihern geht es nicht anders als den kommunalen Verkehrsunternehmen mit ihren Bussen und Bahnen: Ein Fahrradverleihsystem lässt sich allein durch die Mieteinnahmen kaum kostendeckend betreiben. Die Firmen sind auf zusätzliche Einnahmen angewiesen, auf großzügige Sponsorenzuschüsse beispielsweise, auf Werbeeinnahmen und vor allem auf öffentliche Zuschüsse. "Ohne Zuzahlung läuft so gut wie nichts", sagt Andreas Knie, Chef des Innovationszentrums für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (Innoz). Knie berät mit Call a Bike den mit Abstand größten deutschen Fahrradverleiher.
Die Finanzkrise der Kommunen aber droht das umweltfreundliche Fahrradfahren auf Zeit auszubremsen, das in den Städten den öffentlichen Nahverkehr optimal ergänzen kann - zumindest vom Frühling bis zum Herbst. Weil das Geschäft im Winter um 80 bis 90 Prozent zurückgeht, verschwinden die meisten Mietvelos dann in Lagerhallen, wo sie repariert und überholt werden. Ausgerechnet im radfreundlichen Bremen etwa fehlt bislang ein Geldgeber und damit ein leistungsstarker Verleiher.
In Hamburg hingegen hat die Deutsche Bahn das "Stadtrad" mit rund 1000 Rädern gestartet, weil die Hansestadt einen jährlichen Zuschuss von rund 1 Million Euro leistet. Ohnehin expandiere die Bahn, so ein Manager, mit Call a Bike nur noch in Städte, die signifikante Zuschüsse garantieren - wie in Stuttgart oder Karlsruhe. Auch in München, Köln, Frankfurt und Berlin versucht der Staatskonzern über seine Call-a-Bike-Mutterfirma DB Rent, die Kommunen schrittweise an der Finanzierung zu beteiligen. "Anders wird es wohl auf Dauer nicht funktionieren", sagt Berater Mlasowsky.
So wie in Mainz. Dort wird der Aufbau eines Mietsystems mit rund 1000 Rädern, 120 elektronischen Verleihstationen und 1400 Stellplätzen mit 3,6 Millionen Euro gesponsert - die eine Hälfte finanziert das Bundesverkehrsministerium im Rahmen eines Modellversuchs, die andere Hälfte schießt die städtische MVG zu. "Unser langfristiges Ziel ist es, kostendeckend zu arbeiten", sagt Projektleiterin Tina Liebig und schränkt sogleich ein: "Das ist aber ein sehr ehrgeiziges Ziel."
Hohe Investitionskosten
Das Beispiel Mainz zeigt: Um einen leistungsfähigen Verleih mit bedienerfreundlichen Radterminals einzurichten, fallen pro Velo schnell Investitionskosten von 2000 Euro an - für das robuste Fahrrad, für die Entleihstationen, das Abrechnungssystem, die Vernetzung. Und vor allem für die IT, die dafür sorgen muss, dass Räder immer dort stehen, wo sie von den Kunden, etwa Berufstätigen, Freizeitfahrern und Touristen, benötigt werden. Auch in Hamburg werden deshalb derzeit die Terminals und Räder kostspielig mit Funktechnik nachgerüstet, der Neustart ist für den 28. Februar geplant.
Weder Marktführer Call a Bike noch der bundesweite Konkurrent Nextbike aus Leipzig, der bislang jedoch deutlich weniger Räder unterhält und der 2012 rund 3000 Leihvelos im Ruhrgebiet aufstellen will, äußern sich über ihre wirtschaftliche Lage. Nextbike erhält an seinen Standorten zumeist ebenfalls öffentliche Zuschüsse und versucht es, anders als die Bahn-Tochter, mit Werbeeinnahmen. Das große Seitenschutzblech des Hinterrads dient hier als Reklametafel.
Geht es um die Finanzierung, schauen beide Radverleiher sehnsüchtig nach London. Dort wurden in der Innenstadt 400 Leihstationen gebaut, mit rund 6000 Rädern, die als "Barclay's Cycle" fahren. 25 Millionen Pfund lässt sich die Bank dies kosten.