Toyota-Rückruf Kleine Teile mit globalen Wirkungen

Ein defektes Gaspedal bringt eine Weltfirma zum Straucheln. Dabei ist Toyota kein Einzelfall. Die "Gleichteilestrategie" der Automobilindustrie hat die finanziellen Risiken im Falle eines Fehlers enorm gesteigert.

Die aktuelle Rückrufaktion wegen klemmender Gaspedale ist für Toyota eine Katastrophe. Das Image als Hersteller biederer Qualitätsfahrzeuge hat tiefe Risse bekommen, Firmenchef und japanischer Handelsminister mussten sich entschuldigen. Und die Zukunft wird wenig Gutes bringen: In Amerika kommen peinliche Befragungen auf den japanischen Autobauer zu. Es wird um die Verantwortung für tödliche Unfälle gehen und die Frage, wie und wie spät Toyota die Öffentlichkeit informierte.

Rückrufe und Nachbesserungen hat es schon immer in der Autoindustrie gegeben, doch einen Fall wie die klemmenden Gaspedale von Toyota gab es noch nie. Ein kleines Bauteil kann die Nummer Eins der Branche in ernsthafte Schwierigkeiten bringen, denn die Rückrufaktion wird weltweit über fünf Millionen Fahrzeuge betreffen. Über die Firma Toyota hinaus hat das klemmende Gaspedal eine Signalwirkung für die gesamte Branche. Hier zeige sich ein neues Problem der globalisierten Produktion, sagt Autoexperte Prof. Ferdinand Dudenhöffer. Plattform-Autos und Gleichteilestrategien seien seit über 15 Jahren die Zauberwörter in der Automobilindustrie und dies sei der Grund für das enorme Ausmaß der Rückrufaktion.

Eine Plattform - 20 Modelle

"Gleichteilestrategie" bedeutet, dass im ganzen Konzern möglichst überall gleiche Bauteile verwendet werden. Vor allem dort, wo der Kunde es nicht bemerkt, werden in Konzernen wie Toyota oder Volkswagen möglichst identische Teile verwendet. Ob Kühlerverschlüsse, Ausgleichbehälter für Flüssigkeiten oder Antriebsmotoren für die Scheibenwischer: Ein Teil soll möglichst in der ganzen Flotte passen. Der Vorteil dieser Strategie sind nicht nur sinkende Kosten wegen der großen Produktionszahlen, auch die Entwicklungskosten neuer Modellreihen können nach unten geschraubt werden, wenn ein Teil oder eine Komponente in mehreren Fahrzeug-Modellen zum Einsatz kommt. Nur so ist es möglich, dass in immer kürzerer Folge immer mehr Baureihen auf den Markt kommen. Populäres Beispiel: Auf der Golf-Plattform basieren über 20 Modelle der Marken VW, Audi, Seat und Skoda.

Stellt sich ein gemeinsam benutztes Bauteil als fehlerhaft heraus, sind entsprechend viele Fahrzeuge von dem Problem betroffen. Bei Toyota wurde das fehlerhafte Gaspedal in acht Modellreihen über einen längeren Zeitraum weltweit verbaut. Zusätzlich kommt das fehlerhafte Teil bei Verbundunternehmen und Joint-Venture-Fahrzeugen – wie dem Citroen C1 und Peugeot 107 - zum Einsatz. Eine Kettenreaktion bei den Rückrufen ist die Folge.

Toyota schwächelt im anziehenden US-Markt

Autoexperte Dudenhöffer rechnet mit Kosten im Milliarden-Euro-Bereich für weltweite Nachbesserung von über fünf Millionen Toyota-Fahrzeugen. Die Verluste durch Image-Beschädigung und Verkaufsausfälle kämen noch hinzu. Dudenhöffer: "Sollte es Toyota gelingen, die Probleme jetzt zügig zu heben, ist es möglich, auf das normale Geschäftsniveau in sechs bis neun Monaten wieder zurück zu kehren. Dann wäre kein bleibender Image-Schaden vorhanden. Die Geschwindigkeit, mit der jetzt Toyota das Problem löst, ist entscheidend."

In Amerika trifft die Rückrufaktion Toyota zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Während der japanische Weltmarktführer wegen klemmender Gaspedale millionenfach Autos in die Werkstätten rief, wuchs der US-Automarkt im Januar um 15,4 Prozent. Diese Erholung findet ohne Toyota statt. Während Ford seinen Absatz um mehr als ein Drittel steigern konnte, fiel der Marktanteil des japanischen Autobauers fiel im Januar auf das niedrigste Niveau seit vier Jahren.

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