Verkehrsrecht Schilderchaos für Fortgeschrittene

Von Peter Weyer
Alte Schilder gelten weiter, manche Knöllchen muss man zahlen, andere dagegen nicht. Das Hin und Her des Herren Ramsauer hat jede Menge Verwirrung produziert.

Gut sechs Monate nach ihrem offiziellen Aus hat Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer seine eigene Gesetzesänderung zurückgepfiffen und die alten Verkehrsschilder wieder für gültig erklärt. Die sollten ursprünglich ab September 2009 nicht mehr verbindlich sein und durch solche mit neuem Design ersetzt werden. Eine Übergangsfrist, in der beide Versionen rechtlich verbindlich sein sollten, hatte der CSU-Minister erst gestrichen und jetzt hektisch wieder eingeführt.

Dennoch bleibt die Lage verworren. Was geschieht mit den Buß- und Verwarnungsgelder, die vor der juristischen Rolle rückwärts fällig wurden? Etwa dann, wenn es ein Knöllchen wegen Parkens unter einem alten Halteverbotsschild gegeben hat.

Nach den ersten vor Gericht verhandelten Fällen gibt es einen Trend, so der ADAC-Experte Maximilian Maurer: Widersprüche, die sich auf die Ungültigkeit der Verkehrsregelung berufen, haben kaum Erfolgaussichten. Denn, so sehen das spezialisierte Verkehrsanwälte, auch die ehedem ungültigen Schilder hätten ihre altbekannte „Hinweisfunktion“ behalten. Danach bleibt beispielsweise Parken in der Feuerwehr-Anfahr- und Rettungszone auch dann verboten, wenn die kleinen Richtungspfeile noch die alte, ungültige Herzform statt der neuen, so genannten isometrischen Spitze hatten. Punkte oder Bußgeld drohen weiterhin. Bereits verhängte Punkte in Flensburg werden höchstwahrscheinlich nicht gestrichen, das Bußgeld wird wohl kaum zurückerstattet.

In harmlosen Verwarnungsgeld-Fällen, etwa Falschparken ohne Behinderung, bleibt laut ADAC-Experte Maurer nur der Appell an die Ordnungsämter, auf die weitere Eintreibung des Knöllchens zu verzichten. Wer allerdings schon gezahlt hat, geht leer aus und darf sich als offizieller Sponsor der Bundesrepublik fühlen.

Zwar hat Ramsauer den mindestens rund 200 Millionen Euro teuren Zwangsumtausch der Verkehrsschilder gestoppt, doch das Chaos geht jetzt erst los. Denn der Schildbürgerstreich war nur ein Teil der nunmehr nichtigen Gesetzesnovelle. Dazu gehörten beispielsweise auch die neuen Rechte der Radfahrer, die auch dann eine Fahrspur der Straße benutzen durften, wenn ein Radweg vorhanden ist. Gilt das generelle Überholverbot an Bahnübergängen und Wartepflicht für LKW an der ersten Bake demnächst nicht mehr? Dürfen Inline-Skater Straßen und Radwege benutzen? Das alles ist noch unklar, den rechten Durchblick hat derzeit niemand.

Besonders groß ist die Verwirrung bei der so genannten Parkraumbewirtschaftungszone. Ramsauer hat eigens das neue Verkehrsschild 314.1 eingeführt, das Zonen kennzeichnet, in denen nur mit Parkschein oder Parkscheibe geparkt werden darf. Etliche Städte und Gemeinden haben das große P auf weißem Grund schon aufgestellt, dürfen dort aber vorläufig nicht "bewirtschaften", also abkassieren.