Mineralölunternehmen müssen als Ausgleich zum Einsatz fossiler Kraftstoffe wie Benzin und Diesel fortschrittliche Biokraftstoffe in Verkehr bringen. Dies schreibt die sogenannte Unterquote vor. Fortschrittliche Biokraftstoffe etwa aus Algen, Gülle oder Bioabfall sollen somit zu einer Treibhausgasminderung und in der Folge zum Klimaschutz beitragen.
Aus China importierte Kraftstoffe, die jedoch fälschlicherweise als fortschrittliche Biokraftstoffe aus Abfall- und Reststoffen deklariert wurden, sollen in Deutschland in Umlauf gekommen sein. Ein Sprecher des Umweltministeriums sagte gegenüber dem stern, es seien von "Marktteilnehmern Hinweise auf mögliche Betrugsfälle eingegangenen". Die zuständige Kontrollbehörde für die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung (Biokraft-NachV) habe "unmittelbar nach Bekanntwerden der Verdachtsfälle die EU-Kommission umfassend informiert. Weiterhin werden die nationalen Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet".
Näher soll es sich bei den falsch zertifizierten Kraftstoffen um Biodiesel handeln. Zu den Stellen, an denen sie in Umlauf gebracht worden sein sollen, wollte sich der Sprecher ebenso wenig äußern wie zu den Mengen. "Die Untersuchungen laufen noch", hieß es. Laut dem britischen Informationsdienst Argus Media, welcher über den angeblichen Vorfall berichtet hatte, würden die Kraftstoffe in großen Mengen seit dem vierten Quartal 2022 eingeführt.
Offenbar falsch zertifizierter Biodiesel im Umlauf
Demnach habe es im Januar und Februar eine Verdoppelung des importierten Biodiesels aus China in Europa im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gegeben. So seien in den ersten beiden Monaten des laufenden Jahres 455.000 Tonnen des Kraftstoffs eingeführt worden, wovon der Großteil in die Niederlande (395.000 Tonnen), nach Belgien (33.000 Tonnen) und Spanien (16.000 Tonnen) gingen. Nach Angaben des Umweltministeriums stammten im Jahr 2021 rund 40 Prozent der in Deutschland importierten Biokraftstoffe aus Asien.
Ein europäischer Produzent habe gegenüber Argus Media den Fall von Biodiesel auf Palmbasis aufgezeigt, der trotz fehlender Zertifizierung in den chinesischen Hafen von Yangpu importiert worden sein soll. Zudem habe der Hersteller Angebote von Biodiesel aus Seifenbeständen aufgezeigt. Dabei muss für die Biokraftstoffproduktion nachweislich nachhaltige Biomasse genutzt werden. Grundsätzlich dürfen solche Kraftstoffe nicht aus Rohstoffen hergestellt werden, die auf Flächen "mit hohem Wert an biologischer Vielfalt" oder mit einem "hohen Kohlenstoffbestand" gewonnen werden. Rohstoffe aus Regenwaldgebieten dürfen zum Beispiel nicht verwendet werden. Auch darf keine Biomasse aus Torfmooren eingesetzt werden.
Fortschrittliche Biokraftstoffe können können auf Einsparziele angerechnet werden
Neben dem Einsatz von grünem Wasserstoff und Strom für Elektrofahrzeuge können Biokraftstoffe die für Mineralunternehmen gesetzlich vorgeschriebene CO2-Einsparung erreichen. Die Treibhausgasquote (THG-Quote) verpflichtet diejenigen, die fossile Kraftstoffe in Verkehr bringen, gegenüber der Biokraftstoffquotenstelle zu einem Nachweis der Treibhausgasminderung. In diesem Jahr liegt die Quote bei acht Prozent; sie soll schrittweise jährlich angehoben werden.
Weiter verpflichtet die mit der 38. Bundes-Immissionsschutzverordnung (38. BImSchV) eingeführte Unterquote Mineralunternehmen seit 2020 dazu, jährlich einen gewissen Anteil an fortschrittlichen Kraftstoffen in Verkehr zu bringen. Seit vergangenem Jahr müssen dafür fortschrittliche Biokraftstoffe verwendet werden. Hat ein Unternehmen im vergangenen Jahr mindestens eine Kraftstoffmenge von zwei Petajoule in Verkehr gebracht, so muss der Anteil fortschrittlicher Kraftstoffe in diesem Jahr bei 0,3 Prozent liegen. Übertreffen sie die vorgeschriebene Mindestmenge an fortschrittlichen Biokraftstoffen, so können diese auf das Folgejahr übertragen werden. Alternativ lässt sich die Menge auf das aktuelle Verpflichtungsjahr in doppelter Höhe anwenden.
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Und so beeinflussen die großen Importmengen von fortschrittlichem Biodiesel die Preise anderer Biokraftstoffe, die den handelsüblichen Kraftstoffen beigemischt werden. Schließlich lässt sich die THG-Quote auf diese Weise leichter erfüllen. Darüber, wie sich künftig erfolgreicher gewährleisten lässt, dass mehr wirklich fortschrittliche Biokraftstoffe verfügbar werden und das Aufkommen jener mit gefälschten Zertifikaten vermieden wird, wird die zuständige Kontrollbehörde mit der EU-Kommission thematisieren.