Heftige Spekulationen und Gerüchte um die neue Spielekonsole von Microsoft kursierten trotz strenger Geheimhaltung seit Wochen im Internet. Am Freitag hat der weltgrößte Softwarekonzern nun das Geheimnis um die neue Xbox gelüftet. In einer halbstündigen Show auf dem TV-Sender MTV präsentierte der Softwaregigant sein neues Produkt: Die "Xbox 360" soll mit völlig neuem Design, leistungsstarker Rechenpower und umfangreichem Spieleservice die nächste Generation der Spielekonsolen einläuten. Vor allem erhofft sich Microsoft, endlich an Sony und dessen Playstation, dem traditionellen Marktführer im 6,2 Milliarden schweren Videospiele-Markt, vorbeizuziehen.
"Das ist der erste Schuss im Konsolen-Krieg" kommentierte Michael Gartenberg, Analyst bei Jupiter Research in New York. Microsoft sei fest überzeugt, dass die Playstation 2 nur wegen ihres damals 18-monatigen Zeitvorsprungs erfolgreicher als die Xbox war, ist sich Gertenberg sicher. Nun enthüllte der Softwarekonzern sein neues Produkt sogar Tage vor dem zuletzt erwarteten Termin, der Spielefachmesse E3 in Los Angeles (18. bis 20. Mai). "Warum sollten wir die neue Xbox 360 erst auf der E3 zeigen, da sind ja keine Konsumenten", begründet Xbox-Chef Robbie Bach den vorgezogenen Launch. Microsoft will die Xbox 360 nach eigenen Angaben rechtzeitig zur Feriensaison im November in den USA in die Läden bringen. Einen Preis nannte der für das Marketing des Gerätes verantwortliche Microsoft-Vizepräsident Peter Moore noch nicht. In Europa und Japan soll die Xbox 360 etwa sechs Wochen nach dem US-Start zu haben sein.
Entwickelt wurde auf Apple-Rechnern
Die Xbox 360 entstand in einem kleinen Entwicklungslabor auf dem Microsoft-Campus in Redmond (US-Bundesstaat Washington) unter Führung von Microsoft-Manager J Allard. Hier wurde vom Design über den Namen bis hin zur Marke alles erschaffen. Eine kleine Besonderheit im Microsoft-Reich: Die Entwickler-Software der Konsole lief auf Apple Macintosh G5-Rechnern.
Ganz in weiß
Mit ihrer Vorgängerin in ihrem Kastengehäuse, das einem PC deutlich mehr ähnelte als einem High-Tech-Spielzeug, hat die neue Xbox 360 kaum noch Ähnlichkeit. Das vorwiegend weiße, leicht konvexe Gehäuse kann auch hochkant gestellt werden. "Das glaubt hier kaum einer, dass das Design der Xbox 360 aus Amerika kommt", sagt Microsoft-Mitarbeiter Jeff Handshaw stolz. Ein Leuchtring um den an der Frontseite angebrachten An-Aus-Knopf hat mehrere Funktionalitäten und signalisiert zum Beispiel, ob eine E-Mail eingegangen ist.
Drei Kerne à 3,2 Gigahertz
Herzstück der neuen Konsole ist ein schneller PowerPC-Prozessor von IBM mit drei Prozessor-Kernen (multicore), die jeweils eine Leistung von 3,2 Gigahertz erreichen sollen. Die 20 Gigabyte Festplatte ist abnehmbar und lässt sich auch an den PC anschließen. Über einen an der Frontseite angebrachten USB-Anschluss lassen sich Daten von einem MP3-Player oder der Digitalkameras übertragen oder der drahtlose Controller aufladen. "Drahtlos wird der Schlüssel zum Erfolg sein", meint Allard.
Für das erste Gerät habe Microsoft lediglich 19 Monate Entwicklungszeit gehabt, sagte J Allard. "Und wir mussten erst herausfinden, wie man sich eine breite Zielgruppe schafft", betont Bach. Für die neue Generation zeigen sich die Entwickler zuversichtlich. Nach Angaben des "Wall Street Journal" verzeichnete die Xbox-Division des Softwaregiganten in den vergangenen beiden Jahren rund 1,2 Milliarden Dollar jährlichen Verlust.
Dominanz der PS2
Vor rund dreieinhalb Jahren war Microsoft erstmals in den Markt der Spielekonsolen eingedrungen, den sich traditionell die japanischen Unternehmen Sony und Nintendo geteilt hatten. Nach Angaben von Anthony Gikas, Analyst bei Piper Jaffray & Co., dominiert die Playstation 2 von Sony den US-Markt mit 56 Prozent (47,3 Millionen verkaufte Konsolen), Microsoft kommt danach mit 25 Prozent auf Platz zwei. Nach Angaben von Robbie Bach wurden innerhalb der letzten drei Jahre weltweit 20 Millionen Xbox-Konsolen verkauft. In Deutschland soll der Marktanteil der Playstation 2 nach Angaben von Sony zuletzt im Herbst 2004 auf 75 Prozent geklettert sein.