Ich kann mich noch gut erinnern. Vor über 25 Jahren saßen Surma, Nob und ich als Schüler bei Wollny im Keller. Wollny wohnte in Berlin-Wannseee "gleich hinter der letzten Laterne links" und wollte schon immer einmal zur Polizei gehen. Was er auch geschafft hat. Damals zeigte uns Wollny den Film "Rambo". Das war natürlich eigentlich nix für uns - wir waren viel zu jung für den blutigen Actionreißer mit Sly Stallone. Was uns ebenso natürlich nicht die Bohne gekümmert hat.
Wollny kannte den Film schon, wir nicht. Und so servierte er uns am VHS-Videorekorder eine Rambo-Version in zehn Minuten. Dabei spulte er extra für uns alle überflüssigen Szenen weg - "Jetzt läuft Rambo nur, das ist langweilig" -, um dann ganz schnell zu den kernigen und blutigen Kampfszenen zu kommen. Die durften wir uns dafür gleich drei Mal nacheinander anschauen.
An Wollny und seine komprimierten Filmvorführungen muss ich jetzt oft denken, wenn ich selbst anfange, am PC mit meinen Filmen rumzuwerkeln. Ich bin nämlich der Meinung, dass es wichtig ist, die Medienerziehung der Kinder selbst zu übernehmen. Ebenso, wie es wichtig ist, die Kinder einen Kanon bestimmter Bücher lesen zu lassen, denke ich, dass sie als Mitglieder unserer westlichen Zivilisation eine Reihe "wichtiger" Filme sehen müssen, damit sie mitreden können.
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In seiner Freizeit geht Carsten Scheibe golfen - und arbeitet daran, dass der Golfball auf derselben Bahn ankommt, von der er abschlägt. Wenn's mit dem Spielen nicht so gut klappt, schreibt er lieber - für das eigene, kostenfrei in den Golf-Clubs ausliegende Magazin "Mein Golf-Heft". Das gibt's mit allen Artikeln auch im Internet. Natürlich ist der PC auch hier ein Thema.
Disney-Trickfilme haben wir bei unseren Filmvorführungen ignoriert, weil in vielen Filmen die Mutter stirbt oder schon tot ist. Dafür haben wir allerdings fast alle Filme der Disney-Tochter Pixar gesehen, Dick & Doof abgehakt, Astrid Lindgren rauf und runter geschaut und erste Familienfilme bestaunt wie "George aus dem Dschungel", "Police Academy 1", "Kevin allein zu Haus" und "Die Bären sind los".
Jetzt ist es eigentlich an der Zeit für die echten, großen Klassiker. Mein Großer hat "Star Wars" und "Harry Potter" schon durch, jetzt stehen bald "Indiana Jones" und "Piraten der Karibik" auf dem Plan. Ja, ja, ist schon klar. Ich weiß, dass in den Filmen so einige Szenen enthalten sind, die für Kinder noch nicht geeignet sind - egal, welche Altersempfehlung auf dem Cover steht.
Um das Problem zu lösen, habe ich mir schon vor vielen Monaten eine Methode ausgedacht, die sehr gut greift - die reverse Wollny-Methode. Das bedeutet, dass ich im Gegensatz zu Kumpel Wollny nur noch zeige, wie Rambo läuft. Aber nicht mehr, wie er kämpft. Dazu schaue ich mir den Film, den ich den Kindern zeigen möchte, zunächst alleine am Rechner an und mache mir digitale Lesezeichen im Player-Programm - immer genau hinter den gruseligen oder brutalen Szenen, wenn es wieder "normal" weitergeht.
So haben wir die ersten Potter-Filme gesehen - mit den tollen Szenen im Unterricht, mit den spannenden Quidditsch-Spielen und mit all dem lockeren Drumherum. Die Auftritte von Voldemort, die Kampfszenen in der Kammer des Schreckens - alles habe ich geschickt ausgeblendet. Die Kinder fanden die ersten drei Filme toll - vor allem Ron, der nach einem missglückten Zauber Nacktschnecken kotzen muss. Dass es in den Filmen auch grimmig zur Sache geht, haben sie in meiner selbst-zensierten Fassung gar nicht mitbekommen.
Dumm nur, wenn sie dann im Unterricht prahlen, dass sie schon "Herr der Ringe" gesehen haben. Klar, dass ist doch der schöne Film mit dem magischen Feuerwerk am Anfang, den elegischen Märschen durch die Natur und der zauberhaften Übernachtung in Galadriels Waldreich. "Ach, jetzt kämpfen sie nur", sagte ich seinerzeit und spulte zum nächsten Lesezeichen vor.
Obwohl: Mein Großer fängt inzwischen an, sich genau für diese übersprungenen Szenen zu interessieren. "Papa, das ist doch kein Frauenfilm. Zeig doch mal die Action". Wollny wäre stolz auf ihn.