So werden Zuschauer manipuliert Bösewichter bevorzugt: Das ist das Geheimnis der Netflix-Kacheln

Die Auswahl der Kacheln ist nicht so zufällig, wie es scheint
Die Auswahl der Kacheln ist nicht so zufällig, wie es scheint
© Netflix /Screenshot
Netflix ist bekannt dafür, nichts dem Zufall zu überlassen. Die Serien- und Filmvorschläge sind komplett auf den Geschmack der Zuschauer ausgerichtet. Selbst hinter den kleinen Vorschaukacheln steckt mehr, als man zunächst denkt.

Netflix wächst und wächst: Innerhalb weniger Jahre wurde die Streamingplattform zu einem der größten Player im weltweiten Serien-Geschäft. Um die Kunden langfristig bei der Stange zu halten, muss Netflix sein Angebot stetig optimieren. Dafür braucht der Konzern nicht nur ständig neue Filme und Serien, sondern muss auch das bereits vorhandene Angebot auf jeden Zuschauer individuell anpassen.

Eine Mammutaufgabe für die Software-Ingenieure. Denn obwohl alle Nutzer auf den gleichen Filmkatalog zugreifen, bekommt jeder andere Empfehlungen angezeigt. Dahinter stecken viel Mathematik und ausgefeilte Algorithmen.

So optimiert Netflix die Film-Vorschau

90 Sekunden. So viel Zeit verbringt ein durchschnittlicher Netflix-Zuschauer beim Scrollen durch das Menü, bis er genervt aufgibt und sich einer anderen Tätigkeit widmet, erklärte der Konzern vor einigen Jahren. Und genau das wollen die Netflix-Macher um jeden Preis verhindern. Denn wenn der Zuschauer drei-, viermal nicht fündig wird, kündigt er den Dienst möglicherweise - und die Streaming-Konkurrenz ist groß.

Deshalb analysiert Netflix jeden Klick und sammelt Dutzende Daten. Es wird nicht nur aufgezeichnet, wann welche Serie auf welchem Gerät gestreamt wurde. Sondern auch, wann man pausiert oder gar die Wiedergabe abbricht. Anhand dieser Erkenntnisse wird der Dienst ständig umgebaut. In einem Blogbeitrag hat Netflix Einblicke gegeben, warum sich die Thumbnails, die kleinen Vorschaubildchen, ständig verändern.

Ein Film mit einem Bild erklärt

Weil Netflix nur 90 Sekunden zur Verfügung stehen, um den Kunden zu überzeugen, arbeitet der Dienst hauptsächlich mit Bildern. Scrollt man durch das Menü, sieht man jede Menge kleiner Vorschaubilder - ein Prinzip, dass sich seit den Anfangstagen nicht geändert hat. Wählt man eines der Bildchen aus, wird es größer, dazu gibt es ein paar Zeilen Text mit einer groben Inhaltsangabe. 82 Prozent aller Zuschauer legen dabei den größten Wert auf das Bild, mit dem Netflix eine Serie oder einen Film anteasert. Besonders bemerkenswert: Die durchschnittliche Verweildauer pro Vorschaubild lag bei gerade einmal 1,8 Sekunden.

Doch wie sieht das perfekte Vorschaubild aus? Das ist je nach Zielgruppe und Region unterschiedlich. Gut funktionieren laut Netflix Gesichter mit komplexen Emotionen, weil sie die Neugier der Zuschauer anregen und bereits etwas über die Stimmung der Serie oder des Films verraten. Ein freundliches Gesicht wirkt schnell langweilig.

Bösewichter bevorzugt

Wie unterschiedlich Länder auf verschiedene Bilder reagieren, demonstriert Netflix in dem Blogeintrag anhand der mittlerweile abgesetzten Serie "Sense8". In Deutschland kam etwa das schlichte Bild mit dem Schriftzug und einer schwarzen Acht aus stilisierten Gesichtern im Hintergrund am besten an. In Brasilien war eine gesichtslose Frau mit dunkler Hautfarbe prominent zu sehen, in Amerika eine asiatische Kämpferin, in Großbritannien ein Mann mit weißem Hemd und gezückter Pistole.

Zudem zeigte sich, dass Bösewichter oder polarisierende Charaktere besser ankommen als die Helden - das war selbst bei Kinderfilmen der Fall. Außerdem bewahrheitete sich auch die Regel "Weniger ist Mehr": Mehr als drei Menschen auf einem Bild sind ein absolutes No-Go und überfordern die Zuschauer.

Wie sehr Netflix sein Angebot anhand dieser Daten ausrichtet, zeigt sich am Beispiel der Frauenknastserie "Orange Is The New Black": Auf dem Vorschaubild der ersten Staffel waren acht Figuren zu sehen, auf dem der zweiten nur noch die Hauptdarstellerin, allerdings mit eher emotionslosem Gesichtsausdruck. Bei der dritten Staffel war ebenfalls die Hauptfigur zu sehen, allerdings mit deutlich emotionalerer Mimik. "Bilder sind mächtig. Sie haben die Fähigkeit, Menschen auf so viele unterschiedliche Arten und Weisen zu beeinflussen", erklärte der Konzern.

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cf

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