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AirPower Jahrelang verzögert, dann ganz gestrichen: Apples größter Flop seit Jahrzehnten

Gemeinsam mit iPhone X und iPhone 8 kündigte Apple am 12. September 2017 auch AirPower an
Gemeinsam mit iPhone X und iPhone 8 kündigte Apple am 12. September 2017 auch AirPower an
© Marcio Jose Sanchez/ / Picture Alliance
Hype für Produkte erzeugt kein Unternehmen so gut wie Apple. Bei AirPower ging das nun nach hinten los. Eine Revolution des kabellosen Ladens versprach man bei der Ankündigung 2017. Nun musste Apple sein Scheitern zugeben.

"Wir glauben, es wird die ganze Industrie nach vorne bringen" - so teaserte Apple im Herbst 2017 sein wohl größtes Scheitern der letzten Jahrzehnte an. Die Ladematte AirPower sollte das kabellose Aufladen revolutionieren. Bis zuletzt fieberten Fans der Matte entgegen, immer wieder tauchten Hinweise auf ein baldiges Erscheinen auf. Jetzt musste Apple das Projekt einstellen. Es ist das erste angekündigte und dann vor Erscheinen eingestellte Hardware-Produkt des Konzerns seit über 30 Jahren.

Dabei war der Hype um AirPower durchaus gerechtfertigt. Smartphones kabellos zu laden funktioniert über den QI-Standard schon seit Jahren, Apple kam eigentlich recht spät zur Party. Dafür wollte man aber die nervigsten Beschränkungen des Standards aufbrechen. Bei herkömmlichen Ladematten kann immer nur ein Gerät gleichzeitig geladen werden, es muss dazu noch an einer exakten Position liegen. AirPower dagegen sollte drei Geräte wie iPhone, Apple Watch und AirPods gleichzeitig betanken können - egal, wo die nun genau liegen. Eine deutlich nutzerfreundlichere Lösung.

(Zu) große Ambitionen

Nun scheint genau diese Ambition der Grund für das Scheitern zu sein. "Nach vielen Anstrengungen haben wir die Schlussfolgerung gezogen, dass AirPower unsere hohen Erwartungen nicht erfüllen kann, und haben das Projekt beendet", erklärte Apples Senior Vice President für Hardware-Entwicklung, Da Riccio, am Freitag in einer E-Mail an die Presse. Man glaube aber weiter an die kabellose Zukunft.

Was genau hinter dem Scheitern steckt, verrät Apple nicht. Experten zufolge dürfte die Hitze-Entwicklung das größte Problem sein. Um mehrere Geräte und das Laden an beliebiger Stelle zu erlauben, brauchte das System deutlich mehr Ladespulen als herkömmliche Produkte. Die dadurch entstehende Hitze sei nicht in den Griff zu bekommen, erklärten einige Apple-Mitarbeiter schon im letzten Herbst gegenüber Apple-Blogger John Gruber.

Unlösbare Probleme

Trotzdem scheint sich Apple bis zum Ende sicher gewesen zu sein, dass man es doch noch schaffen kann. Bei der AirPower-Ankündigung wurden funktionierende Modelle vorgeführt, dann war es eine Weile still um die Ladematte. Das vage als Veröffentlichungszeitpunkt genannte Jahr 2018 verstrich ohne echte Hinweise. Dieses Jahr ging es plötzlich wieder los. Auf den Verpackungen der neuen AirPods tauchte die Matte auf, im aktuellen iPhone-System 12.2 ebenfalls. Anfang März gab es Gerüchte, dass die Massenproduktion begonnen hätte. Und plötzlich war offiziell Schluss.

Tatsächlich hat es Apple in der Vergangenheit schon öfter geschafft, große Versprechen auf den letzten Metern einzulösen. Bei der ersten Doppelkamera im iPhone 7 Plus war etwa kurz vor der Vorstellung noch nicht jedes Problem behoben, Apple hatte bis zuletzt eine Variante mit einer einzelnen Kamera als Notlösung bereitgehalten. Schon bei der Vorstellung des ersten iPhones mussten die Ingenieure noch bangen, ob auf der Bühne alles funktionieren würde. Hätte Steve Jobs verzweifelt auf dem Bildschirm herumtatschen müssen, wäre die Geschichte des Smartphones wohl anders verlaufen.

Nur ein einzelner Hardware-Totalausfall

Echte Totalausfälle sind bei Apple aber die Ausnahme. Bei Software musste man mit Facetime als offenem Standard, dem Betriebssystem Copland und anderen zwar Misserfolge verkraften. Das letzte - und einzige - bereits angekündigte Hardware-Produkt, das dann wieder gestrichen wurde, liegt mehr als 30 Jahre zurück. Mit einer eigenen Macintosh-Office-Suite wollte der Konzern 1985 IBM Konkurrenz machen, verkaufte ein Netzwerk-System aus Rechnern, Laserdrucker und Dateiserver. Den Server konnte Apple aber nie ausliefern. Er sollte erst nachgereicht werden, vor seiner Fertigstellung wurde aber die übrige Suite wegen zu geringer Verkäufe aus dem Handel genommen.

Mit Verzögerungen musste Apple in den letzten Jahren allerdings häufiger kämpfen. Das iPhone X und das iPhone Xr veröffentlichte Apple erst einige Wochen nach der Ankündigung. Facetime für Gruppen wurde mehrfach nach hinten geschoben, sogar nach Release wegen Sicherheitsproblemen wieder abgeschaltet. Die ersten AirPods kamen später als angekündigt, auch das kabellose Ladecase für die Kopfhörer hatte der Konzern lange vor dem Verkaufsstart zusammen mit AirPower vorgestellt. Anders als die Ladematte kam es dann vorletzte Woche in den Handel.

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