Er ist jemand, der es wissen muss. Als die digitale Revolution einen PC in jedes Zuhause brachte und das Internet unersetzlich wurde, war Bill Gates' Unternehmen Microsoft ganz vorne dabei. Dass er die Smartphone-Revolution verschlief, sieht er heute als den größten Fehler seiner Karriere (hier erfahren Sie mehr). Seiner jüngsten Aussage verleiht das nur noch mehr Gewicht: Gates sieht künstliche Intelligenz als eine der wegweisendsten Veränderungen seit Jahrzehnten.
Das berichtet Gates in einem langen Post auf seinem persönlichen Blog. "Das Zeitalter der KI hat begonnen", verkündet er schon im Titel. Er sieht nicht weniger als Bahnbrechendes auf uns zukommen: "Die KI-Entwicklung ist eine so fundamentale Veränderung wie die Schöpfung des Mikroprozessors, des PCs, des Internets und des Mobiltelefons", ist er sich sicher. "Sie wird verändern, wie Menschen arbeiten, lernen, reisen, Gesundheitsversorgung bekommen und miteinander kommunizieren. Ganze Industrien werden sich darum neu orientieren müssen."
Die zweite große Entwicklung
Um klar zu machen, wie ernst es ihm ist, greift er zu einer persönlichen Anekdote. Er habe genau zweimal in seinem Leben gewusst, dass er gerade einer technologischen Revolution beiwohnt. Im ersten Fall habe ihm sein späterer Angestellter Charles Simonyi zum ersten Mal sein Konzept einer grafischen Benutzeroberfläche vorgeführt, aus der Microsoft später sein wichtigstes Produkt Windows entwickelte – und den PC in den Mainstream katapultierte. Die zweite solche Überraschung habe er dann letztes Jahr erlebt, als OpenAI seinem Investor Gates eine Vorschau auf sein Sprachmodell ChatGPT gewährte.
Er sei begeistert gewesen und habe den Entwicklern eine Herausforderung gestellt. Es sollte so trainiert werden, dass es eine Biologie-Aufnahmeprüfung für US-Universitäten schafft - zu Fragen, die ihm vorher noch nie gestellt worden waren. "Ich dachte, damit sind sie nun zwei oder drei Jahre beschäftigt", erinnert sich Gates. "Sie waren nach wenigen Monaten fertig." Kurze Zeit später sei die KI dazu in der Lage gewesen, 59 von 60 Fragen korrekt zu beantworten und Essays zu den Themen zu verfassen.
"Als es die Prüfung gemeistert hatte, baten wir es, eine nichtwissenschaftliche Frage zu beantworten: 'Was soll ich zum Vater eines kranken Kindes sagen?' Es schrieb eine tiefsinnige Antwort, die kaum jemand im Raum besser hätte in Worte fassen können", schwärmt Gates. "In dem Moment wusste ich: Das ist die größte technologische Neuerung seit der grafischen Benutzeroberfläche."
Die Mega-Jachten der Tech-Milliardäre: So luxuriös schippern Jeff Bezos, Bill Gates und Co. über die Weltmeere

Geschätzter Preis: 235 Millionen Euro
Länge: 126 Meter
Baujahr und Werft: 2003, Lürssen (Deutschland)
Eigner: Die Octopus war bei ihrem Bau eine der weltgrößten Jachten und gehörte dem verstorbenen Microsoft-Mitgründer Paul Allen. 2021 wurde sie verkauft, der aktuelle Eigentümer ist Roger Samuelsson, Profisegler und Inhaber des Konzerns SHL Medical.
Chance auf eine gerechtere Welt
Anders als beim grafischen Interface steht für ihn bei KI aber nicht das eigene Geschäft im Vordergrund. "Ich bin heute hauptberuflich Philanthrop", fasst Gates trocken seine zahlreichen Bemühungen zur Bekämpfung von Pandemien und dem weltweiten Hunger zusammen. "Und als solcher habe ich viel darüber nachgedacht, wie KI uns - neben den zahlreichen Möglichkeiten, Menschen produktiver zu machen – helfen kann, die schlimmsten Ungleichheiten auf der Welt zu beheben", erklärt er. Dabei sieht er vor allem Chancen in zwei großen Bereiche: Gesundheit und Bildung.
Gerade in der Gesundheit könnte KI große Erleichterungen bringen, glaubt Gates. Durch die Unterstützung bei der Dokumentation schaufle sie den Ärzten und Pflegern Raum frei, sich mehr um die Menschen zu kümmern. Gleichzeitig könne sie bei der Erkennung von Symptomen unterstützen und die Suche nach neuen Medikamenten unterstützen. Das biete vor allem in den Entwicklungsländern ein gigantisches Potenzial, die im Vergleich zum reichen Westen deutlich schlechtere medizinische Versorgung zu verbessern.
Lern-Revolution
Auch bei der Bildung gilt es Hindernisse zu überwinden. "Computer haben nicht den Effekt auf Bildung gehabt, den viele von uns sich erhofft haben", gibt Gates selbstkritisch zu. Er glaube aber fest daran, dass sich das mit KI-Unterstützung in den kommenden Jahren endlich ändern kann. Während die aktuelle Diskussion um KI in der Bildung sich vor allem um die Möglichkeiten des Betrugs bei Prüfungen beschränkt, sieht er sie eher als Chance." Sie wird unsere Interessen kennen, unseren Lernstil. Und sie wird den Lernstoff so anlegen können, dass wir uns gerne damit beschäftigen", ist er überzeugt.
Dabei werde die KI den Lehrer und das Lernen selbst aber nicht ersetzen. "Es wird die Arbeit zwischen Lehrer und Schüler nur verbessern können - aber nie ersetzen."
Es gibt auch Gefahren
Natürlich ist sich Gates bewusst, dass viele Menschen sich angesichts der immer schlauer wirkenden Maschinen auch Sorgen machen. Natürlich gebe es die Gefahr, dass KI als Waffe benutzt werden könnte, dass die Menschen die Kontrolle über sie verlieren. "Wie jede Erfindung kann KI für gute und für böse Zwecke genutzt werden", weiß Gates. Er sieht daher die Regierungen in der Verantwortung, die Firmen für einen ethischen Umgang und Sicherheitsmaßnahmen verantwortlich zu machen. Noch seien diese Probleme allerdings erst in noch ferner Zukunft, es sei noch Zeit, die Entscheidungen zu treffen, beruhigt er.
Bei einigen der kleineren Probleme muss man allerdings jetzt handeln. So müsse man die Vorraussetzungen schaffen, dass auch Schulen in ärmeren Gegenden die entsprechenden Werkzeuge nutzen könnten, um die Kluft zwischen Arm und Reich bei der Bildung nicht noch weiter zu vertiefen.
Um die Technologie wirklich zur Verbesserung der weltweiten Gesundheitssituation nutzen zu können, müsse sie auch an die unterschiedlichen Gegebenheiten angepasst werden, warnt Gates: "Die KI-Modelle in ärmeren Ländern müssen anhand anderer Krankheiten trainiert werden. Sie müssen andere Sprachen verstehen, andere Herausforderungen meistern. Etwa Patienten, die sehr weit von Kliniken entfernt leben und sich den Transport nicht leisten können. Oder die sich keine Genesungspausen leisten können", sagt Gates voraus.
Die Entwicklung von KI aktuell vor allem von den reichen Staaten und auch dort nur von kleinen Gruppen vorangetrieben wird, wurden in der Vergangenheit bereits mehrfach blinde Flecken oder systematische Benachteiligungen gegenüber mancher Gruppen durch die KIs kritisiert. Wenn sich das nicht ändert, wäre die Chance zur Angleichung verpasst.
Quelle: Bill Gates