Internet-Mobbing Schulcodex soll Lehrer schützen

Lehrer-Mobbing im Netz: Ein Verhaltenscodex soll gemeinsam mit Schülern und Lehrern erarbeitet werden
Lehrer-Mobbing im Netz: Ein Verhaltenscodex soll gemeinsam mit Schülern und Lehrern erarbeitet werden
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Beleidigt, bedroht und belästigt: Lehrer sehen sich immer häufiger als Opfer von Mobbing im Netz. Gewerkschaften fordern nun einen Schulcodex, der die Lehrer besser vor Anfeindungen schützen soll.

Videomitschnitte, Beleidigungen und schlechte Noten: Lehrer müssen sich zunehmend mit Anfeindungen im Internet herumschlagen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderten deshalb am Mittwoch in Berlin einen besseren Schutz von Lehrern gegen das so genannte Internet-Mobbing. Sie sprachen sich für klare gesetzliche Regelungen und einen Schulcodex aus, der unter anderem ein Verbot von Handys im Unterricht beinhaltet.

In den vergangenen Wochen hatte es vermehrt Berichte über Mobbing-Attacken gegen Lehrer im Internet gegeben. Lehrergesichter wurden in pornografische Fotos und Hinrichtungsvideos montiert und ins Netz gestellt, beklagten sich Pädagogen. In Internetforen und Chatrooms seien Lehrer verleumdet, bedroht und belästigt worden. Schülerstreiche und Mobbing an Schulen habe es immer gegeben, betonte am Mittwoch der der GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne. Eine Karikatur an der Tafel oder eine Reißzwecke auf dem Stuhl - die Streiche hätten sich jedoch im Klassenraum abgespielt und nicht vor einem potenziellen Millionenpublikum.

"Lehrkräfte, Schüler und Eltern sollten gemeinsam einen Verhaltenscodex erarbeiten und vereinbaren", empfahl GEW-Vize Marianne Demmer. Dazu gehöre etwa, dass Handys und Handy-Kameras während des Unterrichts ausgeschaltet werden müssten und genauso wie das Internet nicht für Mobbing-Zwecke oder Gewaltdarstellungen genutzt werden dürften. "Für alle Gewalthandlungen an Schulen muss null Toleranz gelten", betonte die Schulpsychologin Aida Lorenz, die Berliner Schulen bei der Aufarbeitung von Gewalttaten unterstützt. Sie macht sich vor allem für klare Sanktionen stark. "Es ist wichtig, dass die Schüler wissen, dass reagiert und konsequent gehandelt wird", sagte Lorenz.

Straf- und zivilrechtliche Konsequenzen

Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg sagte, den Schülern müsse klar gemacht werden, dass Internet-Mobbing strafbar sei. Neben einer Anzeige wegen Beleidigung oder Nötigung müssten die Täter auch mit zivilrechtlichen Klagen rechnen. Demmer ergänzte: "Wenn Lehrerinnen und Lehrer in völlig unangemessener Weise gekränkt, gedemütigt und diffamiert werden, sollten die Betroffenen nicht zögern, Anzeige zu erstatten." Der Vorsitzende des Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, forderte Nachbesserungen am Telemediengesetz.

Nach wie vor könnten Anbieter wie das Videoportal "Youtube" nicht für die Einstellung fremder Inhalte auf ihren Plattformen verantwortlich gemacht werden. Damit liege der Schwarze Peter bei den Opfern, die selbst juristisch gegen die unbekannten Täter vorgehen müssten. Nach Ansicht von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries reichen die gesetzlichen Sanktionsmöglichkeiten jedoch aus, um gegen Lehrer-Mobbing im Internet vorzugehen. "Wir beobachten das, aber generell gilt, was im wirklichen Leben verboten ist, ist auch im Internet verboten", sagte die SPD-Politikerin dem "Darmstädter Echo" laut Vorabmeldung.

In der Kritik steht außerdem die Internet-Seite "spickmich.de". Dort können Schüler ihren Lehrern Zensuren geben - auch in Kategorien wie "sexy" oder "cool". Ein Kölner Gericht hatte Anfang Juli entschieden, dass es sich im Fall einer klagenden Lehrerin nicht um eine Schmähung, sondern eine Meinungsäußerung gehandelt habe. Schulexpertin Demmer rät betroffenen Lehrern, Bewertungsseiten wie "spickmich" als Chance zu sehen. Sie sollten sogar selbst ein Feedback in ihren Unterricht einbauen. "Schüler, die sagen können, was ihnen gefällt und was man verbessern könnte, haben eine Hemmung, ihren Lehrer im Internet fertig zu machen", erklärte die Pädagogin.

Fides Middendorf/AP AP

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