"Lebt in der Zukunft!" Mit flotten Sprüchen gegen den Sturm: Kapitän Zuckerberg dekoriert sein sinkendes Schiff

Mark Zuckerberg erstellt sein Alter Ego für das Metaverse
Meta-CEO Mark Zuckerberg will seine Vision um jeden Preis durchsetzen: Mitarbeiter sollen sich fortan als Metamates bezeichnen.
© Meta
Die vergangenen Wochen liefen nicht gut für Meta (ehemals Facebook). Aktienkurs abgerutscht, Großinvestor Peter Thiel verloren und eine riesige Klage in den USA. Der Versuch eines Neustarts wirkt recht verzweifelt. 

Bei Meta brennt es an allen Ecken. Und was macht CEO Mark Zuckerberg? Statt dringende Probleme und Klagen transparent und mit klarem Kopf zu lösen, verliert sich der Firmengründer in einer seltsam wirkenden Neuausrichtung interner Unternehmenswerte. Mitarbeitende sollen sich fortan "Metamates" nennen und gleich eine ganze Sammlung neuer Slogans soll Halt und Orientierung bieten.

"Metamates". Damit ist nicht der Kaffeeersatz des gleichnamigen Berliner Unternehmens gemeint, sondern der neue Titel der Mitarbeitenden, die bisher Facebookers hießen. Wie die New York Times berichtet, ist das alles Teil eines internen Wandels, den Mark Zuckerberg trotz aller Widrigkeiten anstoßen möchte. Wegen der Merfachbedeutung des Wortes "Mate" ist nicht sofort klar, ob damit "Kumpel" oder "Maat", also die Gehilfen des Steuermanns auf Segelschiffen gemeint sind. Zum Kurswechsel passt die Nautik allerdings hervorragend. 

Neue Namen, neue Leitlinien

Auch ehemalige Leitsprüche wie "Be bold" ("seid kühn") oder "Focus on impact" ("Fokus auf Wirkung") wirft der Firmengründer über Bord. Stattdessen heißt es jetzt "Live in the future" ("Lebt in der Zukunft"), "Build awesome things" ("Baut geile Dinge"), "Focus on long-term impact" ("Fokus auf langfristige Wirkung") und "Meta, Metamates, me" ("Meta, Metamaate und ich"). Für Zuckerberg würden diese Leitsprüche zeigen, wie sich Meta entwickeln müsse, um die "gemeinsame Vision" zu erreichen, schrieb er in einem Facebook-Eintrag.

Besonders der letzte Spruch wirft die Frage auf, ob Zuckerberg mit einem neugeschaffenen Gemeinschaftsgefühl interne Orientierungslosigkeit bekämpfen will. Die Umbenennung des Konzerns und der absolute Fokus auf das Metaverse, bislang nicht mehr als diverse Chaträume in der virtuellen Welt, kam für einige Mitarbeitende recht überraschend. Zuckerberg erklärt: "Der Slogan beschreibt, dass wir unser Unternehmen und unseren Auftrag gut betreuen müssen. Es geht um das Gefühl der Verantwortung, das wir für unseren gemeinsamen Erfolg und für unsere Teamkollegen haben. Es geht darum, sich um unser Unternehmen und um einander zu kümmern." 

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Schiff ahoi!

Die interne Renovierung kommt zu einem schweren Zeitpunkt für Meta. Anfang Februar rutschte die Aktie in noch nie dagewesenem Ausmaß ab, kurz darauf verließ mit Peter Thiel einer der ersten Investoren den Verwaltungsrat. Derweil verlachten Nutzer:innen und Politiker die Sorge, Meta müsste bei schärferen Datenschutzregeln Facebook und Instagram in Europa abschalten und Texas bereitet derzeit eine Klage vor, die bei Erfolg den Bankrott für den mächtigen Internetkonzern bedeuten könnte.

Und während in den öffentlichen Chats nach Angaben der New York Times zahllose Herzchen als Reaktion folgten, habe es in privaten Unterhaltungen offenbar anders ausgesehen. "Wie soll das unsere Firma verändern?", "Wir ändern ständig die Namen von allem, das ist verwirrend" und "Heißt die neue Bezeichnung, dass wir Matrosen auf einem sinkenden Schiff sind?" seien Fragen gewesen, die sich die Mitarbeitenden gestellt hätten.

Der Appell an gemeinsame Verantwortung zeigt auch, dass Zuckerberg in der aktuellen Situation jede Hilfe benötigt, die er kriegen kann. Der verlässliche Dampfer Facebook läuft absehbar auf Grund, Whatsapp und Instagram haben mit einer immer stärkeren Konkurrenz zu kämpfen, und neue Nutzer lassen sich nachweislich immer schwerer finden.

10 bis 15 Jahre Irrfahrt?

Das vielleicht größte Problem dabei, weshalb es nun einer eingeschworenen Gemeinschaft bedarf: Die Vision des Metaverse, also einer umfangreichen virtuellen Welt, die Zuckerberg erschaffen will, ist noch Jahre von ihrer Fertigstellung entfernt. Dem stern erklärte das Unternehmen auf Anfage, dass "viele dieser Produkte erst in den nächsten 10 bis 15 Jahren vollständig realisiert werden." Zur Erinnerung: Der Zeitraum entspricht beinahe der gesamten Firmengeschichte – Facebook startete 2004 als Campus-Projekt, erst Jahre später wurde daraus ein weltweit agierender Konzern.

Bis dahin brauchen die "Metamates" noch einen langen Atem bei immer rauer werdender See, wo es nur eine Frage der Zeit ist, bis ein Kaventsmann das Facebook-Flaggschiff in seine Einzelteile zerlegt.

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